Was Paare von Nokia lernen können
Nokia-Handys sind Geschichte. Früher einmal war der Name Synonym für Mobiltelefone, heute informiert darüber lediglich das Technikmuseum. Ähnlich Kodak, die den Sprung in die Digitalfotografie verschlafen haben. Oder die Fluggesellschaft Pan Am, einst der Stolz der US-amerikanischen Luftfahrt und heute nur noch in alten Hollywoodfilmen zu sehen.
Die Firmen dienen als Warnung – für unsere Ehen. Ernsthaft? Ja, hier besteht ein innerer Zusammenhang. Er lässt sich auf die bewährte Business-Formel bringen: Die entscheidenden Fehler werden in der Erfolgsphase gemacht. Als die oben genannten Unternehmen an der Spitze waren, kamen sie kaum auf die Idee, dass sich die Märkte rasant verändern könnten – und plötzlich ging es steil bergab.
Wann der entscheidende Fehler passiert
Und wie ist das in der Geschichte unserer Ehe? Kein Mensch tritt mit dem Gedanken an den Traualtar, dass das Ganze in einer Scheidung enden wird. Und doch passiert genau das jeder dritten Ehe in Deutschland. Für einen Grossteil dieser Paare gilt: Sie haben die entscheidenden Fehler in der Erfolgsphase gemacht. In der Zeit, als alles gut ging, als alles glatt lief, als man sich über Beziehungsprobleme keine Gedanken machen musste. Denn dann kommen irgendwann überraschend die Tage, in denen wir die Welt nicht mehr verstehen. Oder sagen wir statt «die Welt»: die Frau oder den Mann, den wir geheiratet haben. Eines der Probleme ist, dass unser/e Partner/in zum Eh-da-Faktor geworden ist.
Du weisst nicht, was der Eh-da-Faktor ist? Der stammt aus grösseren Organisationen und Firmen. Der Chef hat eine neue Idee, die aber Zusatzarbeit für das Team bedeutet. Sofort die Frage: «Wer kann das machen?» Und dann die Antwort: «Ach, das soll Frau Müller erledigen – die ist doch eh da.» Ein bisschen Mehrarbeit für eine Mitarbeiterin, deren Präsenz und Engagement selbstverständlich vorausgesetzt werden und die ja schon ihr festes Gehalt bekommt. Frau Müller ist der Eh-da-Faktor.
Und dein Partner wird es mit den Jahren auch. Die lieben Gesten der Anfangszeit erlahmen. Ein Blumenstrauss? Höchstens zum Geburtstag. Einmal im Monat miteinander ausgehen? Das lässt der Terminkalender nicht zu. Sich für die Frau schick machen? Wozu? Die ist doch eh da. So stirbt mit der Wertschätzung die Romantik, so vertrocknen die Liebesgefühle.
«Wir haben nur noch funktioniert»
Meine Frau Susanne und ich können bei diesem Thema leidlich mitreden. In der «Rush Hour» des Lebens haben wir (fast) alles mitgenommen: Eltern von acht Kindern, Karriere gemacht (erst der Mann, dann die Frau), Haus gebaut, Ehrenämter in Kirche und Werken übernommen, Nebenjobs aufgetan, Bücher geschrieben, Vortrags- und Seminartätigkeit begonnen. An wie vielen Tagen haben wir als Paar nur noch funktioniert! Susanne erzählt heute, dass sie manchmal nachts nicht schlafen konnte und weinend das Schlafzimmer verliess. Und auch ich hatte phasenweise das Gefühl, nicht auf meine Kosten zu kommen.
Hätte man das besser machen können? Oh ja, viel besser. Aber in die Ehe gehen ja die allermeisten so wie wir quasi unvorbereitet, man praktiziert learning by doing und ist sicher auch manchmal zu stolz, auf vorhandene Hilfen wie Bücher und Seminare zurückzugreifen. Gerade wir Männer – wir fragen am Steuer unseres Autos niemanden nach dem Weg und am Steuer unserer Ehe niemanden nach Weisheit, wie es besser gehen kann.
Wirksame Gegenmassnahmen
Nebeneinanderher leben, nur noch funktionieren, nur noch das Nötigste miteinander reden – so ist Ehe nicht gedacht. Die gute Nachricht: Selbst wenn ihr euch in diese Richtung entwickelt habt, muss es nicht so bleiben. Hier nun ein paar Massnahmen, die glücklichen wie unglücklichen Paaren gleichermassen helfen können.
Danken: Die Wirkung des häufigen Dankesagens wird völlig unterschätzt! Sagt einander so oft wie möglich Danke! Auch für die kleinen Dinge, ja selbst für Banales. «Danke, dass du den Installateur wegen der Heizung angerufen hast.» «Danke, dass du für mich den Topf von der Herdplatte genommen hast.» «Danke, dass du noch schnell für uns eingekauft hast.» Vielleicht kommst du dir am Anfang dabei komisch vor. Macht nichts. Danken verändert die Atmosphäre in einer Beziehung so schnell und effektiv wie kein anderer Liebesbooster. Dein Partner fühlt sich gesehen, wertgeschätzt und geliebt.
Berührungen: Suche jeden Tag Augenblicke der körperlichen Nähe: der Begrüssungs- und der Abschiedskuss, eine kleine Umarmung bei der Begegnung in der Küche, das Kraulen des Nackens beim gemeinsamen Fernsehen. Körperliche Berührungen schaffen Nähe, schütten Bindungshormone aus und tun uns einfach gut. Sie verstärken das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit, was für eine glückliche Beziehung enorm wichtig ist.
Dates: Miteinander ausgehen ist das Mittel der Wahl, um Leichtigkeit in die Ehe zurückzuholen. Vergnügen erleben, Spass haben, den Ehepartner nicht nur in einer ernsten, funktionsbetonten Umgebung erleben – das kann ein echter Liebesbooster sein. Die im vergangenen Jahr erschienene Ehe-Studie «Get Married» des US-Soziologen Brad Wilcox hat das noch einmal eindrucksvoll bestätigt. Paare, die mindestens einmal im Monat miteinander ausgehen, sind statistisch die glücklichsten. Regelmässige Dates bedeuten zudem: mehr Sex und besseren Sex samt allen positiven Folgen, die wiederum mit einem erfüllten Sexleben verbunden sind.
Was für Ehen möchte Gott?
Als Christen fragen wir natürlich auch (und vielleicht sogar zuerst): Wie hat sich Gott eigentlich Ehe gedacht? Darüber wurden ganze Bücher geschrieben, deshalb hier nur ein holzschnittartiger Abriss. Die Ehe ist das bevorzugte Mittel gegen Einsamkeit. «Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei», sagt der auf Adam blickende Schöpfer und stellt ihm eine Eva zur Seite. Ehe ist im Alten Testament ziemlich unromantisch, eine Art Sozialversicherung, eine Zweckgemeinschaft zur gegenseitigen Unterstützung und zur Zeugung von Nachkommen. Obwohl, das stimmt nicht ganz. Wer das Hohelied der Liebe liest, stösst auf ein faszinierendes Stück erotischer Literatur, die in den Bildern ihrer Zeit sexuelle Anziehungskraft und Liebesspiel beschreibt. Die Prüderie, die uns aus vielen Jahrhunderten der Kirchengeschichte entgegenblitzt, hat in der Bibel kein Fundament. Auch das Alte Testament feiert guten Sex!
Die Ehe – ein «Mega-Geheimnis»
Geradezu atemberaubend ist dann, was der Apostel Paulus über die Ehe schreibt (Epheser Kapitel 5): Sie sei ein Mega-Geheimnis, das er auf Christus und die Gemeinde deute. So wie Jesus seine Gemeinde liebt (bis in seinen Tod), so soll der Mann seine Frau lieben. Und so wie die Gemeinde sich ihrem liebenden Herrn unterordnet, soll sich die Frau ihrem liebenden Mann unterordnen. Dass mit dieser Forderung nach Unterordnung der Frau in der Geschichte jede Menge Schindluder getrieben wurde – darunter leidet das christliche Miteinander der Geschlechter bis heute. Aber unabhängig davon bleibt der Anspruch: Als Christen sollen wir in unseren Ehen dieser Welt ein Zeugnis davon geben, was göttliche Liebe bedeutet. Wir sollen Leuchtturm-Ehen führen, aus denen andere das Evangelium (= Frohe Botschaft) lesen können. Ich muss gestehen: Davon war meine Ehe phasenweise weit entfernt.
Bedürfnisbefriedigungsanstalt?
Aber vielleicht erkennen wir hier, dass die Ehe in Gottes Augen doch mehr ist als eine Bedürfnisbefriedigungsanstalt. Die katholische Kirche hat sie sogar zu einem Sakrament erhoben. Also zu etwas, worin sichtbar, greifbar und spürbar – wie bei Taufe und Abendmahl – Gottes Liebe, Freundlichkeit und Gnade erfahrbar wird. Auch wenn man dieser katholischen Lehre nicht folgt, wird man von der Bibel her doch einräumen müssen, dass wir an diesem Bund fürs Leben nach Kräften festhalten sollen.
Deshalb ist es auch keine Alternative, sich in der Krise anderweitig umzuschauen – sei es heimlich in Pornografie oder unheimlich mit einer Affäre. Die Versuchungen sind in unserer Zeit grösser denn je. Ihnen nachzugeben, führt sicher ins Unglück. Pornos schüren letztlich unsere Unzufriedenheit, weil wir den dort dargestellten Sex ja mit unserer Ehefrau gar nicht erleben. Und ein entdeckter Seitensprung ist in vielen Fällen ein Scheidungsgrund. Dass dann die neue Liebesbeziehung hält, was sie am Anfang versprochen hat, passiert eher selten.
«Lieben, bis es wehtut»
Der Schlüssel zum Langzeitglück heisst Treue. Also Zähne zusammenbeissen und durch? Ja, das kann in einzelnen Phasen tatsächlich notwendig sein. Wir sollen «lieben, bis es wehtut», hat Friedensnobelpreisträgerin Mutter Teresa einmal gesagt. Aber das Ziel ist natürlich ein anderes, nämlich eine schöne, begeisternde und beglückende Ehe. «Freue dich der Frau deiner Jugend... Lass dich von ihrer Anmut allezeit sättigen und ergötze dich allewege an ihrer Liebe», heisst es in den Sprüchen Salomos (Kapitel 5, Vers 18). Und das geht! Mit den Jahrzehnten kann so viel mehr Tiefe entstehen, beglückende Intimität und auch ganz wundervoller Sex. Eine gute Ehe hat kein Verfallsdatum, sie stirbt erst mit dem Tod eines Partners. Wenn es bei dir gerade schlecht läuft, muss es nicht so bleiben. Und wenn es gut läuft? Dann sei auf der Hut und überlege dir etwas Positives für deine Ehe. Wie gesagt: Die entscheidenden Fehler werden in der Erfolgsphase, in den guten Zeiten gemacht.
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Datum: 23.06.2025
Autor:
Marcus Mockler
Quelle:
Magazin MOVO 02/2025, SCM Bundes-Verlag