Frauen christlicher Minderheiten sind leichte Ziele
Im Mittelpunkt einer Podiumsdiskussion der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA) schilderte Irene Kibagendi, Geschäftsführerin der «Pan African Christian Women Alliance», die Misshandlungen von Frauen in Nigeria, Sudan und der DR Kongo. Anhand zahlreicher erschütternder Erfahrungsberichte junger Frauen machte sie deutlich, dass «sie die leichten Ziele sind».
Kibagendi erklärte, dass Mädchen häufig auf dem Schulweg entführt und anschliessend gezwungen werden, zum Islam zu konvertieren. Nach ihrer Entführung und Vergewaltigung – oft durch mehrere Männer – verlieren diese jungen Frauen ihr Selbstwertgefühl und ihre Identität. Wenn sie ihren Entführern schliesslich entkommen und in ihre Heimatgemeinden zurückkehren, um Heilung und Wiedereingliederung zu suchen, stossen sie dort oft auf Ablehnung.
Von Familie verstossen
«Obwohl sie wegen ihres Glaubens verfolgt wurden, werden sie von der Kirche nicht aufgenommen», beklagte Kibagendi. Oft seien die Frauen bei ihrer Rückkehr schwanger oder hätten bereits Kinder von Kämpfern terroristischer Gruppen wie Boko Haram oder al-Shabaab.
«Ihre Familien verstossen sie. Ihre Ehemänner wollen sie nicht zurück. Die Kirche nimmt sie nicht wieder auf», sagte sie weiter. Es brauche Strukturen, die Wiedereingliederung und Heilung ermöglichen, anstatt die Opfer als gesellschaftliche Aussenseiterinnen abzustempeln.
«Der Feind siegt, wenn…»
Emma van der Deijl, Geschäftsführerin von «Gender and Religious Freedom», ergänzte: «Es ist, als würden Frauen und Mädchen, die zur Zielscheibe geworden sind, nun als Feindinnen der Kirche betrachtet. Oder als würde die Kirche glauben, das Blut Christi sei nicht stark genug, um diese Frauen zu reinigen oder die Kirche reinzuhalten.»
Weiter sagt sie: «Der Feind siegt, wenn wir zulassen, dass die Scham der Verfolgung zu Spaltung und Ablehnung in der Kirche führt. Unsere Aufgabe ist es, diejenigen, die Verfolgung erlebt haben, mit Liebe und Annahme wiederherzustellen – im Wissen, dass ihre Identität und Verletzlichkeit in Christus sicher sind. Und das gilt nicht nur für Frauen, sondern ebenso für Männer und Kinder in unserer Kirche.»
Ständige Angst
In einem früheren Interview mit der «Christian Post» sprach Sarah Cunningham, Geschäftsführerin vom US-Zweig von «Open Doors», über die langfristigen psychologischen Folgen geschlechtsspezifischer Verfolgung, Angstzustände und sozialen Rückzug.
Frauen, die vergewaltigt wurden, «tragen Stigmata und Scham in sich, weil diese Art von Missbrauch so verborgen, geheim und zutiefst intim ist. Oft hinterlässt das langfristige seelische Schäden.»
Viele Frauen lebten zudem in ständiger Angst, «dass ihnen jederzeit erneut etwas ebenso Gewalttätiges widerfahren könnte». Das führe zu einem Gefühl der Machtlosigkeit und ziehe sozialen Rückzug nach sich.
Aufbruch wird sichtbar
Trotz dieser bedrückenden Umstände betonte van der Deijl, dass einige Kirchen beginnen, «aus den kulturellen Normen auszubrechen», um betroffene Frauen auf ihrem Weg der Heilung und Wiedereingliederung zu begleiten – und die Schuld dorthin zu lenken, wo sie hingehört: zu den Tätern, nicht zu den Opfern.
Kibagendi betonte, dass Kirchen weltweit eine Verantwortung hätten, «verfolgte Frauen und Kinder ohne Vorurteil wieder in die Gemeinschaft zu integrieren. Die Kirche sollte ein Zufluchtsort für alle sein, die Hilfe brauchen. Wir müssen mitfühlender sein und hinschauen, wo Menschen unter Scham leiden – damit wir ihnen nicht dieselbe Scham auferlegen. Die Kirche sollte darauf vorbereitet sein, auf solche Fälle zu reagieren und Selbsthilfegruppen zu schaffen, die insbesondere jungen Mädchen helfen, ihre Würde und Identität wiederzufinden.»
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Datum: 05.11.2025
Autor:
Melissa Barnhart / Daniel Gerber
Quelle:
Christian Post / gekürzte Übersetzung: Livenet