Vorwand: Nationale Sicherheit

Türkei weist ausländische Christen aus

Ein Tourist in den leeren Gastrostrassen der Türkei
Die Menschenrechtsorganisation «ADF International» weist darauf hin, dass die türkische Regierung unter Berufung auf «nationale Sicherheitsgründe» Hunderte Christen aus dem Land ausweist. Obschon es keinen einzigen Fall von Terrorismus gibt.

Seit dem Jahr 2020 wurden über 200 ausländische christliche Mitarbeiter ausgewiesen – insgesamt sind davon rund 350 Personen betroffen. Allein zwischen Dezember 2024 und Januar 2025, also innerhalb von nur zwei Monaten, sollen 35 neue Einreiseverbote gegen ausländische Christen verhängt worden sein. Diese Massnahmen führen nicht nur dazu, dass betroffene Christen nicht mehr in die Türkei einreisen dürfen, sondern lassen auch viele protestantische Gemeinden ohne geistliche Leitung zurück, da es sich bei den Ausgewiesenen häufig um ordinierte Geistliche handelt.

«Klarer Missbrauch des Rechts!»

«ADF International» ist derzeit in über 30 Gerichtsverfahren involviert, in denen Christen ihre Ausweisung sowohl vor türkischen Gerichten als auch vor dem «Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte» (EGMR) anfechten.

Lidia Rieder, Juristin bei «ADF International», erklärte: «Die Einstufung friedlicher christlicher Einwohner als ‘Sicherheitsbedrohung’ durch die Türkei ist ein klarer Missbrauch des Rechts und ein Angriff auf die Religions- und Glaubensfreiheit. Wenn Regierungen Verwaltungs- oder Einwanderungssysteme manipulieren, um Menschen allein aufgrund ihres Glaubens auszuschliessen, untergräbt das sowohl den Rechtsstaat als auch die Grundprinzipien von Toleranz und friedlichem Zusammenleben.»

Massnahmen werden gesteigert

Ein Fall, der derzeit vom EGMR geprüft wird, ist Wiest gegen Türkei. Der US-amerikanische Staatsbürger Kenneth Arthur Wiest lebt seit über drei Jahrzehnten legal in der Türkei. Dennoch wurde ihm die Wiedereinreise ins Land untersagt – obwohl keinerlei Beweise für ein Fehlverhalten vorliegen.

«ADF International» weist ausserdem darauf hin, dass die türkischen Behörden offenbar weitere Massnahmen ergriffen haben, die darauf abzielen, das Christentum im Land zu unterdrücken.

Kein dokumentierter christlicher Terrorfall

Die theologische Ausbildung christlicher Geistlicher ist stark eingeschränkt: Protestantische Seminare können keinen rechtlichen Status erlangen, und Bibelunterricht ist verboten. Zudem stossen Kirchengemeinden häufig auf bürokratische Hürden, wenn sie Gebäude für Gottesdienste nutzen wollen.

Traditionell war die Türkei immer wieder Schauplatz gewaltsamer Anschläge, die von linken Gruppen oder kurdischen Nationalisten verübt wurden. Allerdings gibt es keinen einzigen dokumentierten Fall eines terroristischen Vorfalls, an dem inländische oder ausländische Christen beteiligt waren.

Kirchen zu Moscheen umgewidmet

Im Zuge nationalistischer Bestrebungen, die türkische Identität mit dem Islam gleichzusetzen, wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehrere historische Kirchen in Moscheen umgewandelt – darunter die berühmte Hagia Sophia in Istanbul und die Kirche Chora (Kariye Camii). Solche Umnutzungen gehen häufig mit der Verhüllung christlicher Fresken und Ikonen einher – unter Berufung auf islamische Vorschriften.

Seit wenigen Monaten steht dies auch bei der armenischen, mittelalterliche Kathedrale von Ani zur Debatte. Die Kathedrale, auch bekannt als Surp Asdvadzadzin (Heilige Mutter Gottes), war bereits nach der Eroberung der Stadt durch die Seldschuken im Jahr 1064 kurzzeitig in eine Moschee umgewandelt worden. 1199 wurde sie durch die Zakariden wieder dem christlichen Gottesdienst gewidmet, bevor sie nach einem Erdbeben im Jahr 1319 und dem allmählichen Verfall der Stadt zur Ruine wurde.

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Datum: 17.10.2025
Autor: Christian Today / Daniel Gerber
Quelle: Christian Today / ergänzte Übersetzung: Livenet

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