«Ich führte ein Doppelleben»
«Über 20 Jahre habe ich Kokain genommen, während zehn Jahren auch Heroin. Mit 14 hatte ich den ersten Rausch, mit 18 begann ich zu kiffen. Lange hatte ich das Leben im Griff, lernte Hochbauzeichner und fing eine Maurerlehre an.
Mit 22 fand ich, ich hätte das Leben (mit mässigem Kiffen und Trinken) im Griff. Ich gründete einen eigenen Sportclub. Meine Schwester machte als Skirennfahrerin Furore; ich übernahm den Posten des Juniorenchefs in einem Fussballclub mit 120 Junioren. Ein talentierter Sportler, spielte ich daneben in einer Drittligamannschaft Eishockey. In der Pause nahm ich Kokain und später auch Heroin, um mithalten zu können. Kurz: Ich führte ein Doppelleben.
Vom Vater enttäuscht
Kokain brauchte ich für den Kick, Heroin wegen der Entzugserscheinungen. Nahm ich davon zu viel, war mir schlecht, nahm ich zu wenig, zitterte ich. Warum ich Drogen nahm? Mein Vater hatte einen riskanten Sport betrieben – von klein auf wollte ich es ihm als Draufgänger gleich tun. Doch er hielt mich in der Schulzeit jahrelang hin – bis ich für einen Einstieg zu alt war. So wollte ich mich ihm und mir selbst beweisen.
Kaum mehr nüchtern
Ich kämpfte mit Niedergeschlagenheit – und wollte zu viel. Eine Zeitlang war ich Bauleiter eines Generalunternehmens, fuhr Ferrari, Porsche, Cadillac. Nachts zeichnete ich, tagsüber bauten wir. Nach dem ersten Entzug fiel ich in den alten Trott zurück. Die Drogen kosteten mich täglich bis zu 500 Franken, ich hatte bei Dealern Schulden, dealte selbst. Ich baute viel Mist, machte Einbrüche, schlief aus Angst mit einer geladenen und entsicherten Pistole. Eigenartigerweise hatte man viel Sympathie für mich, verzieh mir immer. Arbeit, Sport, Ausgang nächtelang, Frauen… Zeitweise hielt ich das Leben nüchtern kaum mehr aus.
Viermal nahm ich eine Überdosis. Im ganzen bin ich wohl über fünfzehn Mal in der Psychiatrie gewesen. Ich machte zwei Therapien. Die erste, die 14 Monate dauerte, war eine Massnahme; indem ich mich dazu bereit erklärte, entging ich einer Freiheitsstrafe wegen Diebstahls und Dealens. Achtmal wurde mir der Führerausweis entzogen.
Riesen-Sehnsucht nach Gott
Immer wieder hörte ich auf, das muss ich auch sagen, versuchte ein normales Leben, hatte saubere Phasen. Ich bin katholisch aufgewachsen, habe immer an Gott geglaubt – aber Jesus nicht gekannt. Wenn ich sauber war, betete ich zu Gott, manchmal setzte ich mich in eine Kirche. Gedichte, die ich schrieb (und teils heute noch nicht zu lesen wage), zeigen eine Riesen-Sehnsucht nach Gott. Meine Familie stützte mich, freute sich mit mir in den guten Monaten. Aber ich spürte, dass mir was fehlte.
Im Delirium Engel
Vor fünf Jahren war ein entscheidender Moment. Ich stürzte schwer ab, war weg, hatte mit dem Leben abgeschlossen. Im Delirium nach einer Überdosis Kokain meinte ich weisse Engel wahrzunehmen, die mich hinauf trugen. Sie spielten Harfe. Eine Stimme sagte zu mir: ‚Ich brauche dich. Du hast eine Aufgabe auf der Welt. Das Leben ist noch nicht zu Ende.‘ Ich war zu nichts mehr fähig, lag auf dem Bett – aber konnte mich dann doch zurückkämpfen.
Dabei wusste ich: Es genügt nicht, wenn ich nach dem Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik wieder Arbeit und Wohnung suche. Ich brauche eine Umgebung, die mir gesund zu leben hilft. Ich bin so froh, dass ich dann eine von Christen geführte WG mit betreutem Wohnen fand. Ich kam vorbei, der Chef war mir nicht gerade sympathisch, der Ort auch nicht, aber ich war bereit.»
Lesen Sie die Fortsetzung auf Seite 2:
„Ich wollte mit Jesus leben – und stürzte wieder ab“
Vor sechs Jahren nahm Hanspeter eine Überdosis Heroin, doch Gott liess ihn nicht sterben. Mit einer Vision holte er ihn auf den Boden zurück. Hanspeter fand den Weg in eine betreute Wohngemeinschaft. Damit begann ein steiniger Weg zur inneren Heilung:
«In
der WG war es nicht einfach. Ich kämpfte mit Jesus – und mit den
Betreuern. Eine ältere Frau half mir, indem sie mich ermahnte, von den
Menschen weg und auf Jesus zu blicken. Die Betreuerin wies mich nach 14
Monaten schliesslich aus dem Haus, denn ich hatte die ganze WG zu
manipulieren begonnen. Zwischendurch war ich betrunken, dazu kamen
Frauengeschichten. Eine Familie nahm mich für einen Monat auf.
Jesus?
Ich hatte Riesenkämpfe mit diesem Jesus. Im Rückblick sehe ich sie als Angriffe des Bösen – als hätte es mich wieder ergreifen wollen. Manchmal fühlte ich mich gedrängt, Jesus zu verfluchen, auch die Christen. Es war extrem. Denn mit Jesus konnte ich noch gar nichts anfangen, wenn ich auch mit dem allmächtigen Gott rechnete, der alles in der Hand hat. Ich spürte eine Kraft von Gott – und er hat mich, das weiss ich heute, bei meinen Drogenexzessen bewahrt. Was Jesus in meinem Leben verändern kann, hatte mir niemand erzählt.
Nach der Taufe der Absturz
Dann lernte ich eine Freikirchen-Gemeinde kennen. Man riet mir, mich taufen zu lassen und einen entschlossenen Schritt aus meinem alten Leben zu tun. Vor der Taufe trank ich – und hoffte, nachher wäre ich den Attacken des Bösen nicht mehr ausgesetzt. Ich wollte mit Jesus leben; so liess ich mich taufen. Gleich danach stürzte ich nochmals tief ab und musste für einen Entzug in die psychiatrische Klinik eintreten.
«Ich suche ein stärkeres Wirken Gottes»
Ich bin ein Draufgänger – und bis heute ein kritischer Mensch, auch gegenüber Christen. Oft kommt es zu Diskussionen mit ihnen (lacht). Es gilt die Wahrheit auszusprechen und dann auch Liebe zu geben. Aber nicht Liebe ohne Wahrheit. Dabei suche ich nur eines: ein stärkeres Wirken Gottes. Ich möchte unter die Leute gehen und beten, dass sie den Heiligen Geist spüren. Gehe ich auf die Strasse, kommt es tatsächlich zu Super-Begegnungen. Ablehnung erlebe ich wenig, obwohl ich es mit schwierigen Leuten zu tun habe. Ich bleibe so von Gott abhängig.
Der alte Hampe und Jesus in mir
Nach dem zehntägigen Entzug in der Klinik konnte ich austreten – und habe seither keine harten Drogen mehr angerührt. Mit dem Alkohol war ich noch nicht fertig; es kam wieder so weit, dass ich täglich eine Flasche Wodka soff. Nach einigen Monaten war ich zu einem Entzug bereit. Seither verzichte ich auf Alkohol. Auch sonst fand ich eine klare Linie. Ich konnte Jesus immer mehr Dinge in meinem Leben übergeben. Wie das geschah – ich kann es nicht wirklich sagen. ‚Der Hampe’, mein Alter, würde heute noch gern dreinschlagen und manches anrichten. Aber Jesus in mir will das nicht mehr.
Sensibel
Ich bin sehr sensibel geworden: Ich sehe Leute vor dem Fernseher sitzen und mir wird fast übel, wenn ich spüre, wie das Böse sie einholt. Ich habe super Freunde. Aber die Neigung, Halbheiten zu verharmlosen und Zweifelhaftes schönzureden, stört mich. Was tun Christen, die Vorbilder sein wollen, in den eigenen vier Wänden? Vor eineinhalb Jahren habe ich auch zu rauchen aufgehört. Fast 30 Jahre hatte ich geraucht, 2-3 Päckchen am Tag. Aufhören war mir unmöglich. Nun geht’s.
Mit Gott zur Ruhe kommen
In diesen Jahren ist mein Glaube gereift. Ich spüre den Heiligen
Geist; Jesus zieht mich. Ich erhalte prophetische Worte. Aufgrund des
prophetischen Wortes einer Frau, die von meinen Überlegungen nichts
wusste, startete ich ein Baugeschäft. Heute läuft so viel, dass ich mich
zwischendurch in die Natur begeben muss, um mit Gott zur Ruhe zu
kommen. Er will, dass ich in die Stille gehe und mehr für Situationen
und andere Menschen bete.
Es ist phantastisch: Gott schenkt mir ein Leben, in dem ich alles für
ihn geben kann. Für mich muss ich eigentlich nichts mehr haben. Klar,
ich gehe auch noch an einen FCB-Match, aber ich nehme einen Jungen mit.
Wenn ich ins Kino gehe, dann für andere Leute. Einmal habe ich in der
Beiz am Automaten Karten gespielt – und spürte, es wird zu viel. Es
stand zwischen mir und Gott. Als ich am folgenden Morgen aufwachte, war
es mir klar. Ich bete tagsüber immer wieder, bin Gott nahe – und muss so
von ihm abhängig bleiben. Ich will mir nicht einen eigenen Jesus
zurechtlegen.»
Datum: 21.03.2011
Autor: Peter Schmid
Quelle: Jesus.ch