Die Kirchen in Europa miteinander gefordert
Der Patriarch von Konstantinopel schlug ein Zusammengehen mit dem Katholiken vor, konkret „eine besser organisierte und strukturierte Form der Zusammenarbeit" zwischen der KEK und dem Rat der katholischen Bischofskonferenzen Europas. So könne den Menschen angesichts der heutigen Probleme eher geholfen werden, sagte Bartholomaios und betonte: „Ohne die spirituellen christlichen Werte, die alles berühren, was die Stärkung und den Schutz der menschlichen Person und deren Würde betrifft, ist die Zukunft des neuen im Aufbau begriffenen Europa düster und ungewiss." Für Europa müsse die Achtung der Würde der menschlichen Person als Ebenbild Gottes die Grundlage der unbedingten Achtung und des Schutzes der Unversehrbarkeit der Rechte aller Menschen sein, unabhängig von ihrer Hautfarbe, Religion, Rasse, Nationalität und Sprache.
Grundlegende Reform beschlossen
Die KEK will sich reformieren. Am 17. Juli beschlossen die Delegierten der 13. KEK-Vollversammlung in Lyon, die heute Dienstag zu Ende geht, eine Arbeitsgruppe einzusetzen. Diese soll bis Ende 2011 eine grundlegende Überarbeitung der KEK vorschlagen, mit ihrer inhaltlichen Ausrichtung, ihrer strategischen Ziele und der dafür erforderlichen Strukturen. Die nächste Vollversammlung soll im Sommer 2013 über diese Reformen entscheiden und die damit verbundenen Verfassungsänderungen beschliessen. Ausgangspunkt dieser Entscheidung war ein Antrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die auf eine zügige und umfassende Reform gedrängt hatte. „Es ist in der Debatte schnell deutlich geworden, dass es einen Konsens über den tiefgreifenden Reformbedarf in der KEK gibt", sagte der Auslandsbischof der EKD, Martin Schindehütte. Der albanische orthodoxe Erzbischof Anastasios betonte in der Aussprache, dass „ein Schiff, das andauernd umgebaut wird, nicht fahren kann". Laut Schindehütte braucht die KEK „klare Verantwortung, klare Prioritäten, eine klare Agenda."Grössere Unterschiede als vor 50 Jahren
Die KEK stehe aber nicht nur vor der Herausforderung, die eigene Arbeit neu zu strukturieren. „Im 50. Jahr ihres Bestehens sieht Europa anders aus als bei der Gründung der KEK", sagte die hessische Oberkirchenrätin Cordelia Kopsch, die den KEK-Ausschuss für Grundsatzfragen leitet. „Es gibt eine grosse Sehnsucht nach Einheit, aber tatsächlich erleben wir an vielen Stellen grössere Vielfalt und grössere Unterschiede." Darauf gelte es zu reagieren. „Wir als Kirchen sind selbst vielfältig und spiegeln unterschiedliche Traditionen und Prägungen wider. Aber unser Glaube vereint uns. So können wir im pluralistischen Europa einen wichtigen Beitrag leisten."„Missionarische Aufgabe"
Der Vorsitzende des Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber, hatte in einer Bibelarbeit einen „ökumenischen Paradigmenwechsel" angeregt. „Wir sollten zu einer Ökumene des Indikativs statt des Imperativs kommen und erkennen, welche Gaben wir in der Gemeinschaft der Kirchen haben und nicht nur, welche Aufgaben." Huber plädierte für eine „Ökumene von unten, die der Verschiedenheit Raum gibt, dabei aber auf die Kraft der Einheit vertraut." Der EKD-Ratsvorsitzende äusserte, dass die Protestanten „das Erbe der Reformation in das gemeinsame Zeugnis der Kirchen einbringen wollen. Die besondere Glaubenseinsicht, die uns anvertraut ist, wollen wir so zum Leuchten bringen, dass auch diejenigen davon erreicht werden, denen das Bekenntnis zu dem einen Herrn, dem einen Glauben und der einen Taufe fremd geworden ist. Wir wollen die missionarische Aufgabe, die sich uns heute auch in Europa stellt, mit der ökumenischen Verpflichtung verbinden, in der wir uns als Kirchen miteinander verbunden wissen."Rechte zum Leben
In einem Atelier wurde diskutiert, welche „minimalen Rechte" Religionsgemeinschaften brauchen, um gegenüber anderen Kirchen und dem Staat zu bestehen. Ein Text hebt grundlegende Punkte hervor, darunter: Die Gemeinschaften müssen sich rechtlich verfassen können, sie müssen ihre Religion frei ausüben können, die Kontrolle durch Staat und Gesellschaft muss begrenzt sein, bei Baubewilligungen und in Steuerfragen darf es keine Diskriminierung geben. Die Abneigung alter Kirchen gegen neue Gemeinschaften und Bewegungen sowie die Frage, wie islamische Gemeinschaften behandelt werden sollen, haben die KEK bisher nicht zu einem Beschluss in der Sache kommen lassen. Das Arbeitspapier soll in den nächsten Jahren in den Mitgliedkirchen diskutiert werden. Thomas Wipf, Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds und Leiter der 18-köpfigen SEK-Delegation, hatte im Vorfeld angeregt, dass die KEK sich thematisch konzentriert und organisatorisch verändert. Zudem sollten die Protestanten mehr beitragen.Ins 40-köpfige Zentralkomitee, das die KEK in den nächsten Jahren lenken soll, wurden 17 Frauen und zwei Vertreter von Migrationskirchen gewählt. 12 der 40 sind nicht Geistliche. In der KEK sind 126 altprotestantische, anglikanische und orthodoxe Kirchen des Kontinents verbunden.
Webseite der Vollversammlung mit den wichtigen Ansprachen
Datum: 21.07.2009
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch