Kontrastreiche Talfahrt
2025 war für mich persönlich das wohl herausforderndste und intensivste Jahr meines 25-jährigen Engagements in der Mission. Es konfrontierte mich in krasser Form mit den Weiten, Tiefen und Höhen des Evangeliums, mit der Allmacht Gottes – und den Abgründen unserer gefallenen Welt. Die Realität des Psalms 23, der allgemein bekannt für Vertrauen, Hoffnung, Schutz und Fürsorge in dunklen Tälern steht, habe ich in den letzten Monaten auf schmerzhafte, wie auch tröstende Weise erfahren dürfen und müssen.
Ich erlebte einen Gottesdienst in Indien mit über 10’000 Besuchern – explosionsartig innert weniger Jahre aus einer 200-köpfigen Untergrundkirche angewachsen. Dort beobachtete ich, wie durch simples Gebet ohne Handauflegung unter anderen Lahme von Rollstühlen aufstanden und erblindete Kinder plötzlich sehen konnten. Im Kontrast dazu begegnete ich in meiner Arbeit unter verfolgten Christen dem blutenden Teil von Jesus auf dieser Welt, der unendlichen Brutalität, zu der Menschen fähig sind.
Freunde in Gefangenschaft
Zwei meiner Freunde kamen in einem islamistischen Land unter falscher Anschuldigung ins Gefängnis. Dort vegetierten sie unverschuldet ein halbes Jahr lang dahin, unter misslichen Umständen, zusammen mit anderen Unschuldigen und mit Mördern, Kinderschändern und Kleinkriminellen. Wechselweise waren sie in Einzelhaft in Zellen von 2x3 Metern und eingepfercht in etwas grösseren mit acht bis zwölf weiteren Häftlingen. Geschlafen wurde auf dem Boden. Privatsphäre gab’s keine. Leichte bis schwere Misshandlungen waren inbegriffen.
Mit Jesus durchs dunkle Tal
«Unsere Mission war, die zum Himmel schreiende Not zu lindern!» Alex (Name geändert), einer der zwei Inhaftierten, hatte vor der Reise eine Vision: ein dunkles und langes Tal, und mitten durch das Tal zog sich ein weisses Band. Ein Sinnbild für die Hoffnung und das Wissen, dass Christus ihn nicht aus dem Tal des Todesschattens herausreisst, aber hindurchträgt und nicht von ihm weicht. Die Vision, eine Illustration von Psalm 23, half Alex, diese Leidenszeit durchzustehen.
Johannes (Name geändert), der andere Gefangene, wurde in seinen dunklen Stunden von einer tiefsitzenden inneren Gewissheit getragen: «Die Gebete für uns in unserem Heimatland wandelten sich sowohl in einen Schlagstock gegen wilde Wölfe, unsere Peiniger – wie auch in einen Hirtenstab. Inmitten von Isolation, Todesdrohungen und Psychoterror gab mir der Heilige Geist den Mut, die Kühnheit und die Geisterunterscheidung, um stark und kühn zu bleiben. Von Zeit zu Zeit durchflutete mich eine übernatürliche Liebe, ein Frieden und eine Wärme. Jesus, der Hirte, war da und nahm uns Schafe in seine Arme! Mitten im Sturm wusste ich, dass Gott die Kontrolle hat und es gut werden wird.» Der Psalm 23 wurde für ihn zu einer grossen Stütze.
Ich erinnere mich an die Aussage von Johannes in Anlehnung an den Psalm 23. Er hatte mehrfache übernatürliche Erfahrungen in seiner Zelle ohne Bibel: «Ich habe jeweils vor meinem inneren Auge so etwas wie einen Film ablaufen sehen, in dem Jesus als Hirte seine Schafe versorgt und ich Bibelverse vor meinem inneren Auge sah.»
Ein Finale à la Psalm 23
Meine beiden Freunde sind inzwischen am Ende des dunklen Tals angelangt. Sie sind wieder zurück bei ihren Familien. Zusammen mit ihnen bin ich äusserst dankbar, dass Gott seine unumstösslichen Verheissungen im Psalm 23 einmal mehr erfüllt hat.
Zum Thema:
Dossier: Vom Hirten und seinen Schafen
Datum: 23.12.2025
Autor:
Sacha Ernst
Quelle:
Livenet