Reality-TV in Gemeinden?

Rath, der Restaurant-Tester

Seit Jahren träume ich davon, ein neues Reality-TV Format starten. Nein, ich bin kein frustrierter Pastor, der die Branche wechseln will. In der Überschrift ist mir nur ein kleiner Tippfehler unterlaufen. Ich meinte natürlich «Rath, der Gemeinde-Tester». Aber mein Traum ist inspiriert von «Rach, der Restaurant Tester» auf RTL.
Daniel Rath
Rach, der Restaurant Tester

Als Inlandmissionar und später als Mitglied der Leitung FEG Schweiz habe ich viele Gemeinden besucht und machte immer wieder das Erlebnis eines Erstbesuchers. Die Erfahrungen dabei hätten unterschiedlicher nicht sein können. Fast immer habe ich positive Inspirationen für mich persönlich und meinen eigenen Dienst mitgenommen, nicht selten aber auch den Eindruck – freundlich formuliert: Da gibt es noch einiges an Potential nach oben.

Kaum jemand fragt nach

Die Tatsache, dass ich als Erstbesucher kaum jemals nach meiner Aussensicht über die Gemeinde gefragt wurde, brachte mich ins Nachdenken. Damit will ich niemanden anklagen. Ich habe volles Verständnis dafür. Schon vor vielen Jahren sagte mir ein Freund: «Wenn du einen neuen Job in einer neuen Firma anfängst, dann dauert es sechs bis neun Monate, bis du betriebsblind bist.»

Betriebsblindheit und Routine jedoch können tödlich sein fürs Geschäft. Paul Watzlawick sagte: «Wenn du immer wieder das tust, was du schon immer getan hast, dann wirst du auch immer wieder das bekommen, was du schon immer bekommen hast.» Wer seine Firma nicht immer wieder neu aus der Perspektive der Kunden unter die Lupe nimmt, ist schnell weg vom Fenster. Nun möchte ich weder die Gemeinde als Restaurant bezeichnen, noch die Gemeindeglieder und Suchenden als Kunden. Trotzdem würde es gut tun, hier und da einen Restaurant-, sorry, Gemeinde-Tester inkognito vorbeischauen zu lassen und ihm die Frage zu stellen: Wie hast du unsere Gemeinde als kritischer Aussenstehender erlebt?

Geheime Gottesdienstbesucher

«Mystery Worshipper» werden die Gemeinde-Tester in England genannt. Wenn sie nicht im Auftrag einer Gemeinde unterwegs sind, dann tun sie dies trotzdem – ungefragt. Damit nicht genug, sie veröffentlichen auch noch ihre Erfahrungen im Internet. Der Bericht wird aufgrund eines einfachen Fragenkatalogs erstellt. Wie wurde ich persönlich begrüsst? War die Sitzgelegenheit komfortabel? Welche Atmosphäre herrschte vor dem Gottesdienst? Mit welchen Worten wurde der Gottesdienst eröffnet? Wie wirkte der Lobpreis/die Musik? Wie lange war die Predigt? Wie hat die Predigt inhaltlich auf mich gewirkt? Welcher Teil des Gottesdienstes fühlte sich an wie ein Stück Himmel auf Erden? Und so weiter...

Proaktives Vorgehen empfohlen

«Nun wird nicht jede Gemeinde erfreut sein, eine öffentliche Bewertung ihres Gottesdienstes im Internet oder in einer Zeitschrift zu finden», schreibt das Zentrum für Qualitätsentwicklung der Evangelischen Kirche in Deutschland und empfiehlt den Kirchgemeinden, «…dass verschiedene Gemeinden wechselseitige unangekündigte Gottesdienstbesuche vereinbaren, die dann in ein hilfreiches Feedback münden.»

Dieser Empfehlung schliesse ich mich gerne an, auch wenn damit mein Traum vom neuen Reality Format platzt. Es braucht gar keinen Guru, es wäre schon viel gewonnen, wenn wir alle Erstbesucher konsequent auf ihre Eindrücke befragen würden. Auf Websites vereinzelter FEG’s gibt es dafür sogar schon Feedbackformulare – allerdings nicht auf der Seite meiner Gemeinde. Also, ich glaube, ich sollte bei mir selbst beginnen und wünsche auch Ihnen viel Erfolg in der Umsetzung. Ach, und übrigens: Falls mich jemand nach einem Besuch in seiner Gemeinde fragen würde, wie ich mich gefühlt habe, ich würde durchaus ein ehrliches Feedback geben.

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Datum: 13.04.2016
Autor: Daniel Rath
Quelle: feg-Magazin

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