Willkommen an Bord der Anastasis!

Anastasis in Cuxhaven (D)
Tour im Operationsbereich
Ein Mann mit Tumor, der auf der Anastasis behandelt wurde
Krankenschwestern der Anastasis am Beraten

Rahel Straub arbeitet auf der Anastasis, einem grossen Spitalschiff der christlichen Organisation mercyships. Die Anastasis reist in regelmässigen Abständen der Westküste Afrikas entlang und behandelt Kranke kostenlos. Rahel Straub berichtet regelmässig für jesus.ch über ihre Erlebnisse auf dem Schiff und in den Küstenstädten Afrikas.

"Willkommen an Bord der Anastasis! Vielen Dank für Ihr Interesse am grössten regierungsunabhängigen Krankenhausschiff, das zurzeit unterwegs ist. Bevor wir das Schiff betreten, werde ich Ihnen noch die nötigen Sicherheitsvorschriften mitgeben…"

So oder ähnlich habe ich jeweils in den letzten Monaten die Schiffsführungen auf der Anastasis begonnen und die Massen durch unser Schiff geschleust. Das hat mir grossen Spass gemacht. Von Juli bis Oktober verbrachten wir die Zeit in verschiedenen Häfen in Europa, zuerst in Rotterdam(Niederlande), Bristol(Grossbritannien), Cuxhaven(Deutschland) und Amsterdam(Niederlande). Die Zeit diente dazu, das Schiff zu überprüfen, Materialien, Spenden und Medikamente aufzuladen und Werbung zu machen. Während meinen Führungen durch das Schiff war es ermutigend zu sehen, wie viele Menschen an der Arbeit der Anastasis interessiert sind!

Einige wollten einfach in ihren Ferien ein Schiff im Hafen besichtigen. Seemänner kamen und wollten das fast museumsreife Schiff aus Trieste sehen und dann waren da natürlich jene, die an Entwicklungshilfe und medizinischer Arbeit interessiert sind.

Immer wieder sah ich, dass Zuhörer am Ende der Tour Tränen in den Augen hatten, weil sie so berührt waren. Meine Aufgabe war es, von unserer Arbeit in Afrika zu berichten, aber auch das Leben auf dem Schiff zu beschreiben und persönlich zu erzählen. Das Leben in Afrika ist ganz anders und viele Leute in Europa laufen Gefahr, es zu beschönigen, während sie die Härte und das Leid des Lebens gar nicht sehen. Mir fällt auf, wie durch die Anastasis die Menschen in Europa herausgefordert werden, über ihr Konsumverhalten nachzudenken und sich selbst zu fragen, welches Ziel sie im Leben tatsächlich verfolgen. Das ist eine grosse Chance für uns, am Leben nicht einfach so vorbeizuleben.

Viele schöne Begegnungen brachte die Zeit mit sich. In Cuxhaven wurde ich von so vielen Leuten beschenkt und nach Hause eingeladen - zum Kaffee, oder zur Stadtführung. Ein nettes Ehepaar, beides Zahnärzte, nahmen mich gratis in Behandlung und ich wurde von allen Seiten verwöhnt.

Afrika

Unseren fast viermonatigen Einsatz verbringen wir gerade in Sierra Leone, gefolgt von einem gleichlangen Aufenthalt in Togo. Sierra Leone ist das ärmste Land der Welt und vom Bürgerkrieg gezeichnet. In jeder Familie gibt es unglaubliche Schicksale. Die Menschen lernen irgendwie zu überleben. Ich habe eine Patientin im Spital auf unserem Schiff adoptiert. Das heisst, dass ich sie regelmässig besuche. Wir verbringen die Zeit mit Plaudern. So hat sie etwas mehr Aufmerksamkeit, wenn ich ihren Geschichten zuhöre. Ihr Name ist Marian und sie ist 14 Jahre alt. Ihr Fuss ist durch einen Unfall völlig entstellt und man nimmt nun Knochen aus ihrem Oberschenkel und verpflanzt sie in den Fuss.

Zu Beginn der Zeit hier in Sierra Leone wurden die kranken Menschen in ein Stadion bestellt und dort untersucht. Als wir die vielen Menschen im Stadion antrafen, die alle Hilfe von der Anastasis erwarteten, mussten wir unzählige wieder nach Hause schicken. Das tat sehr weh und es fällt mir schwer, diese Ohnmacht auszuhalten. Viele schickte man sogar in den Tod, denn sie haben keine Hilfe und auch kein Geld für einen ansässigen Arzt. Wichtig ist, die Perspektive zu behalten und zu wissen, dass man dem Einzelnen helfen kann. Ansonsten würde einen die grosse Not vollkommen entmutigen.

Seit November bin ich nun wieder zurück an der Rezeption und bin Mami für alle Fragen. Diese Arbeit habe ich im letzten Winter hier begonnen. Es ist eine sehr beziehungsorientierte Sache, weil man ständig mit Leuten zu tun hat. Das fordert mich zwischendurch ganz schön heraus: freundlich bleiben, da, wo ich innerlich lieber gleich explodiere würde. Das ist wohl allgemein eine ganz gute Schule. Vor allem im Stress entdecke ich oft, wie schnell ich an meine Grenzen komme.

Gleichzeitig habe ich noch eine andere Aufgabe übernommen, nämlich die einer "Activities Coordinator" für die Crew. Wir möchten in der Zeit hier in Afrika auch für die Besatzung Dinge in der Freizeit anbieten. Zum Beispiel Tanzabende, Musik und diverse Darbietungen, Spielabende und Strandausflüge.

Noch immer bin ich gerne bei Mercy Ships und sehe es als ein Geschenk, dass ich dieses Unternehmen unterstützen kann. Manchmal fällt mir der konstante Wechsel der Besatzung schon ziemlich schwer und ich habe gerade eine sehr gute Freundin loslassen müssen. Aber ich liebe auch die Vielfalt der Menschen hier, ihre Kulturen, die Ausdrucksformen und ihr Denken.

Es grüsst herzlich
Rahel Straub

Datum: 13.02.2003
Quelle: Jesus.ch

Werbung
Livenet Service
Werbung