Ein spirituelles Zuhause für Obdachlose

Sixteenth Street Baptist Church

Vor dreizehn Jahren entschied sich eine Gemeinde der Evangelisch-methodistischen Kirche (EMK) in Birmingham, im US-Bundesstaat Alabama, dem Rassismus ins Gesicht zu sehen und etwas dagegen zu tun. Es war ein mutiger Schritt in einer Grossstadt, in der die Rassentrennung noch heute spürbar ist.

Anfangs der neunziger Jahre öffnete die „Church of the Reconciler“ ihre Tore, um schwarze und weisse Menschen im Gottesdienst zusammenzubringen. Heute sieht man die Auswirkungen dieser Öffnung. Viele Menschen sprechen über diese EMK-Gemeinde, welche als einzige in dieser Stadt, ganz offen Menschen aus den verschiedenen ethnischen Gruppen willkommen hiess.

Von der Apostelgeschichte abgeleitet

Pfarrer Lawton Higgs Sr. erklärt: „Das Modell der Kirche, auf dem wir unsere Gemeinde aufgebaut haben, ist die Kirche von Antiochen in Syrien, wie sie in der Apostelgeschichte 12 und 13 zu finden ist". Die biblischen Erzählungen sowie die Prinzipien der Menschenrechtsbewegung seien die Grundsteine der Kirche.

Hass und Offenheit nebeneinander

Die Kirche steht nicht weit weg von der historischen Sixteenth Street Baptist Church, wo im Jahr 1963 ein Bombenanschlag vier afroamerikanische Mädchen tötete, als sie Vorbereitungen für die Sonntagsschule trafen. Es ist eine besondere Situation, dass eine Kirche, deren Türen jedem Menschen offen sind, so nah bei einer anderen ist, die das Ziel von so viel Hass war.

Higgs glaubt, dass die „Church of the Reconciler“ nur ein Beispiel dafür ist, wie effektiv – und manchmal herausfordernd – Veränderungen in der Gesellschaft sein können. "Das Rassenproblem war eine grosse Herausforderung, aber nicht so gross wie dasjenige der Gesellschaftsschicht," erinnert er sich. Die Kirche ist von leerstehenden Gebäuden umgeben, die den wirtschaftlichen Verfall widerspiegeln. Viele Gemeindemitglieder sind Menschen, die auf diesen Strassen gewohnt haben und die Teil der wachsenden Anzahl von Obdachlosen in Birmingham waren.

Die die Hälfte der Kirchenmitglieder ist obdachlos

Die Gemeinde hat rund 300 Mitglieder, wovon mindestens die Hälfte obdachlose sind. "Wenn Du hierher kommst, sitzt Du neben einem Kind Gottes“, sagt Kevin Higgs, der Sohn von Lawton Higgs Sr., der Pfarrer der Gemeinde. Das wiederhergestellte Lagerhaus ist ein Asyl für Hunderte von Menschen ohne ein Zuhause. Hier werden sie nicht beurteilt, sondern begrüsst.

"Gott macht aus mir ein Beispiel“

Die Gründe, warum Menschen kamen, sind unterschiedlich. Jill Varney kam einfach weil sie das Telefon dort benutzen konnte. Varney erzählte, dass sie am tiefsten Punkt ihres Lebens war und versuchte, sich zu bessern, als sie ankam. "Gott macht aus mir ein Beispiel“, sagt sie. "Wenn ich mich verändern kann, kann es jeder, und diese Menschen kennen mich und wissen, wie schlecht ich dort draussen war." Varney war obdachlos, drogenabhängig und eine Prostituierte. Jetzt ist sie ein aktives Mitglied und an mehreren Stellen innerhalb der Kirche tätig.

Miteinander kochen

"Wir sind mehr als nur die ‚Kirche der Obdachlosen", sagt Kevin Higgs. "Wir sind ein Weg, auf dem alle Kirchen im Umkreis von Birmingham, Methodisten und auch anderer Glaubensgemeinschaften, zusammenkommen und unsere Mission und Arbeit teilen können." Jeden Sonntag bereiten Mitglieder einer Kirche aus der Umgebung das Essen für die Mitglieder der Church of the Reconciler vor. Mitglieder beider Gemeinden, deren Hintergründe genauso unterschiedlich sind wie die Mahlzeiten, die sie vorbereiten, arbeiten nebeneinander in der Küche. Eine afroamerikanische Frau im schwarz-weissen Pullover, die Gemüse in eine Teller schöpft, steht neben einer weissen Frau in einem bunten Pullover. Es ist nicht zu unterscheiden, welche obdachlos ist; ein Zeichen dafür, dass die Arbeit der Kirche erfolgreich ist.

"Wir haben Jesus, seine Lehre. Wir haben John Wesley und seine Lehre. Wir haben Martin Luther King und seine Lehre. Gott hat uns diese Lehrer geschickt. Wir müssen aus unserer historischen Angst vor Rassismus und Rassentrennung ausbrechen, und wir müssen die Verbindung zu den Armen wiederherstellen“, betont Pfarrer Lawton Higgs Sr. sein Anliegen.

Quelle: EMKNI / United Methodist News Service

Datum: 21.02.2006

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