Technik

Er fabriziert Friedens-Roboter für Kriegsgebiete

Die Schweizer Stiftung Digger produziert Hilfsmittel zur Vernichtung von Minen. Ihre ferngesteuerten Roboter kommen dort zum Einsatz, wo kein menschlicher Fuss auftreten sollte. Vom humanitären Engagement profitierten Tausende von Menschen - unabhängig vom religiösen, ethnischen oder politischen Hintergrund.
Grosse Aufgabe: Frédéric Guerne.

Mit Innovationsgeist, viel Mut und Ausdauer hat sich die heute 14 Mitarbeitende zählende Stiftung Digger weltweit einen Namen gemacht. Der Aufbau brauchte mindestens so viel Überzeugungsarbeit wie Kapital. Ganz am Anfang standen eine Kanone und ein Traum des Firmengründers.

Starkes «Déjà vu»

Der Firmengründer und heutige Direktor Frédéric Guerne ist in Tramelan (Schweiz, Kanton Bern) aufgewachsen. «Alle Kinder damals kannten das Zeughaus in Tavannes. Mir imponierte vor allem die Kanone beim Eingang», erinnert sich der heute 43-Jährige. Später dann träumte der Elektroingenieur eines Nachts - nicht von der Kanone, sondern vom Areal, auf dem sie gestanden hatte. «Ich wurde im Traum zu einer Besichtigung eingeladen und stand vor dem Hauptgebäude. Dann hörte ich eine Stimme: 'Nein, nicht jenes Haus, dieses hier!' Ich folgte der Stimme in ein Nebengebäude. Dieses bestand innen aus viel Holz. Darum sagte ich: 'Das ist nicht ideal. Ich möchte das Gebäude nebenan!'»

Monate später wurde das Zeughaus zum Kauf ausgeschrieben. Es fand sich kein Käufer, die Stiftung konnte das Areal mieten. «Eine fantastische Sache», meint Guerne. «Absolut ideal für ein so verrücktes Projekt wie unsere Digger.» Als er damals die Liegenschaft vor Ort prüfte, hatte er das starke Erlebnis eines «Déjà-vu». «Es war genau so, wie ich es bereits im Traum gesehen hatte. Ich wusste: Das ist unser Platz!»

Ein «Panzer» für den Frieden

1998 gründeten der an technischen Fragen interessierte Idealist und eine Handvoll Gesinnungsgenossen den Verein Digger. Das Anliegen: in der Frage der Antipersonenminen aktiv werden. Der Verein wurde 2005 in eine nicht gewinnorientierte Stiftung umgewandelt. Die Stiftung ist spezialisiert auf die Entwicklung, Fabrikation und den Vertrieb von ferngesteuerten Minenräumgeräten. Der vier Tonnen schwere Digger D-1 konnte die Minen mit seinen Messern doppelt so schnell wegräumen, wie es manuell möglich war.

Zudem senkte er das Unfallrisiko auf rund 20 Prozent. Der D-2 bewährte sich 2006 mit seinen Flegeln im extrem trockenen, staubigen Klima Nordsudans. «Ein Einsatz bei Temperaturen bis 50 Grad Celsius ist problemlos möglich», erklärt der zweifache Vater. Und gewährt mir stolz einen Exklusiv-Einblick ins Innere des brandneuen D-3: «Eigentlich ist alles 'très simple'. Hier befinden sich ein Dieselmotor von John Deere mit rund 170 PS, ein ausgeklügeltes Kühlungssystem, eine praxiserprobte Hydraulik und die weiter verfeinerte Entminungsfräse. Das Gerät ist rundum mit zehn Millimeter dickem Qualitätsstahl gepanzert und wartungsfreundlich.» Das neueste Modell schafft so viel wie 200 manuelle Minenräumer. Die Fernbedienung erlaubt ein sicheres Arbeiten aus bis zu 500 Metern Distanz. Die Entwicklungszeit der rund 500 000 Franken teuren Geräte dauert zwischen zwei und drei Jahren.

Doch ist es nicht allein die Technik, die Guerne begeistert. Das Engagement seiner Stiftung ist ein Segen für ehemalige Kriegsgebiete. «Ist ein Feld von Minen geräumt, kann der frühere Besitzer das Land wieder bebauen und sich eine Existenz aufbauen.»

In erster Linie Christ

Im Jura wohnen zahlreiche Pazifisten, nicht zuletzt als Folge der seinerzeit auf über 1000 Metern Höhe angesiedelten Täuferfamilien. Frédéric Guerne ist Realist: «Wir stehen in einem langen Prozess und brauchen viel Ausdauer. Ich bin überzeugt, dass unser Engagement vielen Familien in armen Gebieten das Überleben ermöglicht und ihr Leben sicherer und lebenswert macht.»

40 Prozent der Einnahmen stammen aus Spenden eines Freundeskreises. «Wir sind konfessionell neutral», betont Guerne. Er selber ist Mitglied einer Freikirche und hat ein grosses Herz für seine Mitmenschen. Er versteht sich in erster Linie als Christ und denkt auch politisch in grossen Dimensionen. Ein grüner Politiker hatte der Stiftung damals zur Miete des Betriebsareals verholfen.

Vor zwei Jahren konnte das frühere Verwaltungsgebäude hinzugemietet werden - jenes Gebäude, dem Guerne damals im Traum den Vorzug gegeben hatte. «Eine weitere Bestätigung! Ich erinnere mich immer daran, wenn wir vor schwierigen Entscheidungen oder finanziellen Engpässen stehen.» Während er das sagt, geht Frédéric Guernes Blick nach oben. Ganz Romand, klopft er mir spontan auf die Schulter und sagt: «Ich könnte viele Geschichten über Gottes Inspirationen im Alltag erzählen.»

Digger aus Tavannes haben in Bosnien-Herzegowina, Benin, Senegal oder Sudan Geschichte geschrieben. Genauso, wie Gott es im Leben des Firmengründers und heutigen Direktors tut. Frédéric Guerne will weiterhin dafür offen bleiben.

Datum: 10.04.2012
Autor: Thomas Feuz
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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