«Gott verlässt mich nie»
Seine Mutter ist damals 18 und in bitterer Not. Als Bauerstochter mit vielen Geschwistern ist das Brot hart und die Suppe dünn. Das Kind, das sie unter ihrem Herzen trägt, und dessen Erzeuger sich aus dem Staub gemacht hat, kann und darf nicht bleiben. So kommt es, dass am 15. Januar 1974 eine fremde Frau das kleine Bündel in ihre Arme schliesst. Roman Bernhard wächst später behütet bei seinen Adoptiveltern in Schmerikon am Oberen Zürichsee auf. Das Einzelkind geniesst die Gemeinschaft und Geborgenheit in der reformierten Kirchgemeinde, vor allem in den Ferienlagern.
Leben nach dem Lustprinzip
Als 1988 seine Konfirmation bevorsteht, verzerrt sich das positive Gottesbild: «Alles erschien mir auf einmal gekünstelt, konstruiert und lebensfremd. Gott, Glaube und Kirche waren für mich damals eins. Eine Kirche, die mir vorschrieb, wie oft ich den Jugendgottesdienst zu besuchen hätte, brauchte ich nicht. So ging ich nach der Konfirmation eigene Wege.» Fünf Jahre lang lebt Roman Bernhard nach dem Lustprinzip. Er engagiert sich in verschiedenen Vereinen, macht Musik und treibt viel Sport.
Skepsis und Faszination
Nach dem Schulsabschluss entscheidet er sich eher halbherzig für ein Rechtswissenschafts-Studium in Zürich. Weder mit dem Stoff noch unter seinen Kommilitonen fühlt er sich wohl. Eines Tages lockt ihn der günstige Preis des Skilagers einer christlichen Organisation. Falls eine Sekte dahinter stecke, könne er sich ja wieder in den Zug setzen, macht Roman Bernhard mit seinen Eltern aus. Bereits auf der Hinfahrt ist der junge Student fasziniert von der wohlwollenden Atmosphäre untereinander: «Diese Leute waren authentisch und hatten eine Ausstrahlung, die ich nicht einordnen konnte.»
Schlaflos in Samedan
Neugierig öffnet er sich einem Leiter, löchert diesen bis zum letzten Abend mit Fragen. «Es war mir klar, dass ich eine Entscheidung treffen musste», erinnert sich Roman Bernhard. Als er um zwei Uhr früh noch immer nicht schlafen kann, weckt er den Leiter. In dessen Beisein bekennt er Jesus all sein Versagen und vertraut ihm sein Leben an. «Ein tiefer Friede kam über mich und mit einer unbeschreiblichen Freude fuhr ich nach Hause.»
Licht in die Vergangenheit
Die zentralsten Lebensfragen sind geklärt, eine bleibt jedoch offen – jene nach seiner Herkunft. Und so macht sich Roman auf die Suche nach seinen leiblichen Eltern. Er findet seine Grossmutter mütterlicherseits. Die beiden verstehen sich nach wenigen Worten, und der junge Mann erfährt die tragischen Umstände seiner Geburt. Seine Mutter sei an der Trennung psychisch zugrunde gegangen. Dieses Wissen stürzt ihn in eine Identitätskrise. Roman Bernhard «flüchtet» nach Lausanne, arbeitet begeistert im Marketingbereich bei einer Bank und lernt seine heutige Frau Stefania kennen.
Gottes Liebe überwindet alles
Doch hinter der fröhlichen Fassade hämmert es. Fragen rund um seine Existenz plagen Roman Bernhard. Er betet viel und vergräbt sich in seine Bibel. Wiederholt liest er im Römerbrief, Kapitel 8, die Verse 38 und 39 und schöpft daraus Zuversicht: «Denn ich bin ganz sicher: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Dämonen, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch irgendwelche Gewalten, weder Hohes noch Tiefes oder sonst irgendetwas können uns von der Liebe Gottes trennen, die er uns in Jesus Christus, unserem Herrn, schenkt.» Bis heute ist ihm Stefania, die seinen Glauben teilt, eine grosse Stütze, wenn ihn wieder einmal Zweifel befallen.
Himmlische Vaterliebe
2001 haben die beiden in Stäfa geheiratet. Roman hat sein Studium abgebrochen und 2008 das Lehrerdiplom erworben. Heute arbeitet er als Sekundarlehrer im Zürcher Oberland. Stefania ist Personalleiterin eines KMU. Das Paar teilt sich die auswärtige Arbeitszeit und hat zwei Jungs – Yves (8) und Nils (4). Kinder, auch seine Schüler, liegen Roman Bernhard besonders am Herzen: «Ich liebe es, für sie zu beten. Ich empfinde eine grosse Ehrfurcht vor dem Leben und bin so dankbar, einen Vater im Himmel zu haben. Bei ihm darf auch ich Kind sein. Er verlässt mich nie.»
Datum: 09.07.2013
Autor: Manuela Herzog
Quelle: jesus.ch-Print