Spirituelle Roboter
Matthias Böhni: Warum beschäftigen Sie sich mit betenden oder Kreuz tragenden Robotern?
Frank Bodin: Roboter, diese Maschinenmenschen, faszinierten mich schon immer. Irgendwann kam mir die Idee, sie als Medium für die Kunst zu nutzen, quasi als bewegte, programmierte Skulpturen. So wurde der erste «Hebo»-Roboter geboren. Dabei interessiert mich die Darstellung des alltäglichen Lebens, die grossen Dinge wie die kleinen. Die Roboter werden damit zu einem Spiegel des menschlichen Daseins und Handelns.
Wo lag die technische Herausforderung?
Roboter sind wie kleine Wesen, mit Ecken und Kanten und Macken. Die technischen Herausforderungen sind sehr komplex, insbesondere was die Programmierung betrifft. Ohne Hilfe von Robert Riener und seinem Institut für Robotik und Intelligents Systeme der ETH Zürich hätten wir diese Wesen nie zum Leben erwecken können.
Die Roboter kommen tatsächlich spirituell-religiös rüber.
Nebst den kleinen alltäglichen Dingen interessieren uns natürlich auch die grossen Themen, die uns Menschen bewegen, wie Glaube, Liebe, Tod. Und was bei Robotern jetzt noch nur wie eine Spielerei zu sein scheint, könnte schon bald Realität sein, nämlich dass sich Roboter in ihrem Handeln und Denken verselbständigen.
Das ist Science Fiction…
Nein. Das ist nur eine Frage der Anzahl Vernetzungen; ist diese extrem gross, ähnlich den Synapsen des menschlichen Hirns, dann könnte dies eintreffen. Es gibt bereits Super-Computer, die in diese Richtung laufen könnten. Sie sind zwar als Instrument des Menschen geschaffen worden, sind aber so komplex, dass sie ein Eigenleben führen. Schon heute kann man auch einen Roboter mit Gedanken steuern. Oder probieren Sie mal «cleverbot.com» aus, quasi ein Roboter, mit dem man via Internet in den Dialog treten kann – um vielleicht auch religiöse Fragen zu stellen und Antworten zu erhalten: Wo komme ich her, wer bin ich, wohin gehe ich?
Interessieren Sie diese Fragen auch?
Natürlich. Diese Fragen sind die Triebkräfte aller Menschen, bewusst oder unbewusst. Das Christentum prägt unserer hiesige Kultur und damit mich auch mich. Wenn man sich bei uns heute so lifestyleartig die eigene Religion zusammenzimmert, dann fehlt Tiefe und das jahrhundertealte Wissen der eigenen Religion. Lifestyle-Religionen sind ein Irrweg. Mein Leben ist zudem sehr von Religionen geprägt.
Sind Sie reformiert?
Ja, reformiert getauft und konfirmiert, aber ich bin aus der Kirche ausgetreten. Die reformierten Gottesdienste heute - das ist nicht meine Welt. Ich fühle mich nicht wohl. Was ich auch nicht so gerne habe, ist, wenn sich die Kirche verbiegt, sich anbiedert und originell sein will. Sie hat ihre Botschaft. Das ist ihr Kern. Dazu soll sie stehen, und dafür brauchen wir sie. Wer hat sonst so einen Schatz?
Die Hebo-Skulpturen werden vom 8. bis 11. November in der Barbarian Art Gallery in Zürich ausgestellt.
Das ausführliche Interview können Sie hier bei ref.ch nachlesen.
Zum Thema:
Video-Clip: Roboter die beten
Weitere Informationen – Bilder, Videos, Texte
Mehr zum Thema:
Roboter erforschen Natur selbstständig
Menschenrechte für Maschinen?
Kommentar: Der Mensch schafft Roboter nach seinem Bild
Datum: 22.10.2012
Autor: Matthias Böhni
Quelle: ref.ch