Eine Gemeinde im Oberwallis

Brennende Herzen und natürliche Beziehungen

Wer denkt, dass Freikirchen in katholischen Gebieten einen schweren Stand haben, darf sich gerne von der FEG Visp inspirieren lassen.
Dany Rohner und Heini Schaffner, Pastoren der FEG Visp
Weihnachtsmusical in der FEG Visp

Auf den ersten Blick scheint die FEG Visp eine ganz gewöhnliche (mittelgrosse) Schweizer Freikirche zu sein. Sie kämpft mit ähnlichen Problemen wie andere Gemeinden auch; Herausforderungen im Bereich «Jugend» oder aber der Frage, wie der Wechsel auf die nächste Gemeindegeneration bestmöglich gelingen kann. Bei näherem Hinschauen aber zeigt sich die FEG Visp als inspirierende Truppe begeisterter Christen.

Eine Freikirche im Oberwallis

Das Oberwallis hat (s)eine ganz eigene Identität. Durch den neuen Lötschberg-Basistunnel sind Orte wie Visp zwar heute stark mit der Deutschschweiz verbunden. Das öffnet neue Möglichkeiten von Arbeitsplätzen und Austausch. Die Menschen im Oberwallis finden jedoch ihre Identität immer noch ganz stark im «Walliser-Sein» und in der Identifikation mit ihrem Kanton. Die restliche Schweiz wird liebevoll als «Ausserschweiz» bezeichnet.

Dany Rohner, Pastor der FEG Visp meint: «Im Gegensatz zu anderen Regionen der Schweiz merken wir im Oberwallis viel weniger von der fortschreitenden Säkularisierung. Der Glaube an einen Schöpfergott ist hier stark präsent. Religion ist den Wallisern sehr wichtig.» Rohner wertet dies durchaus positiv, denn es öffne Türen zu den Herzen der Menschen.

«Vor Jahrzehnten galten wir als Sekte»

Heini Schaffner, ebenfalls Pastor in der FEG Visp, beschreibt die Stellung der Freikirche in ihrer Region: «Vor Jahrzehnten galten wir im Oberwallis als Sekte. In den vergangenen 20 oder 30 Jahren hat sich dies aber zum Positiven verändert.» Die jahrzehntelange Beziehungsarbeit hat Vertrauen geschaffen.

Anfänglich definierten sich die Mitglieder der FEG sicherlich stark über die Abgrenzung gegenüber anderen Glaubensrichtungen. Mittlerweile hat sich aber auch die Haltung der Gemeindeglieder gegenüber der Bevölkerung stark verändert. «Natürlich glauben wir nicht alles so, wie dies die Katholische Kirche tut. Manches sehen wir dezidiert anders – und dazu stehen wir auch», sagt Dany Rohner und ergänzt: «Es ist nicht unser Ziel, die Menschen dazu zu bewegen, aus der Katholischen Kirche auszutreten, sondern sie mit Jesus bekanntzumachen.» Es geht darum, Menschen in der Liebe Jesu zu dienen. Dieser Fokus ist wichtig und will ganz praktisch Ausdruck finden.

Beziehungsorientiert

Die Leute der FEG Visp pflegen deshalb bewusst offene und freundschaftliche Beziehungen mit ihren Mitmenschen. Nicht selten resultiert das darin, dass vormals «skeptische» Leute anfangen, auch die gemeindlichen Veranstaltungen zu besuchen. Sie stellen Fragen und lernen den christlichen Glauben aus einer neuen Warte heraus kennen. «Wir wollen Menschen ernstnehmen und liebhaben – ohne an sie Ansprüche zu stellen, bevor sie überhaupt erst einmal zum Glauben an Jesus gekommen sind», sagen die beiden Pastoren.

«Immer wieder gibt es Berührungspunkte mit der Bevölkerung», sagt Heini Schaffner. «So wächst Vertrauen. Es sind sogar schon ganze Schulklassen vorbeigekommen um unsere Kirche kennenzulernen.» Natürlich freuen sich die beiden, wenn ihre Gemeinde auch zahlenmässig wächst – daraus machen sie auch kein Geheimnis. Aber das ist nicht das höchste Ziel. Wenn Menschen zu Jesus finden und in einer anderen Kirche ihr geistliches Zuhause finden, wird die FEG ihnen dabei nicht im Weg stehen.

Lebendiges Gemeindeleben

Die beiden Pastoren können ihre Liebe und Begeisterung für ihre Gemeinde nicht verstecken. Die Leute brennen für Jesus und pflegen aktiv Beziehungen – sowohl untereinander, aber auch zu anderen Menschen. Genau darin liegt wohl das Geheimnis dieser Gemeinde. «Es ist ermutigend, wenn sich die Gemeinde auf so natürliche Weise entwickelt», so Schaffner. Und Rohner ergänzt: «Ich freue mich vor allen Dingen an der allgemeinen Demut und Lernbereitschaft, die in der Gemeinde herrschen.»

Ohne viel Tamtam und spektakuläre Programme kommen nach und nach Menschen dazu. Oft herrscht die Meinung, dass katholisch geprägte Regionen wie das Oberwallis für das Evangelium ein besonders harter Boden seien. In der FEG Visp wird diese Meinung nicht geteilt. «Erweckung haben wir leider (noch) nicht. Aber die Menschen fragen nach Gott. Ein harter Boden ist das nicht – im Gegenteil!» Für die beiden Pastoren ist ein wichtiger Schlüssel, dass die Gemeindemitglieder zu den unterschiedlichen Veranstaltungen Menschen von ausserhalb der Kirche einladen. «Wer uns besucht, spürt, dass er willkommen ist, so zumindest entnehmen wir es dem Feedback der Besucher. Es ist eine Leidenschaft und Herzlichkeit spürbar, die sich durch alle Altersgruppen hindurchzieht.»

Eine Inspiration

Gibt es in Westeuropa, wo sich so viele Menschen spiritueller Angebote bedienen, überhaupt so etwas wie «harten Boden»? Die Erfahrung der FEG Visp zeigt, dass sich dort, wo natürliche und herzliche Beziehungen gelebt werden, immer auch Menschen finden, die sich für Jesus öffnen. Das Evangelium ist jedenfalls mächtig genug, Menschen zu berühren und zu verändern.

Die aktuelle Geschichte der FEG Visp beweist, dass es für ein gesundes Gemeindeleben nicht mehr braucht als ein brennendes Herz für Jesus, gelebte Beziehungen zu Menschen und eine demütige Grundhaltung. Letztlich baut Jesus seine Gemeinde und die «gewöhnlichen Herausforderungen im Gemeindebau» sind dann keine unüberwindbaren Probleme mehr.

Zur Webseite:
FEG Visp

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Datum: 04.07.2018
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet

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