Unerwartete Resonanz

Beten in der Schneekirche

Leicht haben es die Besucher der Schneekirche in Niederbayern nicht: Sie müssen zunächst etwa 300 Meter den derzeit noch schneebedeckten Berg hoch stapfen, bis sie durch die aus Eisblöcken gefertigten Tore gehen können.
Kerzen sorgen im Innern für warmbläuliches Licht.

Es ist ein wirklich ungewöhnlicher Sakralbau, die Schneekirche im niederbayerischen Mitterfirmiansreut: Im Inneren erwartet die Kirchgänger ein Altar und Kreuz auf Eis, die Besucher nehmen auf Sitzbänken aus Eis Platz. Der Rest des «Weissen Wunders», wie die Mitterfirmiansreuter ihr Werk gerne nennen, besteht nur aus Schnee.

Das weisse Gebilde von 26 Metern Länge, elf Metern Breite und knapp 19 Metern Turmhöhe thront seit Anfang Jahr über dem Ski-Ort im Landkreis Freyung-Grafenau. «Das Licht bricht sich durch die Eisblöcke, verschiedene Farben werden sichtbar, vor allem blau und die warmen Töne, das ist wirklich eine ganz tolle Atmosphäre hier», staunt Sonja Schuster.

Die evangelische Pfarrerin der Kirchengemeinde Grafenau liess sich bei ihrer Predigt vor allem vom Propheten Elija inspirieren: «Ich musste an Elija denken, der in seiner Höhle sitzt und sich nicht so recht raus traut, und dem dann Gott auf eine ganz andere Weise begegnet, nämlich im Zarten, in der Hoffnung.»

Touristen beeindruckt

Auch die Gottesdienst-Besucher aus Nah und Fern zeigten sich begeistert: «Ich finde es einfach grossartig, so ein Kunstwerk herzustellen. Es beeindruckt mich sehr. Da kommt eine ganz besondere Stimmung auf, wenn man in dieser Kirche betet», sagt ein Tourist aus Baden-Württemberg.

Die Schneekirche blickt auf ein besonderes geschichtliches Ereignis zurück: Im Jahr 1911 bauten die Bewohner von Mitterfirmansreut aus Protest eine Schneekirche, weil sie in ihrer Gemeinde keine eigene Kirche hatten. Sie mussten für einen Gottesdienstbesuch stets den beschwerlichen Fussmarsch ins acht Kilometer entfernte Mauth zurücklegen.

Als die Dorfbewohner an Weihnachten 1910 nicht nach Mauth marschieren konnten, weil die Reise zu gefährlich gewesen wäre, beschlossen sie, ihre eigene Kirche zu bauen.

Aus Protest gebaut

«Baumaterial hatten die Bewohner nicht. Nur Schnee hatten sie genug, deshalb haben sie aus Schnee eine Kirche gebaut», erinnert Heinrich Herzig vom Förderverein «100 Jahre Schneekirche Mitterfirmiansreut».

Das «Weisse Wunder» im Bayerischen Wald hat bisher schon Tausende Besucher angelockt und damit die Erwartungen der Initiatoren weit übertroffen: «Wir hätten nie mit dieser Resonanz gerechnet», sagt Vorstandsmitglied Herzig. Wie lange das eisige Bauwerk noch stehen bleiben kann, hängt einzig und allein vom Wetter ab.

Webseite:
Schneekirche Mitterfirmansreut (Bayern)

Datum: 24.02.2012
Quelle: Epd

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