Tatkräftiger Support für verfolgte Christen
Die Arbeit der Organisation erstreckt sich von moralischer Unterstützung über theologische und praktische Ausbildung bis hin zum „klassischen“ Bibelschmuggeln. Denn man ist unterwegs im Auftrag Seiner Majestät. Neu heisst «Offene Grenzen» nun «Open Doors».
Über den Namenswechsel und die nicht ungefährliche Arbeit sprach Livenet.ch mit Pierre Tschanz, dem Leiter des Schweizer Zweigs des internationalen Werks (Prilly bei Lausanne).
Livenet.ch: Pierre Tschanz, woher kommt der Name Ihres Werks?
Pierre Tschanz: Von der urchristlichen Gemeinde in Philadelphia. In der Offenbarung (3,8) spricht Gott von geöffneten Türen, die man nicht mehr zuschlagen kann. Auf englisch hiess das Werk schon immer «Open Doors».
In der Deutschschweiz gab es aber schon eine Organisation mit dem Namen «Offene Türen», und so entschieden wir uns damals für «Offene Grenzen».
Wir arbeiten in 45 Ländern und haben Büros in 23 Ländern. Alle anderen 22 Partnerbüros hatten sich für «Open Doors» entschieden, viele ebenfalls im englischen Wortlaut. Wir machen das jetzt auch.
Ändert sich dadurch nun etwas?
Der Auftrag bleibt derselbe. Wir helfen verfolgten Christen. Eine Änderung wäre vielleicht, dass sich die Arbeit noch auf das freie Europa ausdehnt. Die Gewissensfreiheit schrumpft. Als Christ kann man sich zum Beispiel nicht mehr frei über Homosexualität äussern.
Sie führen eine Rangliste über die Länder, in denen die Verfolgung besonders schlimm ist. Werfen wir einen Blick auf die traurigen «Top 5». Auf Rang eins liegt Nordkorea.
Ja, das ist das verschlossenste Land der Welt. Aus persönlichen Zeugnissen wissen wir, wenn ein Christ von der Sicherheitspolizei entdeckt wird, dann landet er in einem Arbeitslager. Tausende stecken in solchen Lagern.
Platz zwei geht an Saudi-Arabien.
Bei den Saudis ist man nicht frei, seine Religion zu wechseln. Wer Christ ist, wird zum Tod verurteilt. Die Gesetzgebung ist so streng, dass es unmöglich ist, sich als Christ zu bekennen. Selbst Ausländer riskieren ihre Freiheit.
Rang drei geht wieder an Südostasien: an Laos.
Die Regierung hat sich dazu entschieden, das Christentum im Land auszuradieren. Unter den Hmong und in anderen Stämmen wurden viele Christen verfolgt und verhaftet.
Auch Rang vier bleibt in der Region: Vietnam.
Es ist dort schwer, ein bekennender Christ zu sein. Die christlichen Gemeinden stehen oft unter Polizeiaufsicht. Und die Bergstämme werden vom kommunistischen Regime verfolgt.
Auch Rang fünf geht an Asien, den von den Mullahs beherrschten Iran.
Trotzdem kommen in keinem anderen Land mehr Moslems zum Glauben. In letzter Zeit wurden die Polizeikontrollen stark verschärft. Über 80 christliche Leiter wurden verhaftet, dann wieder entlassen. Sie sollten wohl eingeschüchtert werden. Nur einer ist nicht wieder freigekommen: der Armeeoberst Hamid Pourmand, der sich Anfang der 80er Jahre bekehrt hatte. Er muss jetzt für drei Jahre hinter Gitter, weil es verboten ist, als Christ in der Armee zu dienen...
Was war der grösste Erfolg von Open Doors?
Das war im Juli 1981 in China. Mit einem Schleppboot und einer angehängten Schutte brachten wir eine Million Bibeln an die chinesische Küste nahe Swatouw. 20'000 einheimische Christen nahmen sie in Empfang. Aber Erfolg hat seinen Preis: 5 bis 10 von ihnen mussten ins Gefängnis. Einer von ihnen, vermuten wir, wurde gar von der Polizei erschlagen.
Damit sind wir beim Thema Rückschläge...
Diese sind meistens eine Konsequenz des Erfolgs. Man hat ein System und ein Netzwerk. Dann kommt die Geheimpolizei dahinter. Früher brachten wir monatlich über 6000 Bibeln nach Rumänien. Da wurden einmal drei Schmuggelfahrzeuge am Zoll konfisziert. Das war ein grosser Verlust. Und die Behörden wurden aufmerksamer. Wir arbeiten im Untergrund, und das birgt seine Risiken.
Wo setzen Sie Ihre Schwerpunkte?
In China und in der islamischen Welt. Wir schätzen, dass sich in den chinesischen Hausgemeinden 80 bis 100 Millionen Christen versammeln. Es vergeht keine Woche, ohne dass ein Pastor inhaftiert und geschlagen wird. Der Bedarf an Bibeln und Ausbildung ist gross.
In der islamischen Welt geht es um ganz praktische Ermutigungen. Oft sind die Christen dort so arm, dass sie sich nicht einmal Material zum Lesen- und Schreibenlernen leisten können. Wir helfen, so dass sie dann auch das Buch ihres Glaubens lesen können.
Gibt es Länder, in denen die Lage schlimmer wurde?
Ja, in Nigeria zum Beispiel. Seit Einführung der Scharia in den nördlichen Bundesstaaten verschlechterte sich die Situation für die Christen. Oder in Indien. Dort wurde einerseits der Druck grösser, aber gleichzeitig wird das Evangelium so tatkräftig verkündet wie nie zuvor.
Und wo ist es besser geworden?
Eindeutig in Osteuropa und der früheren Sowjetunion. Bis auf einige zentralasiatische Gebiete gibt es dort kaum mehr Verfolgung. In Südrussland und Georgien werden vereinzelt Christen verfolgt, aber das geschieht nicht mehr organisiert.
Ist das nicht sehr deprimierend, sich immer mit Verfolgung zu beschäftigen?
Nein. Man beschäftigt sich ja nicht mit Verfolgung an sich. Ich habe es mit Brüdern und Schwestern zu tun, die verfolgt werden und dabei ein Zeugnis geben. Das ist ein Unterschied. Es geht um Menschen und nicht um theoretische Fragen. Jeder Christ steht in einem Kampf. Je härter der wird, desto mehr erkennt man auch die Gnade Gottes, denn Jesus steht immer dahinter. Das ist immer etwas Ermutigendes, und es hilft einem auch fürs eigene Leben als Christ hier.
Was macht Open Doors in der Schweiz? Können sich die Gemeinden hier an diesem Dienst beteiligen?
Hier in der Schweiz informieren wir die Gemeinden über verfolgte Christen. Sie können dann gezielt für sie beten und sie ermutigen. Die Fürbitte hat Priorität. Die Infos kann man auch auf allen Ebenen weitergeben, zum Beispiel an Mitchristen, an Freunde und auf politischer Ebene. Das ist besonders in dieser multikulturellen Gesellschaft wichtig.
Wer will, kann auch in die betreffenden Länder reisen und seinen persönlichen Beitrag leisten. Oder einen Open-Doors-Repräsentanten in seine Gemeinde einladen.
Datum: 29.03.2005
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch