Millenniumsziele 2015

Lichtblicke im Kampf gegen Armut

Der Hunger ist in vielen Ländern Asiens, Lateinamerikas und der Karibik zurückgedrängt worden. Dies gilt als die positivste Nachricht auf dem halben Weg zur Erreichung der UN-Millenniumsziele. Denn die meisten der für 2015 gesetzten Ziele liegen noch in weiter Ferne.
Sie wollen zur Schule gehen: Mädchen im Sudan.
Markus Meury
Sauberes Wasser - Luxus für die Armen.
Strassenkinder in Brasilien.

Doch allein die Tatsache, dass dank acht konkreten Zielen mit Messvorgaben der (Nicht-)Fortschritt überprüft werden kann, wertet Markus Meury von der Kampagne StopArmut 2015 als erstaunlichen Fortschritt. „In jedem Land haben sich zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (NGO) auf die Fahnen geschrieben, ihre Regierungen ständig an ihre Versprechen zu erinnern und die Fortschritte zu prüfen.“ Der öffentliche Druck sei da, sagt Meury, „und die meisten Länder richten ihre Armutspolitik nun nach diesen Zielen.“

Immer noch (fast) eine Milliarde in bitterer Armut

Das erste Millenniumsziel lautet, den Anteil der Hungernden und der Menschen, die von weniger als einem Dollar am Tag leben, bis 2015 auf die Hälfte zu reduzieren. Von 1990 bis 2004 ist die Zahl dieser Menschen, der sogenannt absolut Armen, von 1,25 Milliarden auf 980 Millionen gesunken – ihr Anteil an der wachsenden Weltbevölkerung ging, wenn man der Statistik glauben will, von 32 auf 19 Prozent zurück.

Der Fleiss der Asiaten

Die grössten Fortschritte sind in Asien zu verzeichnen. 1990 – zehn Jahre vor dem Millenniumsgipfel – mussten in Ostasien 33 Prozent der Menschen mit einem Dollar pro Tag auskommen; 2004 waren es noch zehn Prozent. In Südostasien gab es im selben Zeitraum einen Rückgang von rund 21 Prozent auf knapp sieben Prozent, in Südasien von 41 auf 29 Prozent. In Afrika südlich der Sahara stecken dagegen nach den neusten Zahlen immer noch 40 Prozent der Menschen unter der Ein-Dollar-pro-Tag-Marke!

Auch den Mädchen Lesen und Rechnen beibringen

Weiter zielen die Staaten der UN, die sich im Millenniumsgipfel zusammenrauften, darauf ab, dass alle Jungen und Mädchen weltweit eine Grundschulbildung erhalten. Im gesamten Bildungswesen ist die Gleichstellung von Männern und Frauen geplant. Die Müttersterblichkeit soll um drei Viertel gesenkt werden, die Rate der Kindersterblichkeit um zwei Drittel. Den Rückgang seit 1990 (von 106 Kindern unter fünf auf 83 im Jahr 2005) bewerten Fachleute daher als zu gering.

Die Staaten verpflichteten sich zum Millennium weiter, die Ausbreitung von Aids, Malaria und anderen schweren Krankheiten zu stoppen. Der Anteil der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser soll bis 2015 halbiert werden. Als achtes Ziel wird eine globale Entwicklungspartnerschaft angestrebt – mit einem Handels- und Finanzsystem, das auf fairen Regeln beruht.

Afrika – hoffnungslos?

Laut der deutschen Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul ist die Zahl der extrem Armen „immer noch viel zu hoch». Afrika bleibe das Sorgenkind. «Für Afrika muss die internationale Gemeinschaft das Engagement deutlich erhöhen, sonst können wir die Millenniumsentwicklungsziele nicht erreichen», so Wieczorek-Zeul. Immerhin wurde die Einschulungsrate der Kinder seit 1999 von 57 Prozent auf 70 Prozent erhöht. In der Gesundheitsversorgung, besonders bei der Bekämpfung von Aids, sind die Ziele der Ministerin zufolge noch in weiter Ferne.

Unsägliches Elend der Schwächsten

Das Kinderhilfswerk UNICEF hat in einem eindringlichen Appell mehr Anstrengungen für das Überleben der Kinder gefordert. Alle drei Sekunden sterbe ein Junge oder ein Mädchen unter fünf Jahren an vermeidbaren Krankheiten: zehn Millionen im Jahr. Fast die Hälfte dieser Kinder stirbt in Schwarzafrika. In Regionen mit hohen Aidsraten steigt – wegen mangelnder elterlicher Sorge – die Kindersterblichkeit wieder.

Den Worten müssen Taten folgen

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warf den reichen Staaten vor, ihre Versprechen im weltweiten Kampf gegen die extreme Armut zu ignorieren. Die staatliche Entwicklungshilfe sei real zwischen 2005 und 2006 um 5,1 Prozent zurückgegangen. Dabei stünden die acht großen Industrienationen vom G-8-Gipfel 2005 in Gleneagles im Wort, die Hilfe für Afrika bis 2010 zu verdoppeln. Allerdings hat sich auch die Kritik an staatlichen Programmen gemehrt – zu oft wandern Dollars in die Taschen afrikanischer Potentaten und ihrer Beamten oder bewirken keine nachhaltige Hilfe.

0.7% – auch die Schweiz hat genug zum Teilen

Noch heute sterben 30'000 Menschen pro Tag aus Gründen der Armut – meist wegen Krankheiten, die bei einer einfachsten Basis-Gesundheitsversorgung und Zugang zu sauberem Wasser vermieden werden könnten. Die hierzu nötige Infrastruktur kostet mehr als die armen Länder an Geld verfügen. Deshalb braucht es wirksame Unterstützung von aussen. Die Kampagne "0.7% - Gemeinsam gegen Armut" zielt darauf ab, mit einer Petition, die der Eidgenossenschaft nahe legt, ihre Entwicklungshilfe bis 2015 auf 0,7 Prozent des Brutto-Nationaleinkommens zu erhöhen.

Verschiedene Hilfswerke rufen Privatpersonen und Kirchgemeinden auf, sich an der Aktion zu beteiligen. Die biblische „Verheissung eines Lebens in Fülle für alle“ verpflichte Christinnen und Christen, sich für die Bekämpfung von Armut und Not stark zu machen. Morgen, am 7.7.07, geht auf dem Bundesplatz in Bern ein Aktionstag ab, der die zweite Halbzeit zur weltweiten Halbierung der Armut einläutet. Wie bereits 2005 sollen Fahnen an den Kirchtürmen an bestimmten Tagen im Herbst die Botschaft der Armutsbekämpfung sichtbar machen. Im Frühjahr 2008 wollen die Hilfswerke im Parlament die Petition für 0,7% übergeben. StopArmut 2015 hat einen zusätzlichen Petitionsteil mit einer Selbstverpflichtung.

Skepsis ablegen und die Chance packen

Laut Markus Meury von StopArmut 2015 zeigen die Millenniumsziele insgesamt Wirkung: „Wer hätte das gedacht: Als im Jahr 2000 sämtliche Staatschefs gelobten, die Armut bis im Jahr 2015 um die Hälfte zu reduzieren, rief dies bei vielen unter uns nur zynisches Lächeln hervor. Schon wieder Versprechen, die ein Jahr später vergessen sind...“ Diesmal sei es anders: Die konkreten Ziele ermöglichen es, den Fortschritt zu bewerten, der öffentliche Druck ist auch auf der Südhalbkugel gestiegen.

Das hat laut Meury zur Folge, dass wohl einige Millenniumsziele tatsächlich erreicht werden, vor allem jene zur Bildung und zur Minderung der absoluten Armut. „Dies ist nicht nur auf den Boom in Asien zurückzuführen, sondern auch auf Fortschritte in Afrika. Bei anderen Zielen wie der Gesundheit sind allerdings noch grössere Efforts nötig.“ Daher appelliert Meury an die Öffentlichkeit: „Packen wir die Chance und legen wir noch eine Schippe drauf!“

Datum: 06.07.2007
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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