Bei Wycliff hat man Grosses vor: Bis Mitte dieses Jahrhunderts wollen die Bibelübersetzer mit der Ausarbeitung eines Neuen Testaments in jeder verbliebenen Sprache begonnen haben. Die Arbeit des Werks wird auch bei den Vereinten Nationen geschätzt. Wir sprachen darüber mit dem Direktor von Wycliff Schweiz, Herrn Marcel Gasser. Daniel Gerber: Ihre Arbeit wird auch von der UNO geschätzt. Sie sind dort sogar durch eine regierungsunabhängige Organisation, eine NGO, vertreten. Was bringt Ihre Arbeit der UNO? Haben Sie ein Beispiel? Was sagt die Regierung eines Landes, wenn Sie kommen und in einer ihrer Landessprachen die Bibel übersetzen wollen – oder gehen Sie heimlich hinein? Ganz praktisch wollen wir für die Bevölkerung eine Schriftsprache zugänglich machen und sie Lesen und Schreiben lehren. Wir wollen aber auch wertvolles Material in die einheimische Sprache übersetzen; die Bibel ist ein Teil davon. Verständlicherweise können sich die Regierungen in diesem Teil nicht engagieren. Aber sie sehen den Wert und sind einverstanden, dass wir das durchführen, einfach mit anderen Partnern. Wir machen also nichts heimlich nebenbei. Etwas ganz anderes: Wycliff wird 40jährig. Betrifft dies das internationale Werk oder Wycliff Schweiz? Viele Gegenden auf dieser Welt sind schwer zugänglich, speziell Indonesien und Papua-Neuguinea, aber auch andere Gebiete. Flugzeuge bieten da eine sehr grosse Hilfe. Was sind das für Flugzeuge? Ein Flugtag mit zwei Flugzeugtypen? Wycliff Schweiz wird 40jährig, gibt es da auch eine Übersetzung die heuer fertig wird, eine Art Jubiläumsübersetzung? Die wievielte Übersetzung von Wycliff Schweiz wird das sein? Es gibt noch kein Übersetzungsturbo Dabei wird der Rechner mit identischen Texten in zwei verschiedenen Sprachen gefüttert – so genannten Paralleltexten – die dann automatisch Wort für Wort verglichen, statistisch ausgewertet und entschlüsselt werden. Je umfangreicher der Fundus an Paralleltexten, um so genauer das Ergebnis: Riesige Textmengen von mehreren Millionen Wörtern sind keine Seltenheit. Doch hat sich das Programm eine Sprache erst einmal angeeignet, benötigt es für die Übersetzung einer DIN-A4-Seite kaum länger als eine Minute. Gemäss Spiegel lesen sich aber solche Übersetzungen noch holprig. Der Einsatz eines solchen Programms kommt für Marcel Gasser nicht in Frage: «Die Übersetzung müsste viel zu stark revidiert werden, da statistisch, also eins zu eins, übersetzt wird. Alles Bildhafte geht dabei verloren. Auf englisch heisst es zum Beispiel „It’s not our business.“ Das bedeutet auf deutsch: „Es geht uns nichts an.“ Der Computer, der nach Statistik arbeitet, übersetzt dann: „Das ist nicht unser Geschäft“ – also etwas völlig anderes. Oder die deutsche Wendung: „Ich sehe rot!“ Gemeint ist damit ja: „Ich kann mich nicht mehr unter Kontrolle halten.“ Aber dieses Programm wird übersetzen: „I see red“ – auf englisch macht das dann wenig Sinn.» Man würde also mit einem schlechten ersten Entwurf in die Revision gehen und sich so viel Zusatzarbeit aufhalsen, dass man besser ohne dieses Programm arbeitet und halt etwas länger habe bis zum Erstentwurf. Gasser: «Die Stärke dieses Programms liegt darin, dass man sich in kurzer Zeit einen groben Überblick über einen Text verschaffen kann.» Bei Wycliff selber arbeitet man mit dem Programm «Carla» (Computer assistent related language adaption). Es hilft beim Übersetzen von verwandten Sprachen. Auch wenn laut Gasser das Programm immer besser wird – «so oder so bleibt immer die Vorarbeit: die Erforschung der Sprache selber.» Lesen Sie auch den 1. Teil dieser Serie: Das Buch der Rekorde: Wycliffe Schweiz hat Geburtstag. Feiern Sie mit!
Marcel Gasser: Das ist richtig. Seit Jahren arbeiten wir auf dem Gebiet der Alphabetisierung. 1997 ist SIL International, unsere wissenschaftliche Partnerorganisation, als NGO anerkannt worden. Als Fachorganisation mit Beraterstatus. Wir haben permanent Leute, die dort vor Ort sind.
Sehr viel Fachwissen, Felderfahrung und statistisches Material in all den Sprachen, in denen wir arbeiten. Die UNO kann bei uns auf sehr viel Wissen zurückgreifen.
Ein Schweizer Mitglied wurde gebeten, in Äthiopien eine Studie durchzuführen. Sie wollten wissen, wie man das Alphabetisierungsproblem lösen könnte. Die betreffende Person hat dann mit der Regierung ein ganzes Projekt über mehrere Gebiete und Sprachen ausgearbeitet, und das diente der Regierung dann als Entscheidungsgrundlage.
Wir gehen ganz offiziell. In der Regel gehen wir zu Regierungsstellen oder Universitäten und sagen, dass wir uns auf dem Gebiet der Sprachforschung und der Alphabetisierung spezialisiert haben und dieses Wissen dem Land zur Verfügung stellen wollen.
Die Schweiz. 1964 wurde dieser Verein gegründet, während es den internationalen Teil schon seit über 70 Jahren gibt. Zu diesem Zweck organisieren wir mehrere Veranstaltungen. Der krönende Abschluss wird ein Flugtag in Colombier im Kanton Neuenburg sein, am 28. August.
Wir werden den Pilatus Porter PC 6 und den PC 12 sehen. In Indonesien, wo wir heuer bei einem Projekt mithelfen wollen, hatte man bisher andere Flugzeuge, aber die sind mittlerweise sehr alt, und Treibstoff dafür ist kaum mehr erhältlich. Dann haben die Flugingenieure mehrere Maschinen geprüft und sind zu dem Schluss gekommen, dass der Pilatus Porter das beste Flugzeug für diese Einsätze ist. Sie müssen auf kurzen Pisten landen können oder wie der PC 12 Druckkabinen haben, da sie lange Strecken übers Meer fliegen müssen.
Ja, das wird der Schwerpunkt sein. Wir stellen die Maschinen an diesem Tag in den Gesamtzusammenhang von unserer Arbeit. Sie sind ja nur Mittel zum Zweck, nämlich den Bibelübersetzern ein schnelleres Vorwärtskommen zu ermöglichen statt langen und kräfteraubenden Reisen auf Flüssen oder zu Fuss.
Tatsächlich wird in diesem Jahr im Herbst noch ein Neues Testament in einer offiziellen Feier übergeben, nämlich in Afrika, in Burkina Faso.
Es wird das 33. Neue Testament sein, bei dem Wycliff-Mitarbeiter aus der Schweiz beteiligt waren.
Geht das Bibelübersetzen künftig noch schneller? Zuerst ein Auszug aus dem «Spiegel»: Der deutsche Wissenschaftler Franz Josef Och sorgt zurzeit in den USA für Aufsehen. Der Informatiker hat ein bahnbrechendes Computerprogramm entwickelt, das Texte selbständig und in kürzester Zeit von jeder beliebigen Sprache in eine andere übersetzen kann. Neben modernster Technologie spielt die Bibel eine Hauptrolle.
www.wycliff.ch
Datum: 21.05.2004
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch