Algerier festgenommen

Mord in Lyon: Ermittler prüfen IS-Verbindungen

Hassverbrechen gegen Christen in Europa werden häufig ignoriert und die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen (Symbolbild)
Ein 27-jähriger Algerier wird verdächtigt, den irakischen Christen Ashur Sarnaya in Lyon ermordet zu haben. Sarnaya war gerade live auf TikTok, wo er über seinen christlichen Glauben sprach. Einst floh er vor dem Islamischen Staat IS.

Der algerische Staatsbürger Sabri B., der verdächtigt wird, den irakischen Christen Ashur Sarnaya (45) im September in Lyon ermordet zu haben, könnte nach Erkenntnissen der Ermittler zumindest indirekte Verbindungen zur Terrororganisation «Islamischer Staat» (IS) unterhalten haben.

Ashur Sarnaya, ein politisch verfolgter und körperlich behinderter Flüchtling, wurde am Abend des 10. September am Eingang seines Wohnhauses angegriffen, während er in seinem Rollstuhl sass und einen über fünfstündigen Livestream auf TikTok übertrug. Der Angreifer stach ihm mit einem Messer tief in den Hals und floh anschliessend zu Fuss.

Tatverdächtiger in Italien verhaftet

Der 45-jährige assyrisch-chaldäische Christ starb an seinen Verletzungen. Er war in den sozialen Netzwerken sehr aktiv gewesen und veröffentlichte regelmässig Videos über seinen christlichen Glauben.

Der mutmassliche Täter, ein 27-jähriger Algerier, wurde am 2. Oktober in Italien festgenommen und am Abend des 27. Oktober nach Frankreich überstellt. Am folgenden Tag wurde er in Paris vom Nationalen Antiterror-Staatsanwalt (PNAT) wegen «Mordes im Zusammenhang mit einer terroristischen Unternehmung» und «krimineller terroristischer Vereinigung» formell angeklagt.

Die Auswertung seines Mobiltelefons ergab, dass der Verdächtige am Tag des Mordes etwa dreissig Minuten lang den Livestream des irakischen Christen verfolgt hatte – und sich dabei in der Nähe der Wohnung von Sarnaya befand.

Mögliche Verbindung zum IS

Das Handy von Sabri B. war zwischen 21:15 Uhr und 22:50 Uhr in der Tatortzone eingeloggt und bewegte sich regelmässig. Mehrere Zeugen berichteten im selben Zeitraum von einem verdächtigen Mann, der «herumlungerte» und kurz nach der Tat weglief. Ein Anwohner gab zudem an, in den Wochen zuvor einen «maghrebinisch wirkenden Mann» mit auffälligem Verhalten bemerkt zu haben.

Laut weiteren Telefonanalysen hatte Sabri B. möglicherweise zumindest indirekten Kontakt zur Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Es konnten auch Verbindungen nach Syrien sowie – häufiger – in sein Heimatland Algerien festgestellt werden.

Der als Essenslieferant arbeitende Mann war den Sicherheitsbehörden bislang nicht bekannt. In seiner Akte fanden sich lediglich Verwarnungen im Zusammenhang mit seinem Motorroller, der am Tag und Abend des Mordes in Tatortnähe gesichtet wurde. Am Tag nach der Tat hatte Sabri B. sein Handy ausgeschaltet und Lyon mit einem Fernbus verlassen.

«Bekehrung oder Tod»

Die Schwester des Opfers erklärte gegenüber den Ermittlern, sie sei 2014 gemeinsam mit ihrem Bruder nach Frankreich geflohen, nachdem dieser im Irak von Islamisten bedroht worden war, die ihn vor die Wahl gestellt hatten: «Bekehrung oder Tod».

Ashur Sarnaya war im Internet wiederholt bedroht worden («Wenn wir dich finden, töten wir dich…»), mutmasslich von islamistischen Extremisten. Im Sommer 2025 hatte ihm zudem ein Mann persönlich zugerufen: «Wir haben dich im Blick.»

Sie tauchen auf französischem Boden auf

Erstmals äusserte sich nun David Andic, Anwalt der Familie Sarnaya und des Rates der «Assyrisch-Chaldäischen Koordination Frankreichs» (CCACF), gegenüber der französischen Nachrichtenagentur «AFP»: «Nicht nur Ashur wurde getroffen, sondern das, wofür er stand – das seit Jahrhunderten geschundene Christentum des Orients. Die Massaker, von denen man glaubte, sie seien auf die Minderheiten eines gequälten Nahen Ostens beschränkt (…) tauchen heute in erschütterndem Schweigen auf französischem Boden wieder auf.»

CCACF-Präsident Georges Yaramis kommentierte: «Wir dürfen nicht länger die Augen vor der Zunahme antichristlicher Taten verschliessen.»

«Sicherheit unerlässlich»

Das französische Hilfswerk «Œuvre d’Orient» verurteilte «mit grösster Entschlossenheit die Ermordung eines irakischen Christen in einer Situation der Verletzlichkeit».

Ashur Sarnaya stammte laut «Le Parisien» aus dem irakischen Kurdistan. Er lebte früher in Ankawa, «einer der grössten christlichen Gemeinden des Nahen Ostens», so SOS Chrétiens d’Orient, und weiter: «Ashur Sarnaya ist vor der Verfolgung des Islamischen Staates geflohen und er hat mit seiner Schwester in Lyon Zuflucht gesucht.»

Auf seinem Kanal mit dem Namen «Ashur love» wählte der Christ als Profilbild ein silbernes Kruzifix. Die Beschreibung ist schlicht: «JESUS» in Grossbuchstaben, eingerahmt von Herz-Emojis.

Kürzlich veröffentlichten 86 Senatoren im Medium «Boulevard Voltaire» einen Aufruf an die französische Regierung, um auf antichristliche Taten aufmerksam zu machen. Der Titel: «Antichristliche Taten: Die Republik muss all ihre Kinder schützen!»

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Datum: 04.11.2025
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / Info Chrétienne / Famille Chrétien / Le Parisien

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