Was «die Simpsons» glauben

Ein religiöser Blick nach Springfield

Seit 23 Jahren flimmert die Fernsehserie «Die Simpsons» mittlerweile über die Mattscheibe. Mit dem ihr eigenen Humor hat sich die Familie rund um Vater Homer eine grosse Fangemeinde erobert. Welche Rolle Religion in der Serie spielt, hat der Mainzer Kirchengeschichtler Sebastian Moll erforscht.
Sebastian Moll

Die Mainzer Theologiestudenten staunten nicht schlecht, als sie die «Simpsons» im Vorlesungsverzeichnis fanden. Der Kirchengeschichtler Sebastian Moll bot das Seminar «Die Simpsons und die Religion» an. Damit trat er dem Vorurteil entgegen, dass Forschung und Lehre an deutschen Universitäten an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbeigehen.

Die Fakten der Serie beeindrucken auch Nicht-Anhänger. Mit 508 Episoden in 23 Staffeln sind «Die Simpsons» die am längsten laufende US-amerikanische Zeichentrick-Serie zur Primetime.

Christen bei den Simpsons

«Zwei Charaktere verkörpern die religiösen Aspekte auf unterschiedliche Art und Weise. Einer ist der evangelikale Nachbar der Simpsons, Ned Flanders. Für ihn geniesst die Heilige Schrift uneingeschränkte Autorität. Aus Molls Sicht ist die Figur kein Negativcharakter, er kümmere sich um die Menschen und sei nett zu ihnen. «Ich würde lieber neben einem Ned Flanders wohnen als neben einem Homer Simpson», ergänzt Moll mit einem Augenzwinkern.

Serien-Pastor Reverend Lovejoy verkörpere dagegen einen Geistlichen, der in der Resignation verharre: «Er ist eine Art Kulturchrist. Er möchte etwas aufrecht erhalten, mit dem er in Wirklichkeit innerlich gebrochen hat.» Etliche seiner Zitate waren Bestandteil des Seminars. Etwa als Lovejoy die Kirchgängerin Marge Simpson in einer Ehekrise mit Homer beraten soll. Marge Simpson fragt ihn, ob eine mögliche Scheidung nicht Sünde sei. Lovejoy antwortet ihr, dass doch «so ziemlich alles eine Sünde» sei und zeigt auf die Bibel. «Auf dieser Grundlage konnte ich mit den Studenten die Erkenntnisse der Reformation und Luthers Schrift 'Von der Freiheit eines Christenmenschen' analysieren», sagt Moll.

Marge Simpson als moralische Instanz

Für Moll ist Marge Simpson eine Art moralische Instanz der Familie. Sie bringt sich ehrenamtlich in der Kirchengemeinde ein und «repräsentiert den christlichen Glauben am positivsten». Homer und Bart treten in einer der Folgen zum Katholizismus über. Damit werde vermittelt, dass sowieso alle Religionen gleich seien und ihre Anhänger an dasselbe glaubten, so Moll. In einer der Episoden fragt Homer Simpson, ob er seinen einzigen freien Tag am Sonntag für den Kirchgang opfern müsse. Aus Molls Sicht geht es hier um die Frage, ob der Kult notwendig zum Christsein gehört, oder ob es nicht eher auf das Alltagsleben ankomme. 

Dass Homer den Glauben seiner Frau durchaus ernst nimmt, beweise eine andere Szene. Als er sich gedanklich mit dem Weltuntergang beschäftigt, schmiegt er sich eng an seine Marge mit den Worten: «Wenn sie dich im Himmel haben wollen, müssen sie mich auch nehmen.»

Kein missionarischer Eifer

Moll leitet aus seinen Beobachtungen aber nicht ab, dass der «Simpsons»-Schöpfer Matt Groening Religion in der Serie unterbringen wollte: «Groening ist Agnostiker. Er will die gesellschaftliche Wirklichkeit in Amerika abbilden. Das Team der Zeichner und Macher ist weltanschaulich neutral und ohne jeglichen missionarischen Eifer – in keine Richtung», betont Moll. Interessant ist, dass alle Figuren der Serie an jeder Hand vier Finger haben. Die einzige Person mit fünf Fingern an jeder Hand ist Gott, der gelegentlich auftaucht.

Datum: 13.11.2012
Quelle: Christliches Medienmagazin pro

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