KI-Chatbots können Einsamkeit nicht heilen
Mark Zuckerberg hat die Vorstellung von Freundschaft vielleicht stärker geprägt als jeder andere Mensch seit Jesus. Kürzlich sorgte er mit einer gewagten Aussage für Aufsehen: «Der durchschnittliche US-Amerikaner hat weniger als drei Freunde. Doch eigentlich hätten die meisten Menschen gerne deutlich mehr – vermutlich eher 15.»
Sein Lösungsvorschlag? Künstliche Intelligenz (KI) als Ersatz – sogenannte KI-Companions, also digitale Gefährten. Doch seine Aussage war nicht bloss eine soziologische Beobachtung, sondern Teil einer grösseren Strategieoffensive: Zuckerberg will, dass KI-Chatbots zu Gesprächspartnern, Ratgebern – ja, zu Freunden werden. Die Inhalte in unseren Feeds sollen interaktiv werden, «mit uns sprechen», und uns nicht nur unterhalten, sondern auch emotional begleiten.
Wahre Freundschaft verlangt Opferbereitschaft
Im Johannesevangelium sagt Jesus zu seinen Jüngern: «Niemand hat grössere Liebe als der, der sein Leben hingibt für seine Freunde.» Und genau hier liegt das zentrale Problem mit der Vorstellung von KI-Freundschaft: Echte Freundschaft basiert auf Opferbereitschaft. Sie verlangt, dass wir die Bedürfnisse des anderen über unsere eigenen stellen – im Extremfall bis zur Selbstaufgabe. Eine KI kann das nicht. Sie hat kein Leben, das sie hingeben könnte … sondern nur Algorithmen, die auf uns reagieren.
Eine KI kann Mitgefühl simulieren, Ratschläge geben und eine gewisse Form von Begleitung bieten – aber keine echten Opfer bringen. Sie spürt weder die Last unserer Sorgen noch die Freude unserer Erfolge. Sie bleibt nicht mit uns wach in der Nacht, wenn wir verzweifelt sind, und sie kann uns nicht umarmen, wenn uns die Worte fehlen.
Differenzierter Blick lohnt sich
Wahre Freundschaft beruht auf gegenseitigem Wissen und echter Offenheit. Eine KI kann Fakten über uns kennen – oft mehr, als uns lieb ist – aber sie versteht uns nicht. Sie kennt keine Ablehnung, keine Trauer, keine ekstatische Freude. Ohne diese geteilte menschliche Erfahrung – kann das wirklich Freundschaft sein?
Dennoch lohnt sich ein differenzierter Blick. Einsamkeit ist für viele Menschen bittere Realität – und Technologie kann hier unter bestimmten Umständen Brücken bauen: für Zugezogene, die mit einer neuen Kultur ringen, für ältere Menschen mit eingeschränkter Mobilität, für Menschen in abgelegenen Regionen. In solchen Fällen kann KI Orientierung bieten oder ein Stück weit Verbindung ermöglichen.
Doch Künstliche Intelligenz als Antwort auf unser «Freundschaftsdefizit» zu präsentieren, verkennt sowohl das Wesen von Freundschaft als auch die Ursachen von Einsamkeit. Die Vereinsamung unserer Zeit ist nicht primär technologisch bedingt, sondern sozial: zunehmende Digitalisierung, fragmentierte Gemeinschaften, überfüllte Terminkalender, das Verschwinden gemeinschaftlicher Orte.
Simulation ist keine Realität
Was wir brauchen, sind keine digitalen Ersatzmenschen – sondern echte Beziehungen. Wenn wir durch dunkle Zeiten gehen, brauchen wir Menschen, die uns tragen, die uns sehen. KI mag uns Informationen liefern, gelegentlich Orientierung – aber keine Liebe, keine Empathie. Denn Simulation ist keine Realität.
KI kann eine unterstützende Rolle spielen – vor allem beim Erlernen sozialer Kompetenzen. Der Psychologe Jonathan Haidt spricht in seiner Forschung über die «ängstliche Generation» davon, dass die Kindheit der Gen Z «neu verdrahtet» wurde – Smartphones und soziale Medien haben den direkten Kontakt reduziert, soziale Unsicherheiten verstärkt.
In diesem Kontext könnten KI-Begleiter ein geschützter Raum sein, um Gespräche zu üben, Empathie zu entwickeln und den Umgang mit Emotionen zu erlernen. Für Jugendliche mit sozialen Ängsten oder für Menschen, die neu in ein kulturelles Umfeld kommen, kann KI Orientierung geben.
KI kann unterstützen, nicht ersetzen
Jonathan Haidt betont auch, wie essenziell für Kinder echtes Spielen und zwischenmenschliche Erfahrung für eine gesunde Entwicklung sind. Wer als Kind nicht mit anderen spielt – selbst im Tierreich –, entwickelt oft lebenslang gestörte soziale Fähigkeiten.
Gefährlich wird es, wenn wir anfangen, KI als einfache, saubere Alternative zu echten, manchmal chaotischen, aber tief erfüllenden Beziehungen zu betrachten. Denn wie Zuckerberg andeutete: Viele Menschen könnten die Bequemlichkeit künstlicher Gefährten der Unvorhersehbarkeit realer Beziehungen vorziehen. Doch dieser Weg führt nicht in die Nähe – sondern in noch tiefere Isolation.
Jesus lebte es vor
Jesus zeigt uns eine Freundschaft, die nicht auf Nutzen beruht. Keine Zweckgemeinschaft, kein emotionales «Abo-Modell». Sondern Freundschaft, die sich hingibt – ohne Gegenleistung zu erwarten.
Wir können uns nicht für eine KI aufopfern (und sollten das auch nicht wollen). Eine KI kann unser Opfer weder empfangen noch würdigen. Ganz gleich, wie oft wir «bitte» und «danke» sagen – Chatbots wie ChatGPT oder Gemini fühlen keinen Dank. Sie werden nie mit selbstloser Liebe antworten.
Einsamkeit ist real – aber KI ist nicht die Lösung
Freundschaft – wahre Freundschaft – ist auch einmal chaotisch, unbeholfen, manchmal anstrengend. Aber sie ist auch unsere höchste Berufung: Einander zu lieben wie uns selbst.
Ist das nicht besser, statt eine perfekte, programmierte Freundschaft einen lebendigen, atmenden, unvollkommenen Menschen, geschaffen im Ebenbild dessen, der die Liebe selbst ist?
Durch Freundschaft mit Jesus überwinden
Gerade auch die Beziehung zu Jesus als Freund schenkt Trost und tiefe Verbundenheit. In der Bibel nennt Jesus seine Jünger nicht mehr Diener, sondern Freunde (Johannes-Evangelium Kapitel 15, Vers 15). Diese Freundschaft ist geprägt von bedingungsloser Liebe, Zuhören, Gnade und einem stetigen Beistand.
Er ist das pure Gegenteil eines Chatbots. Wer sich Jesus anvertraut, entdeckt, dass er nie wirklich allein ist – denn da ist jemand, der uns kennt, liebt und unser Herz versteht, auch in den stillsten Momenten.
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Zum Thema:
Prof. Dr. Thilo Stadelmann: Künstliche Intelligenz – warum so viel Angst?
Dave Wöhrle und Matthias Kuhn: Freundschaft mit dem König aller Könige
«Ich kann nicht allein sein»: Der Einsamkeit den Kampf ansagen
Datum: 20.05.2025
Autor:
James Poulter / Daniel Gerber
Quelle:
Premier Christianity / gekürzte, ergänzte Übersetzung: Livenet