RTL sucht Kontakt zu Toten
«Menschen, die gerade um einen lieben Verwandten, Freund oder Kollegen trauern und sich mit der Endgültigkeit des Todes nicht abfinden können, sind auf der Suche nach Antworten, die ihnen die geliebte Person nicht mehr geben konnte», so begründet RTL, weshalb so ein Thema ausgestrahlt wird. Kim-Anne Jannes soll angeblich die Frau sein, die diese Antworten kennt. Ihr Beruf: Medium. Sie kann – nach eigenen Aussagen – mit dem Jenseits kommunizieren.
Sendetermin stösst auch sauer auf
Der Medienbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Markus Bräuer, hat die geplante RTL-Sendung scharf kritisiert. Insbesondere der Sendetermin am 31. Oktober, dem Reformationstag, findet er deplaziert: «Ich sehe im Termin der Sendung ein mangelndes Bewusstsein für die Bedeutung des Reformationstags», sagte Bräuer.
In einer Stellungnahme äusserte sich RTL folgendermassen: «Wir halten an dem Sendedatum fest, das rein programmplanerische Gründe und nichts mit dem Reformationstag zu tun hat. Das Medium, Kim Anne Jannes, hilft Menschen bei der Trauerbewältigung. Welchen Weg Trauernde dabei gehen, sollte ihnen überlassen sein. Jeder Mensch hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit - auf die Wahrheit hat niemand einen Alleinstellungsanspruch.»
«Spiritusmus pur»
Der Geschäftsführer des Christlichen Medienverbundes KEP (Konferenz Evangelikaler Publizisten), Wolfgang Baake (Wetzlar), bezeichnete die Sendung als «Spiritusmus pur». Es könne und dürfe nicht sein, «dass RTL so etwas wie eine öffentlich praktizierte Totenbefragung propagiert».
Der Hamburger Fernsehkritiker Holger Kreymeier sprach von «purer Volksverdummung». Sollten die Quoten stimmen, will RTL weitere Folgen der «Emotainment-Doku» ausstrahlen.
Zwischen Betrug und okkult
Spiritismus ist der Versuch, mit dem «Jenseits» oder einer «Geisterwelt» in Kontakt zu treten. Der neuzeitliche Spiritismus wurde im letzten Jahrhundert populär, als um 1848 in den USA die Schwestern Kate und Margaret Fox behaupteten, mit Geistern zu kommunizieren, die Fragen mit Klopfzeichen beantworteten.
Obwohl die Schwestern später zeigten, wie sie selbst diese Klopfzeichen mit ihren Zehenknöcheln bewusst erzeugt hatten, wurden spiritistische Sitzungen zu einem Massenphänomen und erfreuen sich noch heute grosser Beliebtheit.
In einer klassischen Sitzung versucht ein besonders «begabter» Mensch, ein Medium, in Trance direkt mit der Geisterwelt Kontakt aufzunehmen. Es scheint dann so, als spräche durch das Medium ein Geist, der die anderen Teilnehmer der Sitzung (Seance) erstaunlich genau zu kennen scheint, so als handele es sich um den Geist eines verstorbenen Angehörigen.
Nicht harmlos
Okkulte Praktiken sind teilweise mit grossen Gefahren für die Beteiligten verbunden. Der suggestiven und überzeugenden Atmosphäre einer solchen Sitzung können sich viele Menschen nicht entziehen. Gerade Personen, die «nicht an Übersinnliches glauben» oder «erst mal offen» sein wollen, sind dann nicht selten besonders erschüttert von den Vorkomnissen. Keinesfalls dürfen okkulte Praktiken als eine «harmlose Spielerei» angesehen werden.
Zum Thema:
Der Spiritismus aus der Sicht der Seelsorge
Das neue Interesse an «Jenseitskontakten»
Mit Toten reden?
Datum: 29.09.2010
Quelle: Livenet.ch