Streit um die Geburtskirche Jesu beigelegt

Bethlehemer Geburtskirche als Streitobjekt.

Der Streit um die Schlüsselgewalt zur Bethlehemer Geburtskirche scheint beendet. In einer feierlichen Zeremonie wurde jetzt das uralte Türschloss der ebenso uralten Eisenpforte am nur rund einen Meter hohen Haupteingang der Basilika wieder eingesetzt.

Was wie eine Selbstverständlichkeit wirken mag, ist im komplizierten Mit- und Gegeneinander der Christen im Heiligen Land aber eine Sensation: Denn nach jahrelangem Streit passen nun wieder die alten Schlüssel, welche die verschiedenen Kirchen seit Jahrhunderten besitzen. Dass die Tür nur tief gebückt durchquert werden kann, sie zudem laut allgemein anerkannten Statuten nur von den Griechisch-Orthodoxen geöffnet werden darf, ist dabei zweitrangig.

Bei der Zeremonie waren der lateinische und der armenische Patriarch zugegen. Leiter der Festzeremonie war der seit Monaten gewählte, aber von Israel noch nicht anerkannte griechische Patriarch Theophilos. Die anwesenden Vertreter der palästinensischen Autonomiebehörde lobten sich nachher selbst für ihre Vermittlungstätigkeit.

Anlass zu Streitigkeiten

Das besagte Schloss hat grosse historische Bedeutung und war immer wieder Anlass für Streitigkeiten. Im August 2002, kurz nachdem die Belagerung der festungsartigen Kirche durch die israelische Armee aufgehoben worden war, als die darin verschanzten palästinensischen Aktivisten und Kämpfer ins Ausland gebracht worden waren, hatten die orthodoxen Griechen das alte Schloss ausgebaut und durch ein neues ersetzt. Damit wollten sie erreichen, dass die anderen in der Geburtsbasilika vertretenen Kirchen, also Lateiner und Armenier, dieses Tor nicht öffnen könnten. Denn die Schlüssel zum neuen Tor gaben sie nicht heraus.

Die Idee zum unfreundlichen Akt kam offenbar vom damaligen griechischen Patriarchen Irinaios, der sich in der Grabeskirche aus nichtigen Anlässen regelrechte Prügeleien mit Franziskanerpatern lieferte, bei denen die Polizei wiederholt eingreifen musste.

Recht allein der Griechen

Dabei ist die Schlüsselfrage für eine der ältesten Kirchen der Christenheit eigentlich seit langem vertraglich geregelt: Denn im 1929 unter den Briten schriftlich festgehaltenen "Status quo" für die Heiligen Stätten im Heilige Land, wie ihn der osmanische Sultan von Istanbul schon hundert Jahre zuvor verhängt hatte, wird auch das betreffende Schloss erwähnt: Allein die Griechen haben demnach das Recht - aber auch die Pflicht - das Tor am frühen Morgen "nach dem Gebet und Glockengeläut der Lateiner" zu öffnen und eine Stunde nach Sonnenuntergang wieder zu schliessen.

Zusätzliche Öffnungszeiten sind an katholischen oder armenischen Feiertagen verzeichnet, zumal alle drei christlichen Kirchen unterschiedliche Kalender verwenden und deshalb Weihnachten, Ostern und andere Feste an verschiedenen Tagen begehen.

Auf Anfrage bei den Franziskaner in Jerusalem, sagte deren Sekretär, dass in der Tat bis heute nur die Griechen das Recht hätten, den Schlüssel zu dem Tor auch zu benutzen. "Aber die anderen Kirchen besitzen alle eine Kopie des Schlüssels und auf diesem Recht haben wir bestanden." Auf die Frage, wozu denn ein Schlüssel gut sei, der nicht benutzt werden dürfe, lautete die lakonische Antwort: "Nur für Notfälle."

Da es aber noch andere normale Tore zu der Basilika gibt, während ausgerechnet der Haupteingang nur mühsam, tief gebückt oder auf den Knien rutschend, passiert werden kann, klingt das Notfall-Argument nicht besonders glaubwürdig. Doch wenn die anderen Kirchen erst einmal ein Anrecht gewonnen haben, und sei es nur auf einen Schlüssel, den sie gar nicht benutzen dürfen, streiten die Christen untereinander so lange, bis der "Status quo" wieder hergestellt ist.

Autor: Ulrich W. Sahm

Datum: 12.09.2006
Quelle: Kipa

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