Israel: Antike Kirche unter Gefängnis entdeckt
Die Archäologen sowie rund 60 Häftlinge des Gefängnisses von Megiddo, etwa 40 km südöstlich von Haifa, gruben einen Mosaikboden mit mehreren griechischen Inschriften sowie ein kreisförmiges Symbol mit Fischen aus.
Eine Inschrift handelt von einem Tisch. Eine Expertin der Hebräischen Universität vermutet, dass damals Tische und nicht Altäre zur Feier des Abendmahles benutzt wurden. Zudem ist ein römischer Offizier erwähnt, der Geld für den Bau des Gotteshauses spendete.
«Einzigartiger Fund»
Israelische Wissenschaftler nannten den Fund «extrem selten» und «sensationell». Der Vatikan-Botschafter in Israel, Erzbischof Pietro Sambi, sprach im israelischen Fernsehen von einem «einzigartigen Fund». Leah Di Segni von der Hebräischen Universität sagte der Zeitung, sie gehe davon aus, dass die Mosaike aus dem ausgehenden dritten oder frühen vierten Jahrhundert stammten.
Chef-Ausgräber Jotham Tefer von der Antikenbehörde bestätigte im Fernsehen, Stil, Inhalt und Wortwahl der Inschriften sprächen für diese Datierung.
Bis 313 war das Christentum im Römischen Reich verboten; Kulthandlungen fanden heimlich in Katakomben oder Privathäusern statt. Die frühesten bislang gefundenen Kirchen im Heiligen Land, etwa die Jerusalemer Grabeskirche oder die Geburtskirche in Bethlehem, datieren etwa um 330.
Für eine exakte Datierung sind nach den Worten Di Segnis weitere Ausgrabungen unterhalb des nun gefundenen Bodenniveaus nötig. Zudem müssten die Mosaikinschriften mit ähnlichen Stücken aus Antiochien oder Rom verglichen werden.
Laut «Jerusalem Post» verweist eine der Inschriften auf den «Herrn Jesus Christus», eine weitere auf einen Spender. Ein drittes Mosaik zeige vier griechische Frauen. Die Grabung war wegen eines geplanten Ausbaus der Haftanstalt nötig geworden.
Megiddo – bedeutende Festung
Megiddo ist strategisch an der Kreuzung von antiken Heerstrassen gelegen. Bei der Stadt verlor der für seine umfassende religiöse Reform bekannte König Josia im Jahr 609 das Leben, als er gegen das ägyptische Heer antrat. Das Wort Harmaggedon, das den Ort der Endzeitschlacht bezeichnet, bedeutet «Berg von Megiddo».
Seit langem ausgegraben sind grosse Festungsanlagen aus vorchristlicher Zeit. 60 Gefangene führten die neusten Ausgrabungen durch und stiessen vor zwei Monaten auf die Überreste. Die Israelis wollten da einen neuen Gefängnistrakt bauen. Nun wird ein Neubau anderswo erwogen – christliche Touristen sind wichtig für Israel.
Quelle: Kipa, NZZ
Datum: 08.11.2005