Satanismus: Kriminalbeamte verlangen Meldestelle

Wolfgang Bauch

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) hat erneut eine bundesweite Meldestelle für Satanismusfälle verlangt. In Deutschland gebe es kein polizeiliches Lagebild für solche Straftaten, beklagte der stellvertretende BDK-Vorsitzende Wolfgang Bauch am Donnerstag in Trier.

Die Polizei habe erhebliche Informationsdefizite. Zudem fehle ermittelnden Beamten häufig Grundlagenwissen, um einen möglichen satanistischen Hintergrund von Straftaten zu erkennen.

„Problem wird nur stiefmütterlich behandelt“

Nach Bauchs Worten behandelt die Politik das Phänomen Satanismus nur stiefmütterlich. Dabei habe schon 1998 die Bundestagsenquete-Kommission "So genannte Sekten und Psychogruppen" das Fehlen eines bundeseinheitlichen Lagebildes kritisiert. Zwar stelle Satanismus an sich kein Straftatbestand dar, aber Delikte wie Störungen der Totenruhe, Sachbeschädigung, Einbruch in Kirchen, Körperverletzungen, Brandstiftung, Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz, Verletzung des Tierschutzgesetzes, Nötigung, Kindesmissbrauch, Sexualstraftaten oder Tötungen stünden damit im Zusammenhang. Diesen würden Polizeibeamte aber oft nicht erkennen, weil Sekten und Psychogruppen in deren Ausbildung keine Rolle spielten. Zudem hätten nur wenige Bundesländer dafür Experten. Oft blieben nur die kirchlichen Sektenbeauftragten als Ansprechpartner.

Forschung statt Sensation

Bauch bemängelte weiter, dass es keine übergreifenden seriösen Forschungsprojekte über Satanismus gebe. Diese könnten auch dazu beitragen, das von Medien häufig als Sensation aufgebauschte Thema zu versachlichen. Der BDK-Vize warnte davor, die gesamte schwarze Szene und sämtliche okkultistischen Praktiken zu kriminalisieren. Oft handele es sich dabei um an sich harmlosen Protest Jugendlicher gegenüber Erwachsenen. Aber es gebe auch einen Bodensatz an Leuten, die ein Gefahrenpotenzial darstellten.

Der Journalist und Okkultismusexperte Rainer Fromm zeigte sich verwundert, dass Verletzungen des Jugendschutzes in Hunderten von satanistischen Büchern nicht geahndet würden. So werde in Publikationen Menschenopfer propagiert, Verletzungs- und Tötungspraktiken beschrieben oder Kinder als vollkommene Wesen für kultische Opfer dargestellt. Laut Fromm ist in den letzten drei Jahren eine Verquickung von Satanismus und Rechtsextremismus zu beobachten. In diesem von Frankreich ausgegangenen "Ideologie-Mix" komme es zu dem doppelten Tabubruch Christenhass und Rechtsextremismus. Dieses Phänomen verdiene viel mehr Aufmerksamkeit vom Verfassungsschutz.

Fromm bezifferte die Zahl organisierter Satanisten in Deutschland auf maximal 2.000; zudem gebe es etwa 6.000 bis 8.000 Jugendliche, die mit der satanistischen Subkultur sympathisiere. Von Gruppen, die Vergewaltigungen, Opferungen oder sexuellen Kindesmissbrauch propagierten, seien "friedliche" Satanisten zu unterscheiden, für die der Teufel lediglich ein Symbol der Freiheit von gesellschaftlichen Normen sei.

Datum: 29.03.2004
Quelle: Kipa

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