Nach dem ersten Kino-Wochenende hat sich der Verleiher des Films "Die Passion Christi" sehr zufrieden über den Start des Streifens gezeigt. Karin Dietrich von der Züricher Elite-Film AG sagte, der Film liege bereits auf Platz 2 der Filmhitparade. Genaue Besucherzahlen wollte Dietrich jedoch nicht nennen. Dietrich sagte weiter, Elite-Film rechne damit, dass sich der Film in den kommenden Tagen und Wochen weiter steigern werde. Denn obschon in der Deutschschweiz bereits 50 Filmkopien im Umlauf seien, sei der Film wegen der kurzfristigen Aufnahme ins Programm noch nicht überall voll gestartet. Ausserdem lägen Ticketbestellungen von zahlreichen Gruppen vor. Über die grösstenteils kritische Berichterstattung in den Medien seit dem Start des Films zeigte sich Dietrich wenig erfreut. Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) und der Infodienst der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) bezeichnen den Film "The Passion of the Christ" als ein entbehrliches Werk, das nicht zu hoch gewertet werden sollte. Historisch ist das Werk unzuverlässig und in weiten Teilen problematisch. Eine pauschale Abwertung sei jedoch nicht angezeigt. Die Gestalt Jesu werde jedoch verkürzt dargestellt. Mel Gibsons Film, sei ein Werk, das bald in Vergessenheit geraten dürfte - dann, wenn der (mediale) Hype vorbei sei. Eine positive Wirkung könne sein, dass der Film die Menschen animiere, sich wieder einmal mit den Urtexten der Bibel auseinander zu setzen. Gegen eine Verfilmung von biblischen Stoffen sei grundsätzlich nichts einzuwenden. Die Bibel sei Teil der Weltliteratur. Das Alte und das Neue Testament würden vielfach als Quelle für Verfilmungen gebraucht. Mel Gibsons "The Passion of the Christ" stehe in einer Tradition. Ein Film könne, auch wenn er auf historischen Recherchen beruhe und sich eng an die literarische Vorlage der Passionsberichte halte, indessen nicht den Anspruch erheben, historisch authentisch zu sein. Die unterschiedlichen Passionsberichte der vier Evangelien selber "erheben auch nicht den Anspruch, darzustellen, wie es war", heisst es in der Mitteilung. Sie enthielten theologische Deutungen und Akzentuierungen und dürften nicht als Zusammenstellung von Fakten gelesen werden. "The Passion of the Christ" sei die Verfilmung biblischer Literatur, und als solche ein Gemisch von Interpretationen, Fantasie, Ausschmückung, Vergröberung, Auswahl und Akzentuierungen, bearbeitet mit den modernsten technischen Mitteln des 21. Jahrhunderts. Insofern könne auch Gibson nicht den Anspruch erheben, historisch authentisch zu sein. Theologisch sei der Film daran zu messen, ob es ihm gelinge, die theologischen Hintergründe und dadurch den Sinn der Selbsthingabe Jesu in den Tod aufzuzeigen. "Christus ist für uns in den Tod gegangen" sei der Kern der neutestamentlichen Interpretation des Leidens und Sterbens Jesu Christi. Ob "entkirchlichte", "entchristlichte" und säkularisierte Menschen diese Botschaft verstehen können, sei mehr als fraglich, schreiben die Kirchen. Theologisch problematisch sei die Verkürzung des Christusbildes auf den leidenden Christus. Die Passion sei nicht das einzige Profil, das die vier Evangelien von Jesus zeigen: "Jesus ist auch ein grosser Lehrer und Tora-Interpret, seine Botschaft enthält starke politische und soziale Impulse, und im Übrigen zeigt er einen Gott der Liebe und der Vergebung. Es stellt sich die Frage, wem mit einem derart verkürzten Christusbild, wie es im Film dargestellt wird, gedient ist." Der Film führe mit drastischen Mitteln vor Augen, "dass die Kreuzigung eine bestialische Form der Tötung war". Das Positive daran: Es werde ins Bewusstsein gerückt, dass das Kreuz nicht zuerst ein (womöglich beliebiges) Symbol sei, dessen Herkunft man nicht kenne und auch nicht zu kennen brauche, und schon gar nicht ein Schmuckstück, sondern ein Folter- und Tötungsinstrument. Die Kirchen: "Diese Aufklärung tut gut. Ob die ausführlichen und ins Zentrum gerückten Gewaltszenen wirklich nötig seien, sei eine andere Frage. Das Leiden Christi wurde zu allen Zeiten mit den Mitteln dargestellt, die verfügbar waren, ob in der bildenden Kunst oder in szenischen Aufführungen. Der geschundene und blutüberströmte Christus mit der Dornenkrone aus dem Mittelalter wirke lediglich auf "moderne" Menschen nicht brutal, weil deren Reizschwelle beträchtlich höher sei. Problematisch an den Gewaltszenen sei, dass durch die Übertragung vom Medium Literatur in das Medium Film mit seinen Eigengesetzlichkeiten eine Vergröberung stattfinde. Die Passionsberichte beschrieben Folter, Gewalt und Leiden mit Worten, und auch das sehr zurückhaltend. Sie überliessen alle konkrete Vorstellung der Fantasieleistung des Hörers oder der Leserin. Sie erlaubten aber auch die Verweigerung einer konkreten Vorstellung. Durch die anschauliche Darstellung im Film werde das in den Texten Angelegte verdichtet, verbindlich konkretisiert und in einer Weise zugespitzt, die keine Alternativen zulasse. Theologisch müsse gefragt werden: Muss ein Mensch, der sich der Passionsgeschichte Christi stellen will, zwingend Gibsons Umsetzung in realistische, dank modernsten technischen Mitteln so echt als nur möglich wirkende Gewaltszenen akzeptieren? Wäre dasselbe Ziel, eine aktive Auseinandersetzung mit Leiden und Sterben Christi, nicht auch - vielleicht besser - mit weniger Gewalt zu erreichen? Eine theologische Legitimation, Grausames realistisch darzustellen, gebe es nicht. Antisemitismus sei dann gegeben, wenn rassistische Stereotypen, die sich in der Geschichte als wirksam und gefährlich erweisen haben, aufgenommen und reproduziert werden. Auch das blosse Zitieren der Bibel könne antisemitisch sein. Von ebendieser Gefahr sei auch der Film nicht frei. Es gebe Dinge, die nach der Stoa nicht mehr gesagt werden dürfen, ohne dass sie gleichzeitig kommentiert, historisch eingeordnet und relativiert werden. Das Argument, es würden in "The Passion of the Christ" nur Bibeltexte verwendet, schütze nicht vor dem Antisemitismus-Vorwurf. Das vulgäre "Christusmörder-Klischee" - die Juden sind für den Tod Jesu verantwortlich - sei bis heute nicht verschwunden. Alles, was heute die kollektive Schuldzuweisung an die Juden stütze, sei unter allen Umständen zu unterlassen; auch wenn es im Zitieren von Bibelversen bestehe. Selbst wenn das Neue Testament als frei von Antisemitismus bezeichnet werde - was von der Definition und der Beurteilung der historischen Konstellation abhängt -, lasse sich nicht leugnen, dass in ihrer Rezeptions- und Auslegungsgeschichte über Jahrhunderte hinweg Grausames mit den biblischen Texten legitimiert und gefördert werden konnte. Es sei die theologische Verantwortung der Kirche, solchem entschieden entgegenzutreten und es zu verhindern. Entsprechendes muss für Regisseur Gibson gelten, wenn er sich mit biblischen Texten befasst. Eine blosse verbale Distanzierung genügt nicht, wenn der Film selber nicht eindeutig genug spricht. Der umstrittene Mel-Gibson-Film "The Passion of the Christ" wird in Israel bislang nicht gezeigt. Es habe sich noch kein Verleiher gefunden, berichteten israelische Zeitungen am Wochenende. Gleichzeitig warnte die Tageszeitung "Haaretz" vor einem Wiederaufflammen des Antisemitismus durch den Film. Der Streifen wiederbelebe, was 20 Jahrhunderte lang "die einzige und schlimmste Anklage" gegen das jüdische Volk gewesen sei, "dass sie Christus getötet haben", so das Blatt. Wenn der Film auch in Israel und Palästina gezeigt werde, könnte er "die Flammen palästinensischer Wut gegen Israelis entfachen", betonte "Haaretz". Auf den Strassen von Dschiddah in Saudi-Arabien sind Raubkopien von Mel Gibsons umstrittenem Jesusfilm "The Passion of the Christ" aus Fernost der Verkaufsschlager. Das berichtete die englischsprachige arabische Zeitung "Arab News" in ihrer Online-Ausgabe. Gibsons Produktionsfirma Icon habe die Hersteller der Raubkopien in Hollywood verklagt, berichtet "Arab News" weiter. In Saudi-Arabien seien US-Filme oft früher erhältlich als in den USA selbst. In Saudi-Arabien habe sich die Copyright-Lage etwas verbessert, nachdem im Januar 2003 landesweit DVD-Raubkopien von Computerprogrammen und Filmen im Wert von umgerechnet knapp 12 Millionen Franken beschlagnahmt worden seien. Zum Start von Mel Gibsons umstrittenem Kinofilm "Die Passion Christi" in Deutschland, Österreich und der Deutschschweiz hat die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) dazu aufgerufen, die aramäische Sprache zu retten. Der Film rufe die Sprache Jesu wieder in Erinnerung, die vom Untergang bedroht sei. Die Sprache werde von aramäischen Christen in der Türkei gesprochen, wo es aber verboten sei, Aramäisch zu lehren, erläuterte die IGFM am Mittwoch in Frankfurt. Mit einer Unterschriftenaktion will die Organisation für die Anerkennung des Aramäischunterrichtes und des Minderheitenstatus der aramäischen Christen in der Türkei eintreten. Sie forderte die Türkei auf, eine Anerkennung des Aramäischen als "immaterielles UNESCO-Weltkulturerbe" zu beantragen. In Mel Gibsons Jesus-Film versuche ein Künstler, das Leiden, das sonst meist verdeckt wird, "exzessiv auszumalen": Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner attestiert dem umstrittenen Streifen über die letzten zwölf Stunden im Leben Jesu eine tiefere Ebene jenseits der "in unglaublicher Aufdringlichkeit gezeigten" Gewalt. Es werde in Szene gesetzt, wozu der Mensch fähig ist, es werde aber auch gezeigt, was an Gewalttaten unbeobachtet stattfinde, unterstreicht Zulehner. Die Gegenwartskultur drücke sich um die Wahrnehmung versteckten Leidens. Er habe seinen Studenten jedenfalls empfohlen, sich den Film, dem er "emotionellen Tiefgang" zugesteht, "mit Kopf und Verstand anzuschauen". Gibson mache deutlich, dass es sich um "Männergewalt" handle, während die Frauen zu den Mitleidenden gehörten, betonte der Theologieprofessor. Wo in den Szenen das Leid den Höhepunkt habe, blende Gibson die Bergpredigt und das Abendmahl als "Kontrastgeschichten" ein: "Dieser Mann aus Nazareth macht plötzlich eine andere Form von Menschlichkeit sichtbar, die nicht in diese fürchterliche Leidensproduktion abdriftet. Dann könnte es sein, dass aus der Passion eine Compassion wird, aus dem Leiden ein Mitleiden". Zulehner zur Frage, ob der Gibson-Film die wichtigen Elemente der christlichen Botschaft gut wiedergibt: "Ja. Aber er hält sich nicht streng an den biblischen Stoff. Der Film hält einer Exegese nicht stand und will das wahrscheinlich gar nicht". Als rassistisch oder antisemitisch empfinde er den Streifen nicht, sagte der Wiener Theologe. Der Film zeige Gewalt mit dem Ziel, dass diese "im Leiden dieses Einen versandet". In einem Kommentar bezeichnete es Zulehner als "ungerecht, wenn man den Film Gibsons zu schnell auf den theologischen Prüfstand stellt". Es werde rasch klar, dass das Thema "nicht in erster Linie die Leidensgeschichte Jesu ist". Das Grundthema dieses filmischen Epos sei vielmehr "jenes unvorstellbare Ausmass von Gewalt, dessen Menschen fähig sind". Beim Ansehen des Gibson-Films seien ihm andere Beispiele menschenmöglicher Gewalt in den Sinn gekommen - die durch den belgischen Kinderschänder und -mörder Dutroux verursachten etwa oder die Bilder von den Madrider Attentaten. "Könnte es also sein, dass sich die oberflächliche Diskussion des Filmes nur allzu gern auf Themen stürzt, die bequemer sind, als dieses unausdenkliche und doch reale Meer von Brutalität und Blutrünstigkeit nicht nur für möglich zu halten, sondern ihm 'ins Auge schauen' zu müssen?", so Zulehners Frage. Wenn das der Fall sei, dann würden sich die Fragen, ob der Film denn exegetisch sauber sei, der christlichen Verkündigung diene oder ob er antisemitisch sei, erübrigen. Es gehe im Film "vielleicht gar nicht um die Frage, wer in der Geschichte brutale blutrünstige Gewalt verursacht hat und wer nicht". Vielmehr werde deutlich, dass es keine "Unbeteiligten" gebe, "nicht die religiösen Behörden, nicht die Henker der Besatzung, nicht die Politiker wie der liberale Pilatus, der aus opportunistischer Angst wegschaut und mit in Unschuld gewaschenen Händen mitschuldig wird - und vielleicht ich selbst nicht". Würde der Film zu solchem Fragen führen, dann könnte er den "unglaublichen Leiden in der Welt unserer Tage Sichtbarkeit verleihen. Das allein würde uns in die Lage versetzen, künftig solche Leiden mit Leidenschaft zu verhindern". Dann aber wäre die Regie-Arbeit Gibsons "theologischer als man auf den ersten Blick meinen könnte", meinte Zulehner. Zu dem Film "Die Passion Christi" von Mel Gibson haben der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, der Vorsitzende des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, und der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht. Die Erklärung im Wortlaut: "Wie kein anderer Bibelfilm zuvor hat dieser Film schon im Vorfeld erhebliche Kontroversen unter Vertretern verschiedener Religionen, Theologen und Filmexperten hervorgerufen. Ebenso extrem sind die Reaktionen der Besucher: Einige sind tief beeindruckt und fühlen sich angeregt, über die Passion Christi intensiver nachzudenken. Andere sind durch die brutalen Bilder, vor allem der Geisselung und Kreuzigung, schockiert und empfinden den Film als belastend. Das Ausmass der brutalen Szenen der Gewalt empfinden wir als überaus verstörend. Die rohen, lauten Szenen der Geisselung, des Kreuztragens und der Kreuzigung selbst muten den Kinobesuchern viel zu und überschreiten für viele die Grenze des Erträglichen. Wenn die ständigen Gewaltdarstellungen der Medien immer weiter überboten werden sollen, endet dies in einer fast unaufhaltsamen Spirale der Grausamkeit. Mit dieser drastischen Darstellung verkürzt der Film die Botschaft der Bibel auf problematische Weise. Der Film birgt die Gefahr in sich, das Leben Jesu auf die letzten zwölf Stunden zu reduzieren. Wie die bisherige Diskussion gezeigt hat, liegt ein weiteres Problem des Films in der Darstellung der damals beteiligten Juden. Unabhängig davon, ob der Film von seiner Intention her antisemitisch ist, besteht die Gefahr, dass der Film im Sinne antisemitischer Propaganda instrumentalisiert werden kann. Zwar enthält der Film durchaus Ansätze zu Differenzierungen in der Darstellung der jüdischen Figuren, insgesamt erweckt er jedoch den Eindruck einer negativen Überzeichnung zum Beispiel des Hohen Rates und breiter Schichten des jüdischen Volkes. Die Darstellung des Films birgt die Gefahr, dass antisemitische Vorurteile wiederaufleben. Dies ist besonders brisant angesichts einer Situation in Europa, in der ein Erstarken antisemitischer Tendenzen erkennbar ist. Dieser Menschensohn wird bis aufs Blut geschunden, geschlagen und gemartert: Mel Gibsons Film "The Passion of the Christ" schreckt in der Darstellung drastischer Gewalt vor kaum etwas zurück, um die letzten zwölf Stunden der Passion Christi zu zeigen. Mel Gibsons "The Passion of the Christ" eilt seit dem Kinostart am 25. Februar in den USA der Ruf voraus, ein Kassenschlager zu sein, wie es ihn noch kaum je gegeben hat. Dort spielte der Film in den ersten drei Wochen umgerechnet 310 Millionen Franken ein. Das ist bereits ein Mehrfaches der Produktionskosten von umgerechnet knapp 32 Millionen Franken, für die Gibson selber aufgekommen ist. Denn keine US-Produktionsfirma wollte sich nach Einsicht in das Drehbuch die Finger an einem Werk verbrennen, das die Römer Latein und die Juden Aramäisch reden lässt - und im Ruch steht, "christlichen Fundamentalismus" zu verbreiten. Ob der kontrovers aufgenommene Film, der bereits für erhebliches publizistisches Getöse gesorgt hat, auch die Schweizer Kinokassen füllen wird, lässt sich derzeit noch kaum vorhersagen. K Rund um "The Passion of the Christ" hat sich auch hierzulande eine Kontroverse in den Medien entfaltet, die im Wesentlichen um drei Fragen kreist. Die erste: Trägt der Film antisemitische Züge? Die zweite: Hat Gibson einen theologisch und bibelwissenschaftlich korrekten Film gemacht? Die dritte: Darf man dem Kinozuschauer so viel Blut zeigen? Die erste Frage ist in meinen Augen rasch beantwortet: Gibsons Film suggeriert nichts von einer Kollektivschuld des jüdischen Volkes am Leiden Christi. Wer behauptet, dass er die Gefahr in sich berge, antisemitische Vorurteile wiederaufleben zu lassen, übersieht geflissentlich, dass eine der anrührendsten Figuren von "The Passion of the Christ" der anfänglich unbeteiligte Jude Simon von Kyrene ist, der von den römischen Soldaten als Jude beschimpft und gezwungen wird, mit dem Juden Jesus das Kreuz zu tragen - mit manchmal ineinander verschlungenen Armen bis hinauf an die Stätte des Todes. Hat Gibson einen theologisch "korrekten" Film gemacht? Sicher ist: Er macht aus seinen Glaubensüberzeugungen keinen Hehl. Spätestens seit den Dreharbeiten für "Die Passion Christi" wissen wir, dass er in den USA einer katholischen Gruppierung traditionalistischer Ausrichtung angehört, die dem Zweiten Vatikanischen Konzil nichts Gutes abgewinnen kann. Gibsons Film ist zuallererst ein - persönliches und gewiss partielles - Glaubensbekenntnis: Der Menschensohn hat sich im Vertrauen auf Gott zum Opfer für die Menschheit dargebracht - als Mensch aus Fleisch und Blut. Doch dieses Bekenntnis zu einer Glaubensvertiefung in das Leid führt paradoxerweise geradewegs ins Missverständnis. "The Passion of the Christ" gibt zwar nirgends vor, historische Sachverhalte gemäss aktuellsten bibelwissenschaftlichen Thesen zu vermitteln. Doch von vielen Zuschauern wird der Film gerade danach gemessen. Das aber kann nur schlecht ausgehen. Gibsons Glaubensbekenntnis hat nichts Sektiererisches, sondern beinhaltet eine Kernbotschaft des Christentums: Gott hat für die Menschen seinen Sohn hingegeben. Kann man sich als Zuschauer darauf einlassen, so muss man gewiss auch dies zugestehen: Die letzten zwölf Stunden des Menschensohnes waren ein blutiger Leidensweg, und diese Tortur kann mit den drastischen Mitteln des heutigen (Hollywood-)Kinos dargestellt werden. Wozu derart blutig? Hinschauen, wo Gewalt ausgeübt wird und damit dem Leiden Sichtbarkeit verleihen - man kann mit dem österreichischen Pastoraltheologen Paul Zulehner der Ansicht sein, dass bei der Kontroverse um Gibsons Film gerade dies ausgeklammert wird. Zulehner: "Könnte es also sein, dass sich die oberflächliche Diskussion des Filmes nur allzu gern auf Themen stürzt, die bequemer sind, als dieses unausdenkliche und doch reale Meer von Brutalität und Blutrünstigkeit nicht nur für möglich zu halten, sondern ihm 'ins Auge schauen' zu müssen?" Grundthema des Filmes wäre dann tatsächlich dies: Die Menschen sind in einem unvorstellbaren Ausmass zu Gewalt fähig. Das war damals, vor 2004 Jahren in Jerusalem, nicht anders als heute in Kosovo, Bagdad oder Madrid.Erfolgreicher Schweizer Start für "Die Passion Christi"
Schweizer Kirchen zu "The Passion of the Christ": Ein entbehrliches Werk
Verkürztes Christusbild
Wie viel Gewalt?
Antisemitismus
Noch kein Verleiher für "The Passion" in Israel
Mel-Gibson-Raubkopien Verkaufsschlager in Saudi-Arabien
Aramäische Sprache retten
"Gewalt in Gibson-Film führt zu tieferen Fragen"
Die Gewalt ist das eigentliche Thema
Religionsführer der deutschen Christen und Juden kritisieren Gibson-Film
Wir warnen gemeinsam nachdrücklich vor jeder Instrumentalisierung des Films und des Leidens Jesu im Sinne antisemitischer Propaganda. Die christlichen Kirchen haben ausdrücklich erklärt, dass der Antijudaismus zur christlichen Schuldgeschichte gehört. Sie weisen die These von einer Kollektivschuld des jüdischen Volkes und jede Form von Antisemitismus und Rassismus entschieden zurück. Die Beziehungen zwischen Christen und Juden sind heute von gegenseitigem Respekt und Anerkennung geprägt. Wir fordern alle Verantwortlichen auf, entschieden dafür einzutreten, dass diese guten Beziehungen nicht durch eine sich auf diesen Film berufende Instrumentalisierung des Leidens Jesu beeinträchtigt werden." Soweit die gemeinsame Erklärung."Im realen Meer menschlicher Blutrünstigkeit"
ontroverse rund um drei Fragen
Ein Glaubensbekenntnis
Aber wozu derart blutig, wozu die schier unerträgliche Abfolge von Folterungen dieses geschundenen, gemarterten und erniedrigten Körpers? Eine der grossen Fragwürdigkeiten des Films liegt wohl hier: Gewinnt er an Intensität und Aussagekraft durch die drastisch und exzessiv dargestellte Gewalt, welche römische Soldaten an Jesus Christus ausüben? Oder ist nicht eher das Gegenteil der Fall: Wenn nämlich beim Zuschauer das würgende Gefühl aufsteigt, da werde eine Verherrlichung des Leidens (unseligen Andenkens) betrieben?Der realen Brutalität ins Auge schauen
Datum: 22.03.2004
Quelle: Kipa