Tempeltanz in der Kirche stösst auf Kritik

Tänzerin
Kirchentanz

Hannover. Dürfen evangelische Kirchengebäude als Bühne für fremdreligiöse künstlerische Darbietungen dienen? Darüber gehen die Meinungen in der hannoverschen Landeskirche auseinander. Anlass ist das internationale Festival “Scena – Theater und Religion”, das das “Zentrum für Medien, Kunst, Kultur im Haus kirchlicher Dienste” vom 20. bis 28. September in Hannover veranstaltet.

Dabei wirken neben christlichen Gruppen auch Künstler aus dem Judentum, dem Islam, dem Hinduismus und den Naturreligionen mit. Schirmherrin ist Landesbischöfin Margot Kässmann. “Scena” ist nach Angaben der Veranstalter einmalig, “weil das Theaterfestival konsequent auf Kirchenräume als Veranstaltungsorte zurückgreift, um die spirituellen und religiösen Dimensionen im internationalen Theater zu thematisieren”. Ziel sei es, mit den sinnlichen Mitteln des Theaters den Austausch zwischen der westlichen Welt und anderen Religionen und Kulturen voranzubringen.

Hinduistische Götter beschworen

Zum Auftritt einer Musikgruppe aus dem westafrikanischen Ghana in der Kreuzkirche heisst es in der Ankündigung: “Tanzen und Trommeln bedeuten in Afrika Kommunikation auf allen Ebenen: mit den Göttern, der Natur, den Ahnen und der Gesellschaft.” Teil des Festivals war auch eine indische Nacht mit hinduistischen Tempeltänzen. In einem Bericht der “Hannoverschen Allgemeinen Zeitung” hiess es dazu: “Bis um fünf Uhr morgens beschworen die Tänzer und Rhapsoden in der Markuskirche hinduistische Götter und Dämonen.”

Religionsvermischung

Kritik an der Bereitstellung von Kirchen für diese Veranstaltungen übte das Geistliche Rüstzentrum Krelingen (Walsrode). “Das Signal, das hier wieder einmal gegeben wird, ist nicht das der Offenherzigkeit, Gastfreundschaft und der missionarischen Liebe, sondern das der Beliebigkeit, Konturenlosigkeit und der Religionsmengerei”, so der Leiter des pietistischen Zentrums, Pfarrer Wilfried Reuter. Er fragt: “Warum muss ein solches Festival in Kirchen stattfinden? Dafür gibt es Kulturräume, Stadthallen, öffentliche Plätze und vieles mehr.” Die Schirmherrschaft könnten Bürgermeister und Kulturreferenten übernehmen. Im Blick auf die Schirmherrin fragte Reuter: “Muss sich eine Bischöfin vor jeden Karren spannen lassen?” Bischöfin Kässmann wisse sehr gut, dass solche Ereignisse “in einem hinduistischen Tempel, in einer Moschee oder in einer Synagoge nicht denkbar sind”.

Veranstalter: Es geht um Kunst

Der Leiter des Zentrums Medien, Kunst, Kultur, Klaus Hoffmann, betonte gegenüber idea, dass es sich bei den Veranstaltungen nicht um Gottesdienste handele, sondern “um künstlerische Produktionen, die einen religiösen Ursprung haben”. Die Akteure beim Tempeltanz beschwörten nicht selbst Götter, sondern führten vor, wie Gläubige ihre Götter beschwören. Die Kosten für das Festival bezifferte Hoffmann auf 150.000 bis 200.000 Euro, wovon der Grossteil durch nichtkirchliche Zuschüsse gedeckt sei. Förderer des Projekts sind unter anderem die Hanns-Lilje-Stiftung, das Auswärtige Amt/Goethe-Institut, die Niedersächsische Lottostiftung und das niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur.

Bringt Kirche den Glauben zur Sprache?

Bischöfin Kässmann, die die Schirmherrschaft von ihrem Vorgänger Horst Hirschler übernommen hat, sagte bei der Eröffnung des Festivals: “Es geht nicht um die Vermischung von Religionen oder um gemeinsame Gottesdienste.” Vielmehr wollten die Initiatoren “einen kulturübergreifenden Brückenschlag und den Dialog der Religionen wagen”. Man müsse aber auch fragen, “ob unsere evangelische Kirche als Trägerin des Projektes ihre eigene Sache, ihr eigenes Profil, ihren Glauben ausreichend zur Sprache bringt”.

Die Bischöfin rief ferner zum Einsatz für freie Religionsausübung in aller Welt auf. Angesichts der Ausgrenzung und Verfolgung von Christen in vielen Ländern, etwa in Indonesien und Pakistan, sagte sie: “Deshalb ist es an der Zeit, dass wir, als Angehörige der verschiedenen Religionen, eindeutig und ohne jede Frage für die Religionsfreiheit aller eintreten.” Dabei bedeute Toleranz gegenüber Andersgläubigen nicht, den eigenen Wahrheitsanspruch aufzugeben.

Die Pressesprecherin der hannoverschen Landeskirche, Gabriele Arndt-Sandrock, sagte auf Anfrage, man werde hinsichtlich des Festivals kritisch prüfen, ob kirchliche Räume “für intellektuelle Provokationen hergegeben wurden”.

Wort zur Nachricht

Erstaunlich, was man heutzutage so alles in der Kirche darf: “Bis um fünf Uhr morgens beschworen die Tänzer in der Markuskirche hinduistische Götter und Dämonen.” Und das an dem Ort, wo die die Leute eigentlich etwas über Jesus erfahren sollten.


Datum: 27.09.2002
Quelle: idea Deutschland

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