Suisse Romande

Zunehmende Distanz Staat-Kirche

Die reformierten Pfarrer der Waadt müssen ihre berufliche Vorsorgekasse wechseln. Der Beschluss des Kantonsparlaments ist ein weiterer Schritt der Entfernung von Landeskirche und Staat.
Markant: Die Kathedrale von Lausanne.
Liberal – oder haltlos?: Passanten in der Stadt am Léman.

Der Grosse Rat in Lausanne entschied am Montag mit grosser Mehrheit, dass die Angestellten der reformierten Kirche in der Waadt nicht mehr wie bisher von den Leistungen der kantonalen Pensionskasse profitieren können.

Es hiess, diese kantonale Leistung sei mit der Trennung von Kirche und Staat in der Waadt nicht vereinbar. Die vom Freisinnigen Fardel Claude-André vertretene Vorlage wurde gemäss Ratsprotokoll am 11. Oktober bei drei Enthaltungen und einer Gegenstimme mit 82 Stimmen angenommen.

Betroffen sind vom Entscheid die Angestellten der reformierten Kirche in der Waadt. Die neue Richtlinie gilt gemäss der Zeitung «20minutes» für Personen, die noch nicht 45 Jahre alt sind.

Nicht mehr «Eglise nationale»

Die reformierte Landeskirche hatte ihren früheren Status als «Eglise nationale» bei der Revision der Kantonsverfassung 2003 verloren. Dies wirkt im weltoffenen Lausanne nach. An der theologischen Fakultät der Universität hat die christliche Theologie einen schweren Stand. Die Ausrichtung der Fakultät wurde Ende September an einem öffentlichen Podium kontrovers diskutiert.

Religionskunde für alle?

Am 28. September gab das Kantonsparlament einer Motion statt, die den religionskundlichen Unterricht obligatorisch machen will. Urheber der Motion war der linke pensionierte Pfarrer Claude Schwab. Der SVP-Kantonsrat Maximilien Bernhard kritisierte in der Debatte, dass dem Christentum nicht klar der Vorrang eingeräumt werde.

Die Sozialistin Pascale Manzini wandte sich gegen die Motion, da sie dem Ziel einer laizistischen (religionslosen) Schule zuwiderlaufe. Seit einigen Jahren wird in der Waadt nach dem Enbiro-Ansatz (das Kürzel steht für «Enseignement biblique et interreligieux romand») Unterricht erteilt. Das Konzept erstellt hatte eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe, der Schwab angehörte.

Noch mehr Mühe für die Genfer Kirchen

In Genf, wo Kirche und Staat seit 1905 ganz getrennt sind, werden die Schülerlisten den Kirchen künftig vorenthalten. Das Schuldepartement begründete die Änderung mit dem neuen Gesetz über öffentliche Information.

Auf den Listen stehen rund 5000 Schüler. Die Kirchen hatten sich ihrer bedient, um die Schüler, die ihnen angehören, zu kontaktieren. Sie zerbrechen sich den Kopf, wie sie nun ihren Auftrag erfüllen sollen.
 

Datum: 15.10.2010
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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