Christen dürfen KI nicht verschlafen
«Wie verändert die künstliche Intelligenz unser Leben und unser Glaubensleben?» Mit diesen Worten steigt Livenet-Chefredaktor Florian Wüthrich in den Livenet-Talk ein und begrüsst Talk-Gast Tobias Kley. Dieser hat sich intensiv mit KI befasst und setzt sich mit der Plattform Creedle das Ziel, Jesus digital sichtbar zu machen.
Jugendliche werden vom Smartphone geprägt
«Ich bin überhaupt kein digitaler Mensch», macht Tobias eine überraschende Aussage. «Ich bin eher der Outdoor-Sportler.» Gerne ist er mit Menschen real unterwegs und erzählt ihnen von Jesus. Der Gedanke, möglichst viele Menschen mit der Botschaft von Jesus zu erreichen, begleitete ihn aber längere Zeit. In seiner Tätigkeit mit Jugendlichen fragte sich Tobias vor Jahren, wie diese geprägt werden können. Sie für einen Input in der Kirche oder der Jugendgruppe zu gewinnen, erachtete er anfänglich als beste Möglichkeit. Doch dann erkannte er: «Was sie wirklich prägt, ist ihr Smartphone.» Deshalb wollte er sie über das Smartphone erreichen und ihr Hirn mit guten Contents füttern. «Wenn wir als Christen da nicht einsteigen, werden wir sehr viele Jugendliche nicht mehr erreichen und nicht mehr nachhaltig prägen können.» Mit dieser Erkenntnis kam die Arbeit ins Rollen, woraus letztlich Creedle entstand.
Verspäteter Durchstart
Eine wissenschaftliche Studie brachte die Erkenntnis hervor, dass Deutschland und die Schweiz in Sachen Social Media zu den Spitzenreitern gehören. Gerade Jugendliche verbringen täglich viele Stunden damit. «Wir Christen haben da sehr wenig entgegenzusetzen. Das heisst: Wir haben die Welle von Social Media, das Pushen von Inhalten ins Leben von Menschen, mehr oder weniger verschlafen.»
Wenn wir die Menschen flächendeckend mit dem Evangelium erreichen wollen, braucht es etwas Digitales. Mittels Google und KI haben Tobias und sein Team ermittelt, welche Fragen die Menschen interessieren und gingen dann fokussiert auf diese Themen ein. Die entsprechende Plattform Creedle Rockc ist erst seit zwei Jahren online. «Es ist genial, was Gott uns da schenkt!», freut sich Tobias über das Ergebnis. Das Portal hat monatlich über 60'000 Zugriffe von Menschen, die online nach Jesus suchen.
«Wir sind aber erst am Anfang von Creedle», sagt Tobias und erwähnt den Fünf-Jahres-Entwicklungsplan. Es soll ein ganzes Ökosystem von Plattformen entstehen, über welches ein KI-System gesetzt wird. Ungefähr ab Ende 2026 soll KI einer suchenden Person weitere Ressourcen zum Thema des Interesses und Möglichkeiten zum Vernetzen mit anderen Personen angeben. Es gehe darum, suchende Menschen direkt mit lokalen Christen und deren Angeboten zu vernetzen.
Alles muss auf Christus ausgerichtet sein
«Jesus Christus gemeinsam digital sichtbar machen», das sei das Ziel und dies könne keine Organisation alleine schaffen, egal wie gross sie ist. Deshalb müssen wir uns vernetzen. «Bei dem, was da auf uns zukommt, müssen wir gemeinsam als Leib Christi vorwärtsgehen.» Tobias plädiert, dass wir uns auf Christus konzentrieren und die zentralen christlichen Wahrheiten hochhalten, anstatt die theologischen Streitpunkte ins Unendliche zu diskutieren. Themen wie beispielsweise die Form von Taufe oder Abendmahl dürfen auf einzelnen Applikationen ausgeführt werden, es brauche aber eine übergeordnete Ebene, die das Zentrale und Einende unterstreicht.
Bei Creedle engagieren sich elf Theologinnen und Theologen im Alter zwischen Ende 20 und Mitte 80 mit ganz unterschiedlichem theologischen Hintergrund. Sie alle stehen aber auf dem Glaubensbekenntnis der Evangelischen Allianz.
(Wie) nutzen wir KI?
«Auf der einen Seite ist KI eine riesige Chance. Auf der anderen Seite aber auch eine grosse Herausforderung und Gefahr.» Früher hätte sich die Kirche bei technischen Fortschritten oft abwartend passiv verhalten oder das Neue sogar verteufelt. Tobias selbst will vor allem die Frage stellen, wie wir KI nutzen. Ein eigenes System zu haben, bei welchem wir selbst bestimmen können, auf welche Daten KI zugreift, sei eine grosse Chance.
Jesus wurde in eine Zeit hineingeboren, als die Römer die Welt zu erobern versuchten. Dafür hatten sie ein Strassennetz ausgebaut, über welches dann auch das Evangelium verbreitet wurde. «Heute haben wir Netzwerke zur Verfügung, die noch viel grösser sind – und wir Christen nutzen sie nur sehr beschränkt.»
Ab Ende 2026 soll Creedle so weit ausgebaut sein, dass suchende Menschen mit wenigen Clicks in physischen Kontakt mit Christen vor Ort treten können. Um dafür bereit zu sein, braucht es nicht nur Kirchen, sondern auch Hauskreise oder christliche Fussballteams. Tobias bedauert, dass viele nicht bereit sind, andere Menschen bei sich aufzunehmen, weil sich dadurch die Gruppendynamik verändert. Doch genau diese Veränderung brauchen wir.
Sehen Sie sich hier den Talk an:
Zur Website:
Creedle
Zum Thema:
Dossier: Livenet-Talk
Dossier: Kreative Evangelisation
Junge erreichen: Sechs Thesen zur Digitalen Evangelisation
Datum: 27.06.2025
Autor:
Markus Richner-Mai
Quelle:
Livenet