Die nach wissenschaftlichen Kriterien aufgebaute Tagung, die von den Vorarbeiten des Sozialethikers Christof Arn sowie einem Referat der Politikerin Doris Stump geprägt wurde, machte interessante Gemeinsamkeit sichtbar. Insbesondere wurde deutlich, dass die Hausarbeit, ob sie nun von Männern oder Frauen getan werde, einen höheren Stellenwert braucht. Diesen könnte sie durch finanzielle Zuschüsse wie zum Beispiel ein Erziehungsgeld oder höhere Kinderzulagen erhalten, aber auch durch eine anerkannte Ausbildung. Doris Stump forderte die Familienfrauen und -männer auf, selbstbewusst aufzutreten und ihre Arbeit nicht selbst herabzusetzen. Eine positive Wertbesetzung dieser Arbeit, aber auch Ausbildungsangebote und nicht zuletzt neue Berufsbezeichnungen wie „Familienfrau“ oder „Familienmanagerin“ könnten zur Aufwertung dieser Arbeit beitragen. Ausbildung für Hauswirtschaft auf Fachschulniveau wird zum Beispiel von der HFS Wädenswil unter der Bezeichnung „Facility Management“ angeboten. Die Fachbezeichnung signalisiert, dass es sich um eine hochwertige Ausbildung für strategische Führungsaufgaben handle. Viel Übereinstimmung gab es in Bern für die Forderung, dass Staat und Wirtschaft Rahmenbedingungen schaffen müssen, die es Paaren erlauben, ohne finanziellen oder beruflichen Druck frei entscheiden können, wer sich teilweise oder ganz der Familienarbeit widmet. Das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann stellte die beiden Aktionen „Fairplay at home“ und „Fairplay at work“ vor. Während der erste Slogan eine gerechte und angemessene Verteilung der Haus- und Familienlasten unterstützt und sich vor allem an junge Leute richtet, fordert der zweite die Wirtschaft auf, den Familien diese Rollenteilung auch zu ermöglichen, zum Beispiel durch mehr Teilzeitstellen. Hier setzt vor allem auch die „Fachstelle UND – Familien- und Erwerbsarbeit für Männer und Frauen“ an. Sie kritisiert den gängig gewordenen Begriff „Work-Life-Balance“ und stellt fest, dass immer noch eine Mehrzahl von Unternehmungen „die Arbeit vom Leben trennt“ und nur diejenigen als leistungsfähig ansehe, „die ihr Privatleben den Anforderungen des Betriebes anpassen“. Diese Betriebe müssten einsehen, dass „die Heranbildung von Humankapital“ nicht nur viel „’Life’, sondern auch viel ‚Work’ bedeutet und nicht nur Frauensache ist“. Sie hat in Bern deshalb den Begriff „Work-Work Balance ins Spiel gebracht. Dem konnte sich die Schweizerische Stiftung für die Familie (SSF) anschliessen, die sich für eine „echte Wahlfreiheit für beide Elternteile zwischen Erwerbs- und Familienarbeit“ einsetzte. Hier könnten neben der Flexibilität der Unternehmungen auch gerechtere Kinder und Familien- bzw. Erziehungszulagen mithelfen. Die SSF setzte sich im Weiteren für ein Familienstimm- und wahlrecht ein, das den Familien im politischen Leben, wo sie heute schwach vertreten sind, eine stärkere Position geben würde. Sie plädierte für eine Familienverträglichkeits-Prüfung auf allen politischen Ebenen für neue Gesetze und Verordnungen bis hin zu praktischen Entscheidungen vor Ort. Was für die Umwelt gelte, sollte für die Familie mindestens ebenso gerechtfertigt sein, sagte Christa Leonhard namens der SSF in Bern. Der Journalist und Autor Jürgen Liminski wies in einem Seminar der SSF darauf hin, dass sich viele Kinder von ihren Eltern vor allem drei Dinge wünschten: „Zeit, Zuwendung und Zärtlichkeit“. Doch viele Mütter und Väter seien aus wirtschaftlichen Gründen schlicht nicht in der Lage, die nötige Zeit aufzubringen, sodass auch die andern beiden „Z“ zu kurz kämen. Er plädierte damit für Lohnersatzzahlungen für die Familienarbeit und verwies auf Modelle in den skandinavischen Ländern. Er wies auf den Slogan „Zeit ist Geld“ hin und drehte die Redewendung um: „Geld ist auch Zeit“. Der Lehrer und Familienpolitiker Markus Neurohr wies auf das beängstigend abnehmende „prosoziale Verhalten“ vieler Kinder hin. Heute sei in einem Zürcher Kindergarten oftmals die Hälfte der Kinder therapiebedürftig. Vielfältige Probleme in den Familien, insbesondere zerbrochene Beziehungen, seien dafür verantwortlich, insbesondere aber auch das Los von vielen Einzelkindern. Neurohr machte sich nebst dem Familienstimmrecht vor allem auch für spürbare Steuerreduktionen, im Besonderen für Steuergutschriften und Negativsteuern stark, die gerade Familien im unteren Einkommensbereich massiv unterstützen könnten. Quelle: SSFMehr Wertschätzung
Bessere Rahmenbedingungen
Work-Work Balance
Echte Wahlfreiheit
Steuergutschriften
Datum: 21.05.2003
Autor: Fritz Imhof