Zürcher EVP will ihr Image verbessern
Gemäss Richard Rabelbauer liegt es nicht an der Art des Wahlkampfs, dass die EVP Zürich bei den Wahlen so schlecht abgeschnitten habe. Die Kampagne der EVP sei sogar sehr gut gewesen. Trotzdem hat die Stadtzürcher EVP einen Drittel ihrer Sitze im Zürcher Gemeinderat verloren. Nach der Nicht-Wiederwahl von Richard Rabelbauer und Ernst Danner hat sie nur noch vier Sitze im Stadtparlament. Gerade noch gut 3 Prozent der Stadtzürcher Wähler gaben der EVP ihre Stimme.
«Dieses ernüchternde Resultat hat mir die Augen geöffnet», meint Richard Rabelbauer dazu. Es sei nicht zu übersehen, dass die EVP mit einem grossen Imageproblem zu kämpfen habe. Die Leute wollten offenbar nichts mehr mit der EVP zu tun haben. Besonders gravierend sei dies in den grösseren Städten festzustellen.
Job zu wenig gut gemacht
Der 45-jährige Richard Rabelbauer, diplomierter Physiker ETH und jetzt mit seiner Frau Claudia Leiter einer Kinderkrippe in Zürich-Altstetten, gibt sich im Gespräch selbstkritisch. Er und seine Parteikollegen hätten offensichtlich zu wenig dafür getan, um der EVP ein positiveres Image zu verschaffen, sie ins Gespräch zu bringen. Traditionelle Themen wie Familie, gesellschaftliche Werte oder soziale Verantwortung seien auch von den Grünliberalen oder anderen Parteien abgedeckt worden und würden nicht mehr mit der EVP in Verbindung gebracht.Dazu komme noch das «Stündeler-Image» der Freikirchen, das ihr anhänge, obwohl ihre Mitglieder längst nicht nur aus Freikirchen stammten. Gerade die Medien würden aber immer negativer über Freikirchen berichten. Dies wie auch die Tatsache, dass die Grünliberalen «aus dem Stand heraus politisch abkassierten», habe bestimmt auch mit dem Zeitgeist zu tun. Trotzdem müsse sich die EVP ganz gut überlegen, wie es weitergehen solle.
Es braucht «lässige Leute»
«Da die EVP so klein ist, braucht sie prägnante Köpfe, die gute Ideen haben und diese auch umsetzen», ist Rabelbauer überzeugt. «Lässige Leute» wie Pfarrer Sieber, der früher für die EVP im Nationalrat war und mit seinem Charisma und grossen sozialen Einsatz für Obdachlose grosses Ansehen geniesse. Die Abzocker-Initiative von Thomas Minder sei der Beweis dafür, was Einzelne erreichten, wenn sie die Wahrheit beim Namen nennen und auch was unternehmen, um Missstände zu beheben. Eigentlich hätte die EVP diese Initiative ergreifen sollen...Auch die «Grünen» hätten jahrzehntelang knochenharte Basisarbeit geleistet, um auf ihren jetzigen politischen Stand zu kommen. Trotzdem sei es aber so, dass Politik immer mehr personalisiert werde. Umso wichtiger sei, dass es wieder mehr «Patrons» gebe, Wirtschaftsführer, die zuerst an das Wohl ihrer Arbeitnehmer dächten, bevor sie das eigene Portemonnaie füllten.
Themen mit Potential
Als wichtige politische Themen für die Zukunft bezeichnet Richard Rabelbauer etwa den mangelhaften Wohnraum für alte Menschen in der Stadt, deren zunehmende «Familienfeindlichkeit», wie auch Schule und Bildung mit der grossen Überlastung von Lehrkräften. «Bildung ist die grösste Ressource für das Wohlergehen der Schweiz in der Zukunft», ist er überzeugt.Die Überlastung der Lehrkräfte bei der Umsetzung der beschlossenen und nötigen Reformen ist ihm ein grosser Dorn im Auge. Nun würden wegen dem Lehrermangel «Laien» angelernt, die dann zu wenig ausgebildet seien. Auch bei der Altersvorsorge sieht er ein wachsendes Defizit, mit dem man sich konkret beschäftigen müsse.
Persönlich etwas ernüchtert
Persönlich fühlt sich Richard Rabelbauer vom Wahlresultat schon ein wenig desillusioniert. Und resümiert, dass er als Gemeinderat nicht wirklich viel bewirken konnte, obwohl er einiges an Zeit und Nerven investierte. Er wolle sich aber weiter für einzelne Sachthemen einsetzen und sich auch wieder für Ämter zur Verfügung stellen. Immerhin sei aber seine Frau Claudia als Gemeinderätin im Kreis 10 wiedergewählt worden.Dafür habe er jetzt mehr Zeit für die Kinderkrippe, die etwa 90 Kinder aufnehme und 17 Personen beschäftige. «Moralthemen» wie etwa Sterbehilfe würden ihn am meisten reizen, auch oder gerade weil die EVP hier ein beliebtes «Tontaubenziel» für liberale Kreise hergäbe.
Fusion der «christlichen Mitte»?
Zu den Fusionsgedanken zwischen EVP und der Christlichdemokratischen Volkspartei CVP äussert sich Rabelbauer zurückhaltend. Es töne im ersten Moment verlockend, man politisiere aber doch grundsätzlich konservativer als die katholisch geprägte CVP. Gross seien die Unterschiede in ländlichen Gebieten, während man in der Stadt Zürich fast überall ähnliche Positionen vertrete.Die beiden Parteien miteinander zu verschmelzen würde aus seiner Sicht eine ganze Generation lang dauern. Da dies zu lange dauert, engagiert er sich privat als Mitglied der Schauspiel GmbH (Gesellschaft mit bestimmter Hoffnung) lieber dafür, den Zuschauern ein positives Bild des Christseins zu vermitteln.
Datum: 19.03.2010
Autor: Rolf Frey
Quelle: Livenet.ch