Menschen in der zweiten Reihe

Herodes, der Unfreiwillige

Es gibt Menschen, die reihen sich am liebsten in der zweiten oder in der hintersten Reihe ein. Es gibt aber auch Menschen, die sich nie freiwillig zurückversetzen lassen würden.
Krone

Herodes, der Grosse, der König, der Mächtige, der Herrscher – gehört er wirklich zu unserer Serie «Menschen in der 2. Reihe»?

Mir fällt es schwer, Herodes wie eine «gewöhnliche» Person aus der Weihnachtsgeschichte zu beschreiben. Das Klischee ist klar: Der böse König, der gemeine Heuchler, der hinterlistige Lügner, der brutale Kindsmörder. – Wie erleichtert bin ich, dass die Weisen auf dem Heimweg dank eines Traumes von Gott einen anderen Weg gewählt haben.

Ein aufmerksamer Leser hat mir das Buch «Erst eilig, dann heilig» mit einem Gedicht über Herodes geschenkt. Es sagt sehr treffend, wie Herodes sich vor der Konkurrenz fürchtet. Später kämpft er mit schrecklichen Mitteln, um seine Vormachtstellung zu erzwingen, obschon er von Anfang an chancenlos war gegen Jesus.

Wir sind immer ein Stück mitverantwortlich, dass die «Herodes'» dieser Welt nicht noch mächtiger und einflussreicher werden, aber auch die «Herodes-Anteile» in uns selbst nicht!

«Chünig vo mim Härz»

Der neue König ist anders, ganz anders: Er ist der König der Herzen, «Chünig vo mim Härz», wie es in einem Lied heisst. Er wird nach der Dornenkrone die ewige Krone tragen. Er gewährt uns zu jeder Zeit und Unzeit Audienz.

Gedicht zu Herodes

Herodes weiss es

Kennen Sie Herodes? Den König Herodes? König in Jerusalem, wunderschön, angenehm?

Ja, für den wurde Weihnachten ziemlich unbequem.

Weil ein König nämlich gerne König ist, kann er sich alles, vorstellen, alles Mögliche und alles Unmögliche womöglich.
Nur eines nicht, bestimmt nicht: Dass er nicht mehr König ist.

Herodes hörte es, wie da auf einmal, weiss der Himmel warum, das Gerücht ruchbar wird, es gebe womöglich einen anderen König ausser Herodes. Wer weiss es.

Kein König möchte gerne kein König mehr sein,
denn das macht ihn unterlegen und klein. Und deshalb will Herodes sich einen Reim darauf machen und befragt die drei Sterndeuter.
Die suchen den neugeborenen König, weil sie seinen Stern gesehen haben und natürlich zuerst dort suchen, wo ein König zu sein pflegt, nämlich am Königshof.

Aber Fehlanzeige, kein König da, kein neuer jedenfalls,
und der alte sieht ziemlich alt aus, weil er um seine tolle Rolle bangt.

An Weihnachten wird der Grösste ganz klein
und passt sogar in eine Krippe.

An Weihnachten müssen alle Herrscher und Mächtigen
sich mächtig beherrschen,
denn es kommt einer, der herrlich herrscht, indem er dient.

Jetzt wird die Konkurrenz gross
für alle, die sich für konkurrenzlos wichtig halten.
Jetzt wird die Luft dünn, für alle, die andere kaum Luft holen lassen.
Jetzt kommt ein neuer König auf den Plan,
der jedem Herodes seine Herrschaft streitig macht.

Alle, die mit ihrer Allmacht andere alle machen,
sind jetzt unruhig und in Gefahr.

Es gibt nämlich einen neuen König der Ehren. Lobet den Herren!

Schluss mit Unterdrückung und Selbstsucht.
Etwas Neues fängt an und Herodes weiss es.

- Auszug aus dem Buch «Erst eilig, dann heilig» von Ludwig Burgdörfer.

Zum Buch

Titel: Erst eilig, dann heilig
Autor: Ludwig Burgdörfer
ISBN: 978-3-765538-75-9
Verlag: Brunnen
Erscheinungsdatum: 09.2006
Seiten/Umfang: 96 S.

Datum: 16.12.2013
Autor: Helene Maurer-Schaffer
Quelle: Sonntagsblatt des «Berner Oberländer»

Werbung
Livenet Service
Werbung