Pistendienst

Er bändigt Schneemassen mit Blick auf das Kreuz

Endlich ist er da, der lang ersehnte Winter. Ists in unteren Gegenden «nur» kalt, versinken die Berggebiete im Schnee. Gefragt ist oft ein Dauereinsatz, damit Sicherheit und Qualitätslevel auf den Pisten und Winterwanderwegen gewährleistet bleiben. Das fordert viele Menschen heraus. Einer davon ist Paul Müller aus Adelboden BE.
Paul Müller mit seiner Frau Rebekka und ihren Kindern Céline, Michelle und Clemens

Sie kenne gleich drei «Pistendienstler», meint die Frau eines guten Bekannten auf meine Anfrage: ihren Bruder, einen Schwager und ein Mitglied der christlichen Gemeinde. Im «frömmsten» Dorf des Kantons ist Pistenmaschinenführer ein beliebter Beruf. Paul Müller reagiert positiv auf meinen Anruf: «Kürzlich wurde ein Bekannter schon in seinem ersten Jahr von einem christlichen Magazin interviewt. Warum passiert das nicht auch langjährigen Mitarbeitern?, fragte ich mich. Tags darauf kommt Ihr Anruf!»

Täglich «hoch hinaus»

Wer hat sie nicht schon bewundert, die Männer in ihren starken Fahrzeugen? Mit Joy-Sticks gebieten sie über Hunderte von PS, lenken die Maschine haarscharf am Abgrund vorbei und parken sie millimetergenau in die Garage. Sind mehrere Fahrzeuge im Einsatz, gleichen ihre Bewegungen einem anmutigen Ballett. «Meine Arbeit ist wie jede andere auch», sagt Paul Müller bescheiden. «Wenn man sie gerne macht, wird jeder Arbeitstag zum Erlebnis.» Dazu gehört auch sein silbergraues Bijou, ein Pistenfahrzeug der Marke Prinoth mit 12,8-Liter-Motor und 455 PS, Typ «New Leitwolf». Erst neun davon gibts in der Schweiz.

Der 30-Jährige arbeitet seit bald zehn Jahren bei den Sportbahnen Adelboden. Im Winter lenkt er zusammen mit zehn Kollegen die bis zu 450 000 Franken teuren Pistenfahrzeuge im Gebiet Sillerenbühl, Hahnenmoos und Chuenisbärgli, im Sommer ist er als Maschinenführer auf dem Bau tätig. Gelernt hat er Schreiner. Sein damaliger Chef wurde zum Schwiegervater, seit sechs Jahren sind Rebekka und Paul verheiratet. Ihre Kinder Céline, Michelle und Clemens fühlen sich auf der Skipiste ebenso wohl wie auf dem Spielplatz.

Oft hart am Limit

Was heisst geregelte Arbeit, wenn es um das Wohl der Gäste geht? Auf sechs Arbeitstage folgen zwei Frei-Tage, ansonsten ist Flexibilität gefragt. «Ein normaler Arbeitstag beginnt um 14 Uhr mit Unterhaltsarbeiten. Nach dem Eintreffen der Pistenpatrouille um 17 Uhr geht der eigentliche Einsatz los. Meist sind wir gegen 1 Uhr morgens fertig.» Bei Schneefall beginnt die Arbeit um 3 oder 4 Uhr früh. «Pistenpräparieren» beginnt Anfang Saison mit dem Anbringen einer «Sohle» mittels Kunstschnee. «Ein gutes Fundament ist wichtig, genauso wie im Leben», meint der Routinier. Nacht für Nacht wird Schnee auf stark beanspruchte Stellen geschoben und platt gewalzt. Diese Arbeit ist nicht immer ungefährlich. Einmal kam Müller von der Piste ab und rutschte gegen ein Waldstück hin­unter. Eine Maschine mit Seilwinde musste ran; zwei Kollegen sicherten das Manöver mit ihren Fahrzeugen als «Anker».

Was ist die schwierigste Aufgabe? «Das gezielte Auslösen von Lawinen», sagt Müller ohne lang zu überlegen. Da bittet er Gott um Weisheit und Ruhe. Er möchte den Glauben leben: «Ich bemühe mich, hilfsbereit und fair zu sein.» Erst kürzlich hat er sich bei einem Kameraden entschuldigt. «Das fiel mir schwer. Aber ich hatte mich im Ton vergriffen und wollte das unbedingt in Ordnung ­bringen.»

Ausgleich in der Natur

Paul Müller liebt das Leben in den Bergen. «Es ist hart, aber schön», meint er. Die Sonnenuntergänge auf Sillerenbühl möchte er nicht missen. Hier oben hat das Paar geheiratet – «in einer Vollmondnacht», betonen beide gleichzeitig. «Der Dienst bringt es mit sich, dass Paul tagsüber zu Hause ist», freut sich Familienfrau Rebekka. Dafür ist sie während vielen Abenden allein. Wenn es der Dienst zulässt, besuchen Müllers die Gottesdienste der GfC (Gemeinde für Christus, früher EBV).

Wolken sind aufgezogen. Es könnte wieder schneien in dieser Nacht. Paul Müller wird seinen Dienst erst am Wochenende antreten. Während andere im Gottesdienst sitzen, wird er kurz einen Blick auf das Gipfelkreuz werfen. «Darauf kommt es an. Durch den Opfertod von Jesus Christus wurde mir das ewige Leben geschenkt.» Er opfert gerne einen weiteren Sonntag für die Sicherheit der Wintergäste. «Ich begegne Gott auch in der Natur.» Mein Blick fällt auf das eindrückliche Holzkreuz. Es vermittelt eine Botschaft, die von vielen Gästen auf Sillerenbühl verstanden wird.

Diesen Artikel hat uns freundlicherweise «Idea Spektrum Schweiz» zu Verfügung gestellt.

Datum: 16.02.2012
Autor: Thomas Feuz
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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