Französische Kirche Bern schasst Vineyard-Bewegung

Franzöische Kirche Bern

Die französische Kirche in Bern, die der Vineyard-Gemeinde für ihre beiden Sonntagabendgottesdienst Gastrecht gewährte, will die Vineyard nicht mehr.

War ihnen die charismatisch-evangelikale Bewegung, die seit dem Jahr 2000 jede Woche zwei Gottesdienste in ihrem Kirchengebäude feierte, zu laut, zu gross oder zu fromm? Wahrscheinlich treffe vor allem das Letztere zu, glaubt Wilf Gasser, Leiter von Vineyard, zur Aufkündigung des Gastrechts in der Französischen Kirche Bern. Grund zu Reklamationen habe es nämlich sonst seines Wissens keine gegeben.

Unerwartete Kündigung

Tatsache ist: Die im Januar neu gewählte Kirchenpflege der Französischen Kirche „Eglise française réformée Berne“ am Predigerplatz in Bern hat der Vineyard-Bewegung das Recht der Benutzung auf 1. September stark eingeschränkt. Einmal pro Monat, jeweils am dritten Sonntag, dürfe Vineyard das Gotteshaus weiterhin benutzen, heisst es im Kündigungsschreiben vom Mai. Gründe dafür gebe es mehrere. Vor allem handle es sich um die Bewahrung der reformierten und frankophonen Identität der französischen Kirchgemeinde. Man befürchte, dass durch die Medien die Identität der französischen Gemeinde immer mehr mit der Vineyard-Bewegung vermischt werde. Dies wolle man nicht akzeptieren, umso mehr, als die grosse theologische Differenz zwischen den beiden Gemeinschaften weder einen echten Austausch noch eine Zusammenarbeit erlaube.

Erfolglose Gespräche

Auf die Hiobsbotschaft suchten die Verantwortlichen erst einmal das Gespräch mit der Kirchenleitung. Das Angebot von einem einzigen Gottesdienst pro Monat komme für ihn einem totalen Rauswurf gleich. Denn vor allem die Arbeit mit Randgruppen und Kindern erfordere grösstmögliche räumliche Kontinuität, teilte die Vineyard in einem Schreiben an den Kirchgemeinderat mit und bat um ein Gespräch.

Inzwischen haben mehrere Verhandlungen mit der Kirchgemeinde stattgefunden, wobei auch die Berner Stadtkirchen (Kleiner Kirchenrat) und der Synodalrat einbezogen wurden. Doch bisher seien diese für Vineyard erfolglos verlaufen, sagt Gasser, der hinter dem Vorgehen der Eglise Française den Versuch sieht, das charismatisch-evangelikale Segment der Landeskirche auszugrenzen. Das Problem mit dem Gastrecht in der Französischen Kirche zeige das alte Dilemma, dass neue Bewegungen in der Reformierten Kirche des Kantons Bern keine Chance hätten sich zu entfalten. Vielleicht spiele da auch eine Portion Neid mit, vermutet Gasser. Der Gemeinschaft sei von kirchlichen Stellen vorgeworfen worden, nur die Rosinen aus dem kirchlichen Leben zu picken. Die Mitglieder der Gemeinschaft bezahlten aber nicht nur Kirchensteuern, sondern ermöglichten mit ihrem Engagement auch einen ausgedehnten Dienst an Randgruppen. Man habe immer die Zusammenarbeit gesucht. So auch beim Aufbau einer Afrikanergemeinde mit rund 100 Gottesdienstbesuchern, welche in der Öffentlichkeit beachtliches Interesse findet und von der Berner Stadtkirche finanziell unterstützt wird.

Weg zur Freikirche?

Bei der Verwaltung der Berner Stadtkirchen, der Gesamtkirchgemeinde Bern, sind inzwischen zahlreiche besorgte Briefe von Vineyard-Sympathisanten eingetroffen. Dabei handle es sich um Kopien von Briefen an die Französische Kirche. Die zwölf Kirchgemeinden der Stadt seien im Prinzip autonom und könnten selbständig über die Benutzung der Gebäude entscheiden, heisst es bei der Gesamtkirchgemeinde. Man verfolge die Sache jedoch mit einer gewissen Sorge. Falls die beiden Parteien keine Einigung erzielten, wäre es allerdings auch denkbar, dass sich der Kleine Kirchenrat, die Exekutive der Stadtkirchen, bald wieder mit der Angelegenheit befassen müsste. Dass eine landeskirchliche Bewegung, die jeden Sonntag zweimal eine Kirche zu füllen vermag, in keiner der sonst schlecht besetzten Stadtkirchen unterkommen kann, ist auch für die Berner Stadtkirchen eine nicht ganz einfach hinzunehmende Situation.

Notquartier

Ein Quartier in einer anderen Reformierten Berner Kirche hat Vineyard bisher nicht gefunden. Am wahrscheinlichsten scheint derzeit, dass die 600-800 Personen, die jede Woche die Sonntagsgottesdienste von Vineyard besuchen, in den Räumen des nahe gelegenen Evangelischen Gemeinschaftswerkes (EGW) Gastrecht finden. Nach Wilf Gasser wäre das eine mögliche, aber keine ideale Lösung. „Das wäre für uns klar ein Schritt in freikirchliche Richtung. Im Grunde genommen würden wir lieber in die Landeskirche eingebettet bleiben und uns in einem landeskirchlichen Gebäude versammeln“, gesteht Gasser. Man habe sich immer als eine innerkirchliche Bewegung verstanden.

Datum: 08.10.2004
Autor: Thomas Hanimann
Quelle: idea Schweiz

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