Schweizer Hilfswerke lancieren Kampagne gegen "Steuerfluchthafen Schweiz"

Schwarzgeld

Bern. Eine Kampagne gegen den "Steuerfluchthafen" Schweiz haben die Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke und die Erklärung von Bern lanciert. Die Schweiz begünstige weltweit Steuerhinterziehung und Steuerflucht und verursache so den Entwicklungsländern massive Einnahmenverluste.

"Würde die Schweiz das Abkommen mit der EU über die Zinsbesteuerung auf die Entwicklungsländer ausdehnen, erhielten die Entwicklungsländer mehr Mittel, als die Schweiz derzeit an Entwicklungshilfe leistet", betonte Bruno Gurtner von der Arbeitsgemeinschaft Swissaid, Fastenopfer, Brot für alle, Helvetas, Caritas und Heks. Die Entwicklungshilfe der Schweiz habe im Jahr 2001 1,6 Milliarden Franken betragen. Auch wenn die Eidgenossenschaft in Kürze den Vertrag mit der Europäischen Union über die Zinsbesteuerung endgültig abschliessen werde, so werde dies die Diskussion um das Bankgeheimnis und den "Steuerfluchthafen" Schweiz noch lange nicht beenden.

Einbussen in Milliardenhöhe

Gurtner: "Die Schweiz darf nicht weiterhin Steuerhinterziehern aus aller Welt Schutz bieten." Für die Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke und die Erklärung von Bern stünden die negativen Auswirkungen im Vordergrund, die unfaire Steuerpraktiken, der internationale Steuerwettbewerb und die Steuerflucht auf die Entwicklungsländer haben. Sie führten in diesen Ländern zu Einnahmeneinbussen in Milliardenhöhe.

Mittelfristig werde die Schweiz nicht darum herum kommen, "die weltweit einzigartige Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und einfacher Steuerhinterziehung aufzuheben", meinte Gurtner weiter. Sie begünstige einseitig reiche Ausländer mit Wohnsitz im Ausland, die oft aus armen Ländern stammten und dort keine Steuern bezahlten, während Steuerhinterziehende mit Wohnsitz in der Schweiz, wenn sie ertappt werden, auf administrativem Weg markant gebüsst würden.

"Netzwerk Steuergerechtigkeit"

Die beiden entwicklungspolitischen Organisationen wollen sich nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit dafür einsetzen, dass die "Profiteure der Globalisierung wieder Steuern bezahlen müssen". Sie stellten in Bern das global angelegte "Netzwerk Steuergerechtigkeit" vor, das die Aktivitäten in verschiedenen Ländern koordiniert. Ihm gehören derzeit 50 Organisationen aus 22 Ländern an. In der Schweiz wollen die Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke und die Erklärung von Bern weitere Organisationen für ein Bündnis für Steuergerechtigkeit gewinnen.

An der Medienkonferenz wurde die Einseitigkeit der Globalisierung kritisiert. Dank der weltweiten Liberalisierung des Kapitalverkehrs könnten sich global tätige Firmen und Superreiche immer einfacher einer ordentlichen Besteuerung entziehen, bedauerte Andreas Missbach von der Erklärung von Bern. Für den Schweizer Finanzsektor seien ausländische Steuerhinterzieher eine bedeutende Kundengruppe.

Druck auf Unternehmenssteuern

Über Steueroasen abgewickelte "Offshore-Geschäfte" hätten sich zu einem zentralen globalen Geschäftsfeld entwickelt, stellte Missbach fest. Über die Hälfte des Welthandels werde buchhalterisch über Steueroasen abgewickelt. Unter dem Druck der Steueroasen seien zudem in fast allen Ländern die Unternehmenssteuern gesenkt worden. Im Durchschnitt der 30 reichsten Länder seien sie von 1996 bis 2003 von 37,5 Prozent auf 30,8 Prozent gefallen.

Missbach warnte: "Wenn sich das reichste Spitzensegment der Gesellschaft aus dem Sozialpakt verabschiedet, sind der soziale Zusammenhalt und die Demokratie gefährdet." Steuerflucht und Steuerwettbewerb hätten gravierende Auswirkungen auf die Entwicklungsländer. Schätzungen bezifferten den jährlichen Verlust der Entwicklungsländer auf über 50 Milliarden US-Dollar, ungefähr gleich viel wie die gesamte Entwicklungshilfe weltweit.

Datum: 17.05.2003
Quelle: Kipa

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