Splittergruppe missbraucht ‚Jahr der Bibel‘ für Verteilaktion

Interlaken

Interlaken - Auf dem Postplatz des Berner Oberländer Touristenorts wurden während Wochen Bibeln an Passanten verteilt. Was auf den ersten Blick im "Jahr der Bibel" eine erfreuliche Sache zu sein schien, entpuppte sich beim näheren Hinsehen als kontraproduktiv für die örtlichen Christen. Bei den Verteilern handelte es sich um Anhänger von Werner Arn, der in Wattwil im Toggenburg lebt.

Arn führt dort unter dem Namen "Adullam" (was "abgeschlossenes Gebiet" bedeutet) ein Alterspflegeheim und eine Ferienpension. Seit Jahren zieht er aber auch durch die Lande und verkündet eine merkwürdige Lehre: Jede Kirche oder Gemeinde, die sich organisiert - und das tut bekanntlich jede -, hat sich bereits vom richtigen Verständnis der Gemeinde, der "ekklesia", wie es die Bibel lehrt, entfernt. Sobald eine Gemeinde "Organisation" wird, also sich strukturiert, einen Namen trägt oder gar Liegenschaften besitzt, hat sie gemäss Arn ihre eigentliche Aufgabe verwirkt.

Der ehemalige Lehrer aus der Region Winterthur wettert in seinen Vortragstouren nicht nur gegen die Landeskirchen, sondern auch gegen die Freikirchen. Nach Recherchen des Sektenexperten Georg Otto Schmid wirft Werner Arn freikirchlichen Predigern Pharisäismus vor, weil sie eine theologische Ausbildung und damit biblisches Fachwissen hätten.

Auch seien die Freikirchen nach Ansicht Arns samt und sonders charismatisch unterwandert, selbst die Freien Evangelischen Gemeinden und wer immer etwas mit Bill Hybels zu tun habe, schreibt Schmid auf der Homepage seiner Informationsstelle. Damit gelingt es Arn, Christen aus Kirchen und Freikirchen zu verunsichern. Die zu seiner Erkenntnis Durchgedrungenen sammelt Arn in namenlosen Hauskreisen. Der Kreis in Interlaken steht hinter der Bibelaktion.

Evangelische Allianz distanziert sich von Verteilaktion

Die Evangelische Allianz "Bödeli", die die Kirchen und Gemeinden zwischen den beiden Berner Oberländer Seen umfasst, sah sich gezwungen, auf Distanz zu gehen. Sie erklärte, es sei eine eigennützige Aktion einer religiösen Splittergruppe. Die Allianz Bödeli distanziere sich von der Haltung und den Aussagen dieser Bibelverteiler, schreibt ihr Präsident Pfarrer Peter Hiltbrand in seiner Stellungnahme an die Zeitungen. Es gehe hier nur am Rande um die Botschaft der Bibel.

Gegenüber der "Berner Zeitung" verteidigte Werner Arn seine Arbeit mit dem Hinweis, eine "exakte, komplette Bibel" werde verteilt. Mit seinem "christlichen Informationsdienst" erfülle er den biblischen Missionsauftrag.

Dies lässt die regionale Evangelische Allianz nicht gelten: Den auswärtigen Verteilern gehe es vor allem um die Gewinnung von neuen Mitgliedern für ihre spezielle Bibelgruppe. "Im Gespräch mit interessierten Menschen verurteilten sie jede andere christliche Gemeinschaft und Lebensweise", so die Evangelische Allianz. Sie bedauert, dass die Bibel dafür als Aufhänger missbraucht wird.

Datum: 01.03.2003
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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