EVP-Nationalrat Heiner Studer

Christ droht in Afghanistan die Todesstrafe

Einem Mann in Afghanistan droht die Todesstrafe, weil er vom Islam zum Christentum übergetreten ist. EVP-Nationalrat Heiner Studer hat den Bundesrat angefragt, wie er zu protestieren gedenke.
Abdul Rahman
Heiner Studer
Kabul

Mit seiner Konversion habe Abdul Rahman den Islam beleidigt, führte Richter Maulawisada vom Obersten Gericht Afghanistans aus. Er könne dem Tod nur entgehen, wenn er wieder Muslim werde. Seine Bibel wird als Beweismittel angeführt.

Hilfsorganisationen und Menschenrechtler haben Alarm geschlagen. Der Prozess gegen Abdul Rahman in Kabul sei der erste derartige Fall im «neuen Afghanistan» und habe deshalb eine besondere Bedeutung, sagte der Leiter des christlichen Hilfswerks «Shelter Now», Udo Stolte.

Protestiert die Schweizer Regierung in Kabul?

Um sich für Abdul Rahman zu wehren, hat EVP-Nationalrat Heiner Studer am Montag im Nationalrat eine Anfrage eingereicht. Er weist darauf hin, dass die Religionsfreiheit zu den zentralen Menschenrechten gehört, die weltweit einzuhalten seien. Studer will vom Bundesrat wissen, in welcher Weise dieser seinen Protest „gegenüber Afghanistan und der Weltöffentlichkeit umgehend und unmissverständlich“ formuliere.

Toleranz wird von der EVP Schweiz hochgehalten, beruht aber auf Gegenseitigkeit. So hielt die EVP in ihrer 2005 verabschiedeten Resolution zum Umgang mit dem Islam in der Schweiz fest, dass jede Person das Recht habe, ihre Religion frei zu wählen, aber auch ohne Diskriminierung zu wechseln. Die EVP erwartet vom Bundesrat, dass er sich für die Religionsfreiheit von Christen in islamischen Ländern einsetzt.

Religionswechsel vor 16 Jahren

Nach Medienberichten wurde der zum Christentum konvertierte Afghane Rahman im Februar festgenommen, nachdem ihn seine Familie wegen des Glaubenswechsels angeklagt hatte. Der Fall steht offenbar im Zusammenhang mit einem Streit um das Sorgerecht für seine zwei Töchter. Rahman trat angeblich vor 16 Jahren zum Christentum über, als er für eine internationale christliche Hilfsorganisation in der pakistanischen Stadt Peschawar arbeitete. Später lebte er neun Jahre in Deutschland; 2002 kehrte er in seine Heimat zurück.

Gesetzesbestimmungen und die Scharia

Die afghanische Verfassung von 2004, an der deutsche Experten mitgewirkt haben, toleriert neben dem Islam andere Religionen und deren Ausübung. Derzeit werde in Afghanistan heftig darüber debattiert, wie streng der islamische Rechtskodex Scharia auszulegen sei, sagte die Afghanistan-Expertin Citha Maass dem epd. Nach Darstellung des Frankfurter Anwalts und Afghanistan-Kenners Victor Pfaff verbietet die afghanische Verfassung die Folter, nicht aber die Todesstrafe. Zudem gebe es den «Islam-Vorbehalt», nach dem kein Gesetz dem Islam widersprechen dürfe: «Damit können sie durch die Hintertür den Koran und die Scharia in jedes Gesetz hineinlesen».

Der Abfall vom Islam sei für Muslime nach den Glaubensregeln ein todeswürdiges Verbrechen. Die Vollstreckung der Todesstrafe in Afghanistan bedarf laut Pfaff der Zustimmung des Staatspräsidenten. Hamid Karsai habe schon mehrere Hinrichtungen befürwortet. Dass die afghanische Rechtsprechung häufig als willkürlich empfunden werde, liege an fehlenden Strafgesetzen und Ausführungsbestimmungen. «Die Justiz ist der am schlechtesten entwickelte Teil Afghanistans und hoch korrupt», sagte Pfaff.

Spannungen zwischen Daheimgebliebenen und Rückkehrern

Afghanistan-Expertin Maass führte auch Ängste vor einer Verwestlichung in Afghanistan an. Präsident Karsai sehe sich häufig mit dem Vorwurf konfrontiert, er sei ein Vertreter des Westens. Einige Afghanen fürchteten, die Geberländer und ausländischen Hilfswerke planten in ihrem Land «eine westliche Liberalisierung unter christlichen Vorzeichen». Das könne dem Fall Rahman zusätzlich Brisanz verleihen. Ausserdem gebe es enorme Spannungen zwischen Afghanen, die zu Kriegs- und Taliban-Zeiten im Land blieben und oft keine Schulbildung erhielten, und den oft gut gebildeten Exilanten.

Vorschlag von CSI für ein Protestmail an den afghanischen Präsidenten Hamid Karzai

Quelle: Livenet / epd, EVP

Datum: 22.03.2006

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