Nuklearrüstung

Iran bedroht den Weltfrieden

Die Islamische Republik Iran verursacht mit ihren nuklearen Ambitionen der gesamten Staatenwelt schweres Kopfweh. Nicht nur in Israel rüstet man sich, auch am Persischen Golf herrscht Angst. Im schiitischen Regime rechnet man mit dem endzeitlichen Eingreifen des Mahdi, des von Allah bevollmächtigten Herrschers.
Mahmoud Ahmadinedschad. (Foto: Wikipedia, Daniella Zalcman)
Kerntechnische Anlage in Arak. (Foto: Wikipedia, Nanking2010)

Der saudische König Abdullah soll den Amerikanern geraten haben, «der Schlange den Kopf abzuschlagen». Das Zitat wurde von Wikileaks publik gemacht, ebenso wie die Warnung des israelischen Verteidigungsministers Barak im Mai 2009, bis Ende 2010 sei es noch ohne unabsehbare Folgeschäden möglich, den Iran an der Fähigkeit zum Nuklearschlag zu hindern.

Atomraketen bis nach Europa

Die Wikileaks-Enthüllungen haben die tiefe internationale Besorgnis um Iran verdeutlicht. Die weltweite Diplomatie kommt mit der vielfach listig verwischten Aggressivität des Regimes um Präsident Ahmadinedschad nicht zu Rande. Erwirbt der Iran die Fähigkeit, Atombomben einzusetzen und verfügt er zudem über Raketen, die Sprengköpfe bis ins Herz Europas tragen könnten, ist ein grosser Teil der Welt nachhaltig destabilisiert.

Ahmadinedschad wie Hitler

Alle neueren Erkenntnisse nähren die Angst. Die israelische Zeitung Haaretz sprach mit einem Iraner, der für die CIA spionierte und heute in den USA lebt. Der als Reza Kahlili bezeichnete Mann würde ohne Verzug einen Militärschlag gegen den Iran anordnen, wenn er könnte. Kahlili vergleicht 2010 mit 1938, als man glaubte, Hitler mit Zugeständnissen von Aggressionen abhalten zu können. Der Zweite Weltkrieg war die Folge. «Ich glaube wirklich, dass es zum Krieg kommt, ob wir es wollen oder nicht – darum sollten wir die Umstände bestimmen.»

Freunde gefoltert

Der Iraner, Autor des Buchs «Eine Zeit für den Verrat»,  verlor den Glauben an Ayatollah Khomeini und sein Regime, als Freunde  gefoltert und hingerichtet wurden. Er hatte in Kalifornien Computertechnik studiert und war zurückgekehrt, um die Islamische Republik mit aufzubauen. Er trainierte Revolutionswächter am Computer; in den 1980er Jahren spionierte er das Rückgrat des Regimes aus.

Globales Chaos – dann kommt der Mahdi

Für Kahlili sind Ahmadinedschad und Co. eine Gefahr für den Weltfrieden – und dies umso mehr, weil sie ein islamisch-messianisches Endzeitbewusstsein haben: Die Machthaber glaubten daran, dass sich die meisten Voraussagen der islamischen Überlieferung fürs Kommen des Mahdi (für die Endzeit erwarteter totalitärer islamischer Herrscher) bereits erfüllt hätten. Kahlili: «Es bleibt nur noch, Israel zu zerstören, die Ölfelder am Golf und europäische Hauptstädte anzugreifen und die Agenten in den USA zu aktivieren. Dies würde das Chaos und die Gesetzlosigkeit und den globalen wirtschaftlichen Absturz bewirken, in dem ein Drittel der Weltbevölkerung umkommt und der Rest extreme Not leidet. Dann – so glauben sie – wird der Imam Mahdi wieder erscheinen und den Rest der Ungläubigen töten.» Dass Teheran die Fanatiker der Hisbollah derart hochgerüstet habe, zeige die Verrücktheit des Regimes an, sagte Kahlili.

Sanktionen

Die New York Times fasste das Bedrohungsszenario dieser Tage mit dem Titel zusammen, rund um die Welt herrsche Bestürzung. Nach einem geheimen Dokument, das Wikileaks online stellte, vermuten die USA nun auch, dass Nordkorea dem Iran fortgeschrittene Raketentechnologie verkauft hat, welche Westeuropa und die russische Hauptstadt Moskau in Reichweite bringen. Die verschärften Sanktionen, die die Administration Obama auf den Weg brachte, haben die Bedrohung nicht gemildert. Amerika versuchte auch die chinesische Abhängigkeit von iranischen Energielieferungen durch eine Avance der Saudis zu mildern.

Nahöstliche Allianz

Der Iran hat es mit seinem rücksichtslosen Streben nach regionaler Vormacht geschafft, Israel und die Herrscher der arabischen Länder in ein Boot zu bringen – ohne dass diese es öffentlich machen würden. Im Gespräch mit seinem französischen Amtskollegen Morin sagte US-Verteidigungsminister Robert Gates Mitte Februar 2010, Israel wäre zu einem militärischen Schlag fähig, doch zweifelte er daran, dass dieser Irans nukleare Fähigkeit um mehr als drei Jahre zurückwerfen würde.

Doppelzüngige Araber

Mit der iranischen Atomrüstung sind die schiitischen Minderheiten in den arabischen Ländern viel selbstbewusster geworden, vor allem im Libanon, wo sich die Hisbollah wieder mit Zehntausenden von Raketen bewaffnen konnte. Machthaber am Golf rieten US-Präsident Bush, nicht gegen Saddam Hussein vorzugehen, sondern Irans Streben nach Vormacht zu stoppen. Dem Ärger der Araber über den Irakkrieg entsprach der Unmut der Amerikaner, dass diese sich nicht offen gegen den Iran stellen wollten. Zwar bezeichnete Kronprinz bin Sayed von Abu Dhabi Ahmadinedschad als «Hitler» – er wies auch auf den mageren Informationsstand hin. «Jede Kultur, die geduldig und zielstrebig genug ist, um Jahre an einem einzigen Teppich zu arbeiten, vermag Jahre oder gar Jahrzehnte auf das Erreichen grosser Ziele zu warten.» Nicht was die Staatenwelt über den Iran wisse, sei beunruhigend, sondern was sie nicht wisse. 

Datum: 02.12.2010
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet / New York Times, Haaretz

Werbung
Livenet Service
Werbung