Das schwerste Thema

Tim Keller: Über den Tod

Timothy Keller
Der Tod hat in unserer Gesellschaft keinen Platz mehr. Doch der Versuch, ihn totzuschweigen, muss misslingen: Schliesslich stirbt jeder Mensch einmal, und die Auseinandersetzung damit ermöglicht ein lebendigeres Leben. – Eine Buchrezension.

Das amerikanische Original «On death» ist in einer Ratgeberreihe mit anderen Büchern erschienen: neben einem Buch «Über die Ehe», das man Trauwilligen zur Hochzeit schenken kann. Doch bei welcher Gelegenheit verschenkt man ein Buch übers Sterben? Timothy Keller würde sagen: «Jederzeit. Und wartet nicht zu lange damit, denn um das Leben gut gestalten zu können, sollte man sich mit dem Tod auseinandersetzen.»

«Futter für die Würmer»

Timothy Kellers Buch «Über den Tod – In Sterben und Tod die Hoffnung behalten» hat nur 96 Seiten und lässt sich gut an einem halben Nachmittag durchlesen. Der Brunnen Verlag bezeichnet es als Topseller, was dem Thema sicher entsprechen würde, denn tatsächlich hat sich im Laufe der Menschheitsgeschichte vieles weiterentwickelt, nur eines nicht: Die menschliche Sterberate ist bei genau 100 Prozent geblieben. Wir sind – wie Shakespeare es drastisch ausdrückte – «Futter für die Würmer». In früheren Generationen gehörte der Tod auf unangenehme und gleichzeitig normale Art zum Leben dazu: Jeder erlebte es, dass Familienangehörige zu Hause starben. Heute hat der Tod den Sex als Tabuthema abgelöst, denn «darüber spricht man nicht».

Buchcover «Über den Tod»

Fast im Plauderton tut Keller aber genau das. Er macht den Tod zum Thema. Er zeigt auf, was für viele so beängstigend am Sterben ist, und lässt dabei Dichter und Denker aus allen Zeiten zu Wort kommen. Wichtig ist ihm die Schlussfolgerung, dass wir in Christus einen «Wegbereiter» haben, der den Tod bereits besiegt hat. «Anstatt in Angst vor dem Tod zu leben, sollten wir ihn als geistliches Riechsalz betrachten, das uns aus unserem falschen Glauben aufweckt, dass unser Leben ewig so weitergehen würde.»

Wohltuende Kürze

In einem zweiten Abschnitt geht Keller auf Aspekte ein, die eng mit dem Tod zusammenhängen: Er spricht von Trauer, von Hoffnung und Trost. Bei aller Kürze wird er dabei nie platt. Stattdessen verknüpft er gesellschaftliche Prägungen und Erwartungen immer wieder mit biblischen Gedanken. Und diese wirken so, als wenn man in einem stickigen Raum das Fenster öffnet: Da kommt Gottes frische Brise ins Leben hinein, wie traurig es auch gerade sein mag. So hält Keller denn auch fest: «Trauern Sie mit Hoffnung; wachen Sie auf und haben Sie Frieden; lachen Sie im Angesicht des Todes und singen Sie vor Freude über das, was kommen wird. Wenn Jesus Christus Ihre Hand hält, können Sie singen.»

Persönliche Nähe

Besonders persönlich und nah wird das Buch durch sein letztes Kapitel, das es im amerikanischen Original nicht gibt. Nur wenige Wochen nach dessen Veröffentlichung erhielt der inzwischen 72-Jährige die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs. Natürlich hatte er als Pastor viele Menschen auf ihrem letzten Weg begleitet und war für deren Angehörige da, aber plötzlich ging es um ihn – und er fühlte sich noch nicht alt genug, um zu sterben. Im letzten Abschnitt schreibt Keller, wie er sich selbst mit seinem nahenden Tod auseinandersetzte. «Mein Blick fiel auf mein Buch 'On Death', das nebenan auf einem Tisch lag. Ich wagte nicht, es aufzuschlagen und zu lesen, was ich geschrieben hatte.» Doch er fand zurück zu einer Perspektive, die von Gottes Frieden geprägt war. Besonders dieser Blick in sein Herz macht das Buch zu etwas Besonderem. Dabei gehört es mit der Hoffnung, die es ausstrahlt, nicht erst auf den Nachttisch im Altenheim, sondern es gehört mitten hinein ins Leben.

Zum Buch:
Über den Tod

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Datum: 22.04.2023
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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