Biblische Knochenurne auf Transport beschädigt

Die eingravierte Knochenurne

Der Knochenkasten, der kürzlich in der Presse für Aufsehen sorgte, soll beim Transport nach Kanada beschädigt worden sein, meldete Radio Vatikan. Das bestätigten Museums-Verantwortliche in Toronto. Die Existenz des steinernen Kastens, der womöglich einmal die Gebeine von Jakobus, dem Bruder von Jesus barg, war erst vor kurzem in Israel der Öffentlichkeit präsentiert worden. Ab Mitte November sollte er in Kanada erstmals ausgestellt werden. Wie stark er beim Transport beschädigt wurde, ist noch unklar.

Kürzlich erregte die amerikanische Zeitschrift "Biblical Archeology Review" viel Aufsehen (wir berichteten darüber). Das Magazin eröffnete die Debatte um die Knochenurne aus Kalkstein mit der aramäischen Inschrift: Jakobus, Sohn des Josefs, Bruder von Jesus! Gemäss Hershel Shanks, Redaktor der obigen Zeitschrift könnte sich der Jakobus-Ossuar als der wichtigste Fund in der Geschichte der neutestamentlichen Archäologie erweisen.

Ungewöhnlicher Fund

Ungewöhnlich und unüblich daran ist die Inschrift mit dem Hinweis auf einen Bruder Jesus. Es existieren bereits zehn andere Behälter mit dem Namen Jesus. Jakob, Josef und Jesus waren damals gängige Namen. Diese Urnen wurden zwischen 10 - 70 nach Christus im Totenritual häufig benutzt. Die Juden pflegten ihre Toten mehrere Monate in Grabhöhlen verwesen zu lassen, bevor sie die Gebeine einsammelten und in diesen Behältern bestatteten. Das erklärt auch, warum Jesus nach seinem Tod am Kreuz in einer solchen Höhle beigesetzt wurde.

Jakobus, Bruder Jesus?

An dieser Entdeckung erhitzten sich teilweise die Gemüter und die Kommentare dazu waren vielfältig. Der Umstand, dass Jesus möglicherweise einen leiblichen Bruder hatte, irritiert. Obwohl die Bibel eindeutige Hinweise gibt, und historische Schriften Jakobus als Bruder von Jesus nennen. ( Matthäus 13, 55-56).

Jakobus genoss in der frühchristlichen Kirche hohes Ansehen, wurde zum Bischof von Jerusalem ernannt und im Jahre 62 n. Chr. zu Tode gesteinigt. Dass Jesus Geschwister hatte, ist historisch wahrscheinlich und biblisch belegt, schreibt die NZZ. Es handelt sich dabei um einen indirekten Beweis für die Existenz von Jesus. Die Himmelfahrt von Jesus wird damit nicht hinter fragt.

Weitere Hinweise im Umfeld von Jesus

Der NTV Korrespondent U.W. Sham berichtete, dass im Jahr 2000 im Israel Museum in Jerusalem eine Ausstellung statt fand, die andere Fundgegenstände zeigte wie Tempelgeld und Trinkgefässe mit dem Namenszug von Pontius Pilatus. Zwar lieferten diese Gegenstände nicht einen eindeutigen Beweis für Jesus Existenz, doch das Umfeld und viele Beschreibungen des Neuen Testaments würden damit "bestätigt"

In einer andern vor zwanzig Jahren entdeckten Urne mit der Aufschrift: "Johanan, Sohn des Hagkol" machten die Archäologen eine andere sensationelle Entdeckung. Der Mann war gekreuzigt worden, denn im Fussknöchel steckte noch ein dicker Eisennagel sowie ein Stückchen Holz. Obwohl im römischen Reich die Hinrichtung per Kreuz üblich war, ist dies bislang der einzige archäologische Beweis für diese Hinrichtungsmethode.

Auch der Spiegel kommentiert den Fund: „Lemaire, der Entdecker der Urne, gilt in Fachkreisen als seriöser Wissenschaftler. Dennoch äusserten Kenner Zweifel an der Authentizität. Eine Fälschung der Kiste sei zwar nicht wahrscheinlich, aber auch nicht völlig auszuschliessen. Labortests israelischer Geologen zufolge sei diese von Plünderern im Süden Jerusalems gefunden worden, Vor 15 Jahren erwarb ein israelischer Sammler, der anonym bleiben will, diese Urne von einem Antiquitätenhändler.“

Die TAZ schrieb: „Der früheste archäologische Fund, der bisher Jesus erwähnte, ist ein Papyrus-Fragment, das etwa auf das Jahr 125 n. Chr. datiert wird. Es ist ein Ausschnitt aus dem Evangelium des Johannes. Die früheste nichtchristliche Erwähnung Jesu, entstanden etwa 93 n. Chr. und kommt vom römisch-jüdischen Historiker Josephus Flavius.“ Ob es sich nun tatsächlich um eine Fälschung handelt oder nicht, bleibe ungewiss und sei eine Glaubensfrage.

Andererseits haben israelische Geologen laut einem Artikel im US-Fachmagazin Biblical Archeology Review nachgewiesen, dass das Ossarium aus der Mitte des 1. Jahrhunderts stammt. An ihm seien keine Eingriffe aus jüngerer Zeit festgestellt worden, hiess es auf einer Pressekonferenz der Zeitschrift. Es sei ein Schriftstil benutzt worden, der in der Zeit von 10-70 n. Chr. gebräuchlich war. Das Besondere aber sei, dass überhaupt ein Bruder genannt wird. "Von den hunderten von Ossarien, die er kenne", so Lemaire, "sei das nur bei einem weiteren der Fall. Der Name eines Bruders sei nur dann anzutreffen, wenn er berühmt war". Deshalb hält Lemaire es für "sehr wahrscheinlich", dass der genannte Jakob nur der Bruder des damals durchaus bekannten Jesus von Nazareth gewesen ist.

Kritische Stimmen

Die Welt am Sonntag stellt sich kritisch zu diesem Fund. Sie berichtet: Solche Knochenkästen wurden in einer vor einigen Jahren entdeckten Werkstatt auf dem Skopusberg in Jerusalem gefertigt und verkauft. Allerdings wurde während dem Golfkrieg in einer noch unberührten Grabkammern eine sehr aufwendig verzierten Urne gefunden mit der Inschrift: "Josef, Sohn Kaiphas. Für die Archäologen besteht kein Zweifel, dass es sich um den berühmten Hohepriester Kaiphas, der Jesus den Römern übegab, handelt. Die Depeschenagentur zitiert den renommierten Bonner Alttestamentler Prof. Heinz-Josef Fabry, der den Fund als fragwürdig bezeichnet und bemerkt: "Jakobus wird im Neuen Testament als "Herrenbruder" von Jesus bezeichnet, was jedoch nichts über eine leibliche Zuordnung zu Jesus aussagt. Auffällig daran ist allerdings die Datierung, die mit dem Tod von Jakobus übereinstimmt".

Reaktionen aus dem Publikum

Die Stimmen aus der Leserschaft sind eher positiv: Der Mensch braucht immer Beweise, um glauben zu können. So wie einst Thomas, der erst die Male an Jesus Händen sehen wollte, bevor er Jesus als Auferstandenen anerkannte. Es sei lachhaft, was die Menschen von Ihrem Schöpfer solches fordern. Das wäre, als würde sich Gott dem Willen der Menschen unterwerfen. Diese Knochen stellen das gesamte katholische Weltbild auf den Kopf. So lauten die Stimmen. Spiegel zitiert Joseph Fritzmeyer von der Catholic University of America folgendermassen: "Das Problem ist, dass wir wissen müssen, ob es sich bei dem erwähnten Jesus um Jesus von Nazareth handelt. Das aber kann niemand beweisen!".

Eine Glaubensfrage

Schlussendlich bleibt es eine Glaubensfrage. Und da die Urne offenbar jetzt beim Transport beschädigt wurde - sowieso. Würden die Menschen an Jesus glauben, wenn ein glasklarer Beweis auftaucht? Anderseits, was geschieht, wenn Beweise totgeschwiegen werden? Schon Jesus gab seinen Zeitgenossen eine Antwort: "Wenn die Jünger schweigen, so werden es die Steine hinausschreien". ( Lukas 19, Vers 40). Gemeint ist die Wahrheit.

Datum: 05.11.2002
Autor: Antoinette Lüchinger
Quelle: Livenet.ch

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