Im 17. Jahrhundert vertrat der anglikanische Geistliche Thomas Brightman (1557-1607) in seiner lateinischen Schrift „Apocalypsis Apocalypseos“ die Idee der Wiederherstellung Israels und der Rückkehr der Juden nach Palästina, um ihr Königreich wiederherzustellen. Als der Autor und Anwalt Sir Henry Finch (1558-1625), ebenso bibelorientierter Christ, sein Buch „The World’s Great Restoration“ (Die grosse Wiederherstellung der Welt) 1621 in London herausgab, wurde er dafür ins Gefängnis geworfen. Es war das erste Mal in der Geschichte des Zionismus, dass ein Mensch für die offene Unterstützung der Idee der Rückkehr des Volkes Israel mit seiner Freiheit bezahlen musste. Um seine Haftentlassung zu erwirken, musste er einige seiner Aussagen widerrufen und sich entschuldigen. Der Beginn des Pietismus war geprägt durch Philipp Jacob Spener (1635-1705). Er plädierte neben seinen kirchlichen Reformen für einen neuen Umgang mit den Juden. Spener warb dafür, für das jüdische Volk zu beten und ihnen in tätiger Liebe zu begegnen. Daraus entstand unter den bibelorientierten Christen ein positiveres Verhältnis zu Menschen jüdischer Herkunft. Der Arzt Johann Heinrich Jung-Stilling (1740-1817) verkündete prophetisch einen israelischen Handelsstaat im damaligen Palästina. Er schrieb in seinem Werk „Das Heimweh von Heinrich Stilling“ prophetisch: „Gott hat durch seine Knechte, die Propheten der alten Zeit, verkündigt, dass das Volk Israel in alle vier Winde zerstreut werden sollte. Wer kann leugnen, dass es nicht geschehen sei? Dieses Volk Israel besteht noch in aller seiner Kraft und nach seinem ganzen Volkscharakter. – Eben durch die nämlichen Propheten hat er auch verkündigt, dass dieses Volk wieder in das Land gebracht werden soll, das er ihren Stammvätern und ihren Nachkommen auf ewig zu besitzen verheissen hat.“ In diesem Zusammenhang schrieb er auch: „Dieses Volk… wird alsdann dort einen Handelsstaat gründen, der wegen seiner vortrefflichen Lage die Gewerbe aller Teile der Welt an sich ziehen wird. …Wer lachen oder spotten mag, der lache und spotte, die Zeit wird mich rechtfertigen.“ In England entstand 1809 eine Missionsgesellschaft, die sich von der traditionell-christlichen Feindschaft zum jüdischen Volk loslöste und sich der Juden annahm. Auf dem europäischen Festland nahm Basel in der Schweiz als freie Stadt eine Vorreiterrolle ein. Christian Friedrich Spittler (1782-1867), der Sekretär der „Christentumsgesellschaft“ und spätere Gründer der Pilgermission St. Chrischona, sorgte dafür, dass 1812 jüdische Kinder in Basel eine Ausbildung erhielten und 1820 die erste Judenmissionsgesellschaft auf dem Kontinent gegründet wurde. Der spätere Münsterpfarrer in Basel, Samuel P. Preiswerk, Mitglied im „Verein der Freunde Israels“, schlug schon 1838 visionär die Bezeichnung „Erez Israel“ für das Gebiet eines künftigen jüdischen Staates vor, obwohl damals nur der Begriff ‚Palästina’ üblich war. Die 1833 entstandene „Pilgermissionsgesellschaft“ beauftragte 1836 den Mechaniker W. F. Franz aus St. Gallen, Palästina zu erkunden und den christlichen Naturforscher und Gelehrten, Hofrat und Professor Dr. von Schubert aus München zu begleiten. Letzterer hatte bei Ibrahim Pascha in Ägypten, dem damaligen Herrscher über den Nahen Osten, angefragt, ob es der Pilgermission gewährt würde, eine Siedlung im Nahen Osten aufzubauen. Am 12. November 1837 schrieb von Schubert an die Pilgermission, dass sich der ägyptische Herrscher „gegen die Hineinführung von deutschen Kolonisten in die fruchtbare Ebene von Jesreel gar nicht abgeneigt geäussert habe“. Von Schubert fuhr fort: „Liebe Mitglieder der Pilgermission, eine Bitte: Sendet christliche deutsche Handwerksleute nach Jerusalem.“ Doch am 12. November 1838 erhielt die Pilgermission eine Absage. Nach der politischen Wende im Nahen Osten 1841 wurde Spittler wieder aktiv. 1846 sandte die Pilgermission Conrad Schick und Ferdinand Palmer ins damalige Palästina aus. Sie gehörten zu den ersten Abgängern der 1840 gegründeten theologischen Schule auf St. Chrischona. Damit waren bereits Christen in Israel, um Jerusalem aufzubauen, bevor Theodor Herzl (1860-1904), der Begründer der zionistischen Bewegung, geboren wurde, und als noch kaum jemand in der jüdischen Welt an einen realen Aufbau von Zion dachte. Der Schweizer Samuel Gobat, der von 1846 bis 1897 Bischof des Protestantisch-Preussisch-Anglikanischen Bistums in Jerusalem war, hatte hervorragende Beziehungen zur türkischen Regierung. Er war der Erste, der deutsche Diakonissen ins Heilige Land brachte. Diese Schwestern errichteten ab 1851 Schulen und waren in Gesundheitsorganisationen und in der Sozialarbeit tätig. Die Türken machten den jüdischen Immigranten das Leben schwer. Nur mit hohen Schmiergeldern war es ihnen möglich, Grundstücke zu erwerben. Nach dem Sondervertrag von Preussen mit den Türken vom 7.6.1869 war es den Deutschen jedoch gestattet, Grund zu erwerben. Conrad Schick, als Architekt, und Johann Frutiger, als Bankier, kauften und bebauten daher die Grundstücke in den späteren Wohnvierteln Mea Schearim (1875) und Machane Jehuda ausserhalb der Altstadt von Jerusalem. Die Häuser überliessen sie den jüdischen Immigranten in einer Art Mietkaufvertrag. Schick wurde durch sein handwerkliches Können zum Stadtbaumeister von Jerusalem. Zahlreiche Bauten ausserhalb der Stadtmauer entstanden unter seiner Regie, wie beispielsweise das Kinderkrankenhaus „Talitha Kumi“ der Kaiserswerther Diakonissen und andere Häuser an der Prophetenstrasse. Darüber hinaus machte Schick auch archäologische Entdeckungen. Er erstellte genaue Pläne und Modelle von Jerusalem und dem Tempelberg, die wie durch ein Wunder noch heute existieren. 1896 wurde Schick von der Universität Tübingen die Ehrendoktorwürde verliehen. Johann Frutiger (1836-1899), übernahm die von der Pilgermission gegründete Handelsgesellschaft „C. F. Spittler & Co.“ im Nahen Osten. Als eine der grössten und angesehensten Firmen Palästinas führte sie sogar eine eigene Bankabteilung. Diese Handelsgesellschaft ermöglichte es den Menschen dort, eine Existenz aufzubauen, ohne auf die Güter des modernen Lebens verzichten zu müssen. Frutiger gründete die „Banque Ottomane J. Frutiger & Co.“ und beteiligte sich auch an der Finanzierung der Bahnlinie zwischen Jaffa und Jerusalem. Als weitere deutsche Bewegung traf die „Templer-Gesellschaft“ aus dem Raum Stuttgart mit Christoph Hoffmann, einem ehemaligen Mitarbeiter von Spittler, 1868 in Haifa ein. Sie setzten die ursprüngliche Vision der Pilgermission um und bauten landwirtschaftliche Siedlungen in Haifa, Jaffa und Jerusalem. Die deutschen Siedler waren wesentlich an der Entwicklung der Landwirtschaft sowie am Aufbau einer ersten Infrastruktur im Land beteiligt. Der Bau der ersten befahrbaren Strasse zwischen Jerusalem und Jaffa ist ihnen zu verdanken. Interessant ist auch, dass die alteingesessene jüdische Bevölkerung der Stadt Jerusalem unter dem Schutz der Konsulate Deutschlands und Österreichs gegen türkische Übergriffe stand. Angespornt durch die protestantischen Werke errichteten die Juden eigene Einrichtungen für ihre Armen, was dazu führte, dass sich das Hauptaugenmerk der protestantischen Hilfswerke immer mehr auf die arabische Bevölkerung richtete. Doch letztlich wurde durch das zunehmende Aufkommen von Organisationen dieser Art die Grundversorgung aller Einwohner angehoben. Der Christ William Hechler (1845-1931) ermöglichte Theodor Herzl im Jahr 1898 ein Treffen mit dem deutschen Kaiser Wilhelm II. in Palästina. Hechler war auch Gast beim ersten Zionistenkongress 1897 in Basel, ebenso wie andere Christen, die sich im Hintergrund massgeblich für dieses Ereignis eingesetzt hatten. Dazu gehörte Paul Kober-Gobat, der sich um die publizistische Verbreitung der zionistischen Ideen kümmerte. In seinem Verlag („Verlag Kober, C.F. Spittlers Nachfolger“) erschien das Buch „Das Erwachen der jüdischen Nation“ des Basler Professors Friedrich Heman, eines Judenchristen. Bernhard Collin-Bernoulli (ebenfalls Judenchrist), der 1865 den Konsumverein gründete, stand den Zionisten in Sachen Presse zur Seite. Bibelorientierte Christen sahen aufgrund biblischer Aussagen die Notwendigkeit, den Nahen Osten für die Ankunft des Messias vorzubereiten. Sie schufen Infrastrukturen, die den Lebensstandard der lokalen Bevölkerung schlagartig veränderte und das damalige Palästina wieder in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit rückte. Die Namen der deutschen Pioniere wurden durch die Weltkriege überschattet. Dennoch bleibt ihr wesentlicher Beitrag zum Aufbau der Infrastruktur des Nahen Ostens sowie zur Unterstützung der Menschen dort unumstritten. Der Autor: Hanspeter Obrist ist Leiter der Arbeitsgemeinschaft für das messianische Zeugnis an Israel ( www.amzi.org ). Er studierte vier Jahre am Theologischen Seminar St. Chrischona bei Basel Schweiz. Nach seiner Ordination zum geistlichen Dienst war er in den Chrischona-Gemeinden Weinfelden und Rüti tätig. Der diplomierte Ausbilder und Theologe ist seit über 20 Jahren verheiratet und lebt in Arlesheim (Schweiz). Da er mehrmals jährlich verschiedene Werke und Gemeinden in Israel besucht, hat er einen grossen Einblick in die messianische und arabisch-christliche Bewegung.Vordenker in Deutschland
Israel wird zum Thema
Erez Israel im Blickfeld
Pilgermission sendet Leute in den Nahen Osten
Conrad Schick in Jerusalem
Andere Schlüsselfiguren
Entwicklung der Landwirtschaft
Positive Herausforderung
Christen an der Seite Herzls
Wegbereiter Israels
Datum: 29.04.2008
Autor: Hanspeter Obrist
Quelle: amzi