Väter und Söhne – miteinander
(…) Die Jugendlichen gingen gestern durch Winterthur, sahen einen Brunnen – und stiegen darauf, um zu predigen. Da war einer bei ihnen, der vor zwei Wochen Christ geworden war. Er schaute ihnen zu und fand, wenn dies normal sei, dann tue er das auch – stieg auf den Brunnen und predigte.
Oft geht es mir so wie den Jüngern in Lukas 10, die begeistert von ihrer erfolgreichen Predigttour zurückkamen. Jesus wies sie darauf hin, sie sollten sich vor allem darüber freuen, dass ihr Name im Himmel aufgeschrieben ist.
Die nächste Generation
Ich empfinde in den letzten Jahren bei der Leidenschaft unter Jugendlichen, die da aufbricht – immer wieder hören wir prophetische Worte, dass die nächste Generation, die nächste Generation es bringen wird – auch einen grossen Schmerz. Weil ich echt nicht glaube, dass die nächste Generation es bringen wird. Ich glaube, dass Jesus es bringen wird.
Jesus verherrlicht sich nicht nur durch eine Generation. Sondern dort, wo Menschen sich zusammenschliessen, wie Geri Keller gesagt hat. Wo Menschen in Gemeinschaft laufen. Wo Menschen in echter Verbindung zueinander stehen. Eine die Generationen übergreifende Verbindung gehört absolut dazu.
Ein Schlüssel
Ich glaube, dass der letzte Vers des Alten Testaments, Maleachi 3,24, eine enorme Bedeutung hat für unsere Tage – wie ein Schlüssel zum Neuen Testament. Gott sagt, dass er nochmals das Herz der Väter zu den Söhnen und das Herz der Mütter zu den Töchtern kehren will, damit das Land vor einem Bann geschützt wird.
Einander die Hände geben
Freunde, ich glaube nicht, dass unser Kontinent (mit dem Evangelium) erreicht wird durch die nächste Generation, sondern ich glaube, dass dann der Segen hereinbricht, nach dem wir uns sehnen, wenn wir uns gegenseitig demütigen und einander die Hände reichen. Ich glaube, dass dann die Herrlichkeit Gottes durchbricht, wenn die junge Generation sich wieder einreiht in diesen gewaltigen Fluss der Väter und diesen Vätern wieder Ehre gibt.
Die grosse Lüge
Wir haben eine gewaltige humanistische Lüge in unserem Herzen: Wir glauben, dass wir nur dann zu mündigen Menschen werden, wenn wir uns unabhängig machen. Das ist nicht die Wahrheit. Die Wahrheit ist, dass nur dann die Qualität von Gottes Reich durchbrechen kann (Epheser 4,16), wenn wir uns voneinander abhängig machen. Und wenn wir das Wort ‚abhängig’ hören, kriegen wir die Krise; ich schliesse mich da ein.
Leiter – oder Vater?
Wir haben das Wort falsch gefüllt – mit Menschen, die Leiterschaft ausgeübt haben und nicht Vaterschaft. Ich glaube nicht, dass wir von Leitern abhängig werden sollten – aber ich glaube, dass wir von Vätern und Müttern abhängig werden sollten (Applaus).
Ein Leiter hat die Sehnsucht, dass die nächste Generation seinen Dienst weiterführt. Ein Vater, dass die nächste Generation in Kraft kommt. Die Geschichte von Elia und Elisa hat mein Herz tief berührt. Gott gab Elia in der Krise (1. Könige 19) ein Rezept: Geh und nimm dich Elisa. Zwei andere salbte er. Mit Elisa ist er gelaufen. Und dieser Mann kriegte die doppelte Salbung.
Die doppelte Salbung
Der Unterschied: Elia kroch unter dem Ginsterbaum hervor und gab nicht nur sein Öl, seine Salbung, seinen Dienst weiter, sondern sein Leben. Elisa schlachtete seine Kühe auf der Stelle, sein grosses Gespann, seinen Stolz, um mit Elia zu gehen, um ihm im mühsamen Alltag zur Seite zu stehen. Dann kam das gewaltige Wunder, dieser Elisa die doppelte Salbung kriegte (2. Könige 2).
Aufruf an die junge Generation
Junge Generation, wenn wir nicht nicht zurückkehren zu den Herzen der Väter und Mütter, wird es vielleicht am Schluss unseres Lebens ein paar Geschichten, ein paar Bücher mehr geben über uns, aber das Reich Gottes wird nicht in einer neuen Qualität anbrechen. Wir müssen dringend dahin zurückkommen, dass wir uns wieder abhängig machen von unseren Vätern und Müttern.
Ich habe Jahre gemeint, mit mir komme die Radikalität, mit meiner Generation. Und mich unabhängig gemacht auch von meinem Elternhaus. Erst kürzlich, nachdem ich Hunderte Male darüber gepredigt hatte, wusste ich beim Nachhausefahren: Jetzt bist du dran.
Den Vater nochmals geehrt
Ich habe wunderbare Eltern. Ich rief meinen Vater an und sagte: Vater, ich möchte mit dir einen Tag der Stille verbringen. Das wollten wir schon früher einmal, aber ich war damals froh, dass er nicht reagiert hatte. Ich wusste: Nun muss es sein. Ich muss meinem Vater nochmals das Mandat des Vaters geben.
Dann sassen wir in dieser Stille, und es war still. Ich wusste, in mir drin geht es darum, all diese Rebellion, diesen Stolz – zu meinen, die junge Generation habe es im Griff – nochmals hinzulegen und zu sagen: Vater, ich brauche dich.
Gemeinsam gehen
Väter und Mütter, mein Appell an euch ist: Glaubt nicht, dass wir euch nicht brauchen. Glaubt nicht, nur weil ihr nicht wisst, was ein MP3 ist, dass wir euch nicht brauchen (Lachen und Applaus). Wir brauchen euch dringend, nicht um euch zu missbrauchen (damit wir etwas besser werden), sondern wir wissen: Gottes Reich kommt nur dann in Qualität, wenn wir gemeinsam gehen.
Wir haben vier Kinder. Ich bin Vater und Trainer meines Sohnes. Mein Sohn spielt Handball wie ich früher. Wenn ich auf der Trainerbank sitze, braucht Timo nicht einen Trainer, sondern einen Vater. An einem Turnier lief es ihm überhaupt nicht gut. Er war im Spiel und schoss und schoss – und traf nicht. Ich nahm ihn zu mir und forderte ihn auf, nicht solchen Käse zu spielen, sondern sich Mühe zu geben. Der Trainer hatte gesprochen. Er ging wieder ins Spiel und schoss – und traf nicht. Das gibt’s doch nicht, dachte ich.
Vertrauen und ermutigen
Dann sprach Gott zu mir und sagte: Timo braucht keinen Trainer, er braucht einen Vater. Ich ging zu ihm hin und wusste: Es geht nicht darum, ihn jetzt zu korrigieren. Ich glaube, das ist der Schmerz, den wir haben in unseren Herzen zwischen den Generationen. Wir haben einander sehr gut kritisiert und kontrolliert und in Schranken gehalten.
Freunde, in Versöhnung zu leben heisst, einander zu vertrauen. Ich habe ihm nur gesagt: Timo, ich vertraue dir. – Das geschah auch in der Geschichte von Elia und Elisa. Es ist der Schlüssel, dass das Reich Gottes in unserer Nation in Qualität kommt.
Wo Gottes Schönheit leuchtet
Wenn ich mir irgendwas wünsche für dieses Camp, ist es, dass Gott es hervorbringt. Denn die Schönheit Gottes offenbart sich dort, wo Väter und Mütter mit ihren Kindern in Einheit vorwärts gehen und ihr Herz zueinander kehren.
Die Zeit ist jetzt reif, dass eine Reformation in meinem Herzen geschieht. Wo ich nicht länger suche, was uns dient, wie wir radikaler werden können. Sondern wo wir als junge Generation mit allem, was wir haben, die Ehre unserer Väter und Mütter suchen. Das fängt nicht auf der Bühne oder im Levitencamp an, sondern in meinem eigenen Zuhause. Dazu wünsche ich mir viel Mut.
Datum: 02.08.2005
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch