Eishockey: Israel grüsst aus Division I

Ueli Schwarz, Eishockey-Experte beim Schweizer Fernsehen
Jonathan Aitken: Hat er jüdische Wurzeln?
Oder David Andreychuk?
Vielleicht Jozef Balej?
Oder Joel Kwiatkowski?

Israels Eishockey-Team spielt ab April 2006 eine Liga weiter oben. Eine frühere Ankündigung von Livenet hat sich damit erfüllt. Und es könnte für das Team noch höher hinausgehen.

Im letzten Frühjahr prophezeite diese Homepage: «Israel kann im Eishockey ganz vorne mitmischen.» Dann nämlich, wenn internationale Hockeycracks mit jüdischen Wurzeln für ihr Heimatland spielen. Mittlerweile ist das Team aus der Division II (ehemals C-WM) in die Division I (ehemals B-WM) aufgestiegen. Ein Gespräch mit Lihu Ichilov, dem Generalsekretär des israelischen Eishockeyverbandes, zeigt, wie es im Land der Bibel um diesen Sport bestellt ist. – Hier also eine kleine Chronologie der Ereignisse.

Anfang März 05, Eishockeystadion «St.-Jakob-Arena» in Basel. Basel und Langenthal stehen gerade im Playoff-Halbfinal der Nationalliga B. Mit dabei auf der Presse-Tribüne: Ueli Schwarz, Sportchef des EHC Basel und Fernsehexperte beim Thema Eishockey. Wir sprechen mit Schwarz über das israelische Team. Zuerst über das Niveau der Division II, wo Israel damals noch spielte. Schwarz: «Ich gehe davon aus, dass es nach Schweizer Kategorien mittleres bis hinteres Erstliga-Niveau hat.»

Bei einem einzigen Block [i]mit jüdischen Spielern aus der NHL, der amerikanisch-kanadischen Spitzen-Liga, sähe die Sache, wie Schwarz meinte, ganz anders aus. «Sie würden die Gruppe gewinnen und das nächsthöhere Niveau erreichen.» Noch weiter nach oben käme man mit nur einem Block dann nicht mehr, erklärt Schwarz. Die WM-Klasse mit Kanada, Schweden, Tschechien und der Schweiz bliebe also unerreichbar. Doch inzwischen hat Israel sogar ohne diesen Block den Sprung in Division I geschafft.

Mitte April 05, in Belgrad, WM der Division II. Israel schafft die Sensation. Das Team aus dem Land der Bibel steigt in die Division I (früher B-WM) auf. An der Bande steht Stanley-Cup-Sieger[ii] Jean Perron als Trainer der israelischen Nationalmannschaft.

Israel, das nur eine einzige Eishalle im Land hat, setzt sich durch gegen Teams wie dem Tabellenzweiten und Gastgeber Serbien-Montenegro, gegen Belgien, Spanien und Island. In früheren Jahren lag Israel oft in den hinteren Rängen dieser Spielklasse. Die meisten Spieler im Team sind Juden aus Nordamerika und Russland, die sich in Israel einbürgern liessen. Bis auf Alon Eizenmann vom französischen Finalisten «Tours» und dem College-Stürmer Oren Eizenman bestritten jedoch sämtliche Spieler die Saison in der israelischen Liga.

Deutschland stieg übrigens aus der höchsten Division ab in die zweithöchste – die Division I – und wird dort im April 2006 unter anderem auf Israel treffen.

Oktober 2005, Schweiz/Israel. Livenet ist im Gespräch mit Lihu Ichilov, dem Generalsekretär des israelischen Eishockey-Verbandes. Wir prognostizierten ja, dass Israel sogar um den WM-Titel in der höchsten Division mitspielen könnte. Dann wenn diverse Spieler mit jüdischen Wurzeln aus der NHL und/oder anderen Top-Ligen für Israel spielen würden. Was meint Ichilov zur Livenet.ch-Idee? «Die Theorie mit den NHL-Spielern ist in der Tat sehr schön. Aber Leider hat der Internationale Eishockey-Verband (IIHF) ein Nebengesetz. Das schreibt vor, dass ein Nationalspieler einen gültigen Pass des Landes besitzen muss, für das er antritt, und dass er zuvor mindestens drei Jahre in seiner Heimat gespielt haben muss.»

Angenommen also, Avid Buchmann (Name erfunden) spielt bis im Alter von 30 Jahren bei den «New York Rangers» und dann drei Jahre in Israel beim Hapoel HC – dann dürfte er mit 33 für Israel ran. Ichilov: «Unsere Nationalspieler stammen aus der früheren UdSSR, Kanada und den USA. Sie emigrierten in den letzten 15 bis 20 Jahren nach Israel. In der U18[iii] sind nun alles in Israel geborene Spieler. Manche von ihnen werden in Kürze ins A-Team wechseln.»

Das israelische Hockey sei im Amateurbereich und nicht professionell. «Ökonomisch kämpfen wir ums Überleben. Jeder Spieler geht einer Arbeit nach, und alle sind aus Liebe zur Sache beim Spiel dabei.» Das Ziel der Israeli bei der WM der Division I im französischen Amiens nächstes Jahr: «Unser Bestes geben und in der ersten Division bleiben.» Allerdings: «Die meisten Israeli wissen nicht, dass es hierzulande Eishockey gibt», klagt Ichilov. «Wir sind noch zu wenig bekannt. Im Jahr 2006 haben wir aber die U18-WM der dritten Division bei uns. Dann gibt es mehr Presse.»

Weitere NHL-Spieler mit jüdischen Wurzeln, die für ihre Heimat aufs Eis könnten, wären vielleicht: Johnathan Aitken (Verteidiger der Montreal Canadiens), David Andreychuk (linker Flügel bei den Tampa Bay Lightning), Jozef Balej (rechter Flügel bei den Vancouver Canucks), Viktor Kozlov, Joel Kwiatkowski (Verteidiger bei den Florida Panthers) und Mikhail Yakubov. – Die Angaben sind ohne Gewähr.

Auch Playoffs

Die israelische Liga bestand bisher aus fünf Teams; neu kommt ein sechstes dazu. «In unserer Saison hatten wir 16 Spiele und auch Playoffs. Aber das hängt auch mit der Verfügbarkeit von Eis zusammen. Wir haben nur eine Eisbahn, an der libanesischen Grenze, oben im Norden. Mit der Unterstützung von Eishockeyfreunden aus Kanada und den USA hoffen wir auf eine weitere Bahn in den nächsten Jahren. Wir haben 300 Spieler, 150 davon sind registriert.»

Die Clubs heissen: Hapoel HC, Haifa HC, Metulla HC, Bat-Yam HC und Maalot HC. In diesem Jahr soll noch ein zweites Bat-Yam-Team, Bat-Yam B HC dazustossen. Keines der Teams hat eine eigene Homepage.

April 2006, WM der Division I in Frankreich. In Amiens trifft Israel auf Deutschland, Frankreich, England, Japan und Ungarn. Der Sieger steigt in die höchste WM-Stufe auf, der Tabellenletzte fällt zurück in die Division II. Israel will den Klassenerhalt schaffen.

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[i] Ein Block besteht aus fünf Feldspielern (linker und rechter Verteidiger und linker und rechter Flügel sowie ein Center). Im Spitzen-Eishockey werden in einem Spiel vier Blöcke, auch Linien genannt, eingesetzt, die während dem Match laufend wechseln (das ergibt 60 bis mehr Wechsel!).
[ii] Stanley-Cup heisst der Pokal, den der Sieger der NHL erhält. Die amerikanisch-kanadische National Hockey League gilt als die beste Eishockey-Liga der Welt. Aus der Schweiz spielen dort zum Beispiel Martin Gerber, David Aebischer, Marc Streit und Timo Helbling.
[iii] U18 ist die WM-Liga der Unter-18jährigen. So gibt es auch U20 und andere U-Nationalteams.

Datum: 14.01.2006
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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