Schweres Geschütz gegen Minen – im Schweizer Jura
Vor sieben Jahren begann der gelernte Auto-Ingenieur zusammen mit Frédéric Guerne und seinen Kollegen, in den Digger 1 zu investieren. Nach einer Kindheit im afrikanischen Niger hatte Kunz das Bedürfnis, humanitäre Hilfe zu leisten. Mit dem Digger-Projekt entwarf das Team ein revolutionäres Minensuchgerät, von dem inzwischen das Nachfolgemodell erprobt wird.
Teilerfolge sind bereits zu verbuchen: Die Stadt Genf hat den Digger D-2 finanziert. Momentan wird er im Sudan getestet. Mit finanzieller und materieller Hilfe haben das DEZA* und die Schweizer Armee diesen Einsatz möglich gemacht. Das Gerät könnte Tausende von Menschen vor schlimmsten Verstümmelungen bewahren.
Livenet: Was hat Sie motiviert, eine Minensuchmaschine zu bauen?
Nathan Kunz: Ich glaube, dass Gott mir Fähigkeiten in der Technik geschenkt hat. Die will ich für eine gute Sache einsetzen. Da ich in einer Missionarsfamilie im Niger aufgewachsen bin, wollte ich schon immer humanitäre Hilfe leisten und hab mir dieses Projekt zur Aufgabe gemacht.
Sie haben 8 Leute zwischen 25 und 35 Jahren in Ihrem Team. Was sind diese von Beruf?
Wir haben Maschinen- und Autoingenieure, Automechaniker, Landmaschinenmechaniker, Schlosser und eine Sekretärin. Zu unserem Team gehören aber auch 20 Freiwillige, die uns bei verschiedenen administrativen Arbeiten helfen.
Was ist Ihre Aufgabe im Team?
Ich bin für den Motor zuständig: Einzelteile bestellen, Berechnungen machen, die Kontakte zu den Lieferanten pflegen. Meine beiden Hauptaufgaben sind aber die Finanzen und das Marketing.
Wie funktioniert das Minensuchgerät?
Es ist wie ein kleiner Panzer konstruiert, der vorne eine Rolle mit Ketten und Metallköpfen hat. Wenn der Digger D-2 fährt, dreht sich die Rolle, und die schweren Ketten schlagen auf den verminten Boden. Wird dabei eine Mine getroffen, dann geht sie los. Das Fahrzeug selber wird nicht beschädigt; es ist aus hartem Stahl.
Wie stark beeinflusst ein vermintes Gebiet das Leben der Bevölkerung?
Es gibt zum einen die direkten Einflüsse: Menschen werden von Minen verletzt, verstümmelt oder getötet. Das sind ungefähr 20'000 Opfer pro Jahr.
Der indirekte Einfluss ist aber noch viel grösser und tragischer für das ganze Land: Eine betroffene Region kann nicht mehr bebaut oder für die Landwirtschaft genutzt werden. Verminte Strassen werden nicht mehr befahren, Dörfer sind von der Aussenwelt abgeschnitten und werden so von humanitärer Hilfe abhängig. Ganze Landstriche werden durch Minen gelähmt und die Wirtschaft blockiert. Angola zum Beispiel war einer der grössten Kaffee-Exporteure in Afrika. Seit das Land vermint ist, hat es sich stark verändert. Die Auswirkungen sind verheerend.
Ihr Digger-D-2-Projekt ist immer noch in der Entwicklungsphase. Wie finanzieren Sie Ihre Stiftung?
Wir bekommen Spendengelder und haben relativ niedrige Löhne. Als Nonprofit-Organisation geht es uns auch nicht darum, mit dem Digger viel Geld zu verdienen. Wenn der Verkauf gut anläuft, können wir ab Ende Jahr selber für unsere Löhne aufkommen.
Was ist Ihr Ziel?
Wir wollen den Digger D-2 sinnvoll einsetzen, das heisst dort Minen entfernen, wo die Bevölkerung direkt davon profitieren kann.
In zwei Wochen reisen Sie in den Sudan, um das Test-Team Ihres Digger zu besuchen. Wenn Sie furchtbar zerstümmelte Minenopfer vor sich sehen, kommen Sie da nicht mit dem Glauben an Gott in Konflikt?
Solche Anblicke erschüttern mich schon. Mein nächster Gedanke ist aber gleich, was ich dagegen tun könnte. Einfach am Elend vorbeizugehen, wäre nicht mein Ding. Ich will etwas dagegen unternehmen. Deshalb arbeite ich am Digger D-2.
* „Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit“, eine Abteilung des Schweizer Aussenministeriums
Datum: 05.05.2006
Autor: Iris Muhl
Quelle: Livenet.ch