Gedenktag: 450. Todestag von Menno Simons
Eine Schönheit war er wohl nicht. Als «dicken, fetten, schweren Mann, uneben von Angesicht und mit braunem Bart» beschrieb ihn zu Lebzeiten ein niederländischer Landsmann. Auch einen Gehfehler soll Menno Simons gehabt haben. Auf einem Linolschnitt ist er mit Stock und Schlapphut zu sehen. Dennoch gilt Menno Simons, der zum Namensgeber der Freikirche der Mennoniten wurde, als wichtige Figur der Reformation. Heute jährt sich sein Todestag zum 450. Mal.
Einige Eckdaten seines Lebens liegen heute im Dunkeln. Das Geburtsjahr, 1495 oder 1496, ist unsicher. Auch über das genaue Todesdatum im Jahr 1561 streiten sich die Wissenschaftler. Die Mehrheit geht heute vom 31. Januar aus.
Aller Wahrscheinlichkeit nach waren seine Eltern Bauern. Sicher ist demgegenüber, dass er aus Witmarsum in Friesland stammte und eine kirchliche Laufbahn einschlug. Er besuchte eine Klosterschule, wurde Novize, später Diakon und wurde 1524 zum katholischen Priester geweiht.
Turbulente Zeiten
Menno Simons lebte zu einer Zeit, in der die katholische Lehre von Reformatoren wie Martin Luther, Ulrich Zwingli oder Johannes Calvin infrage gestellt wurde. Eine Zeit, in der sich die reformatorische Bewegung rasch ausbreitete, die Niederlande jedoch noch nicht erreicht hatte. Eine Zeit aber auch, in der vielerorts radikale Apokalyptiker und Spiritualisten auftraten.
Unter dem Schneidergesellen Jan van Leiden etwa wurde Münster zum «neuen Jerusalem», einem täuferischen Königreich, in dem Vielweiberei und Gewalt herrschten. Auch in Strassburg tummelten sich in diesen Tagen viele selbst ernannte Propheten. Einer davon war der Prediger Melchior Hofman, dessen radikal-endzeitliche Gedanken sich im norddeutschen Raum und bis in die Niederlande ausbreiteten.
Priesteramt niedergelegt
«Unter dem Einfluss eines militant-aufgewühlten Täufertums brach Menno Simons mit der römischen Kirche und legte sein Priesteramt nieder», weiss der Sozialhistoriker Hans-Jürgen Goertz. Da die Täufer, die im Europa dieser Tage vielerorts als reformatorische Bewegung auftraten, die Kindertaufe gemeinhin ablehnten, liess auch Simons sich als Erwachsener noch einmal taufen.
Vorausgegangen war folgendes Erlebnis: Am 20. März 1531 wurde in Leeuwarden ein gewisser Schneider namens Sicke Freerks Snijder aus dem für Simeons merkwürdigen Grund hingerichtet: er war ein zweites Mal getauft worden. «Das war für mich äusserst befremdend», sagte Menno, «dass da von einer zweiten Taufe die Rede war.»
Es erschien ihm noch viel befremdender, als Menno erfuhr, dass Freerks ein frommer, gottesfürchtiger Mann war, der glaubte, dass die Schrift nicht die Säuglingstaufe lehrt, sondern dass nur Erwachsene auf ein persönliches Glaubensbekenntnis hin getauft werden sollten.
Die katholische Inquisition verbrannte damals in Holland, Zehntausende auf den Scheiterhaufen, weil sie sich als gläubig gewordene Erwachsene hatten taufen lassen. Wer diesen «Ketzern» Hilfe leistete oder Obdach gewährte, teilte ihr Schicksal.
Hinwendung zum Pazifismus
Inzwischen waren ihm aber schon Zweifel an der Militanz der Täufer gekommen, welche die Klöster stürmten oder wie in Amsterdam die Strassen mit einem Massenauflauf unsicher machten. Unter Menno Simons Einfluss entwickelte sich in den Niederlanden ein pazifistisches Täufertum, das sich von derartigen aufrührerischen Ideen abwandte.
Auf der Flucht
Die Abkehr von der katholischen Kirche und seine Kritik am Papst blieben indes nicht ungeahndet. Im Jahr 1542 wurde ein Kopfgeld auf Simons ausgesetzt, er führte fortan ein Leben auf der Flucht. Dabei gelangte er an den Niederrhein, nach Ostfriesland aber auch in die Gegend von Lübeck und Wismar.
Überall sammelte er Anhänger um sich, taufte, schrieb Traktate. Seine Lehre von der Erwachsenentaufe, dem Leben in der Nachfolge Christi und von der Bibel als Grundlage des Glaubens breitete sich immer weiter aus.
«Mittelmass» setzt sich durch
«Menno Simons war kein wortgewaltiger Priester, nicht sonderlich kreativ oder visionär veranlagt, er war akademisches Mittelmass», sagt Goertz. Trotzdem wurde Menno Simons zum Namensgeber einer christlichen Glaubensrichtung.
Erstmals in einer ostfriesischen Polizeiordnung aus dem Jahr 1544 erwähnt, nennen sich heute weltweit rund 1,6 Millionen Menschen «Mennoniten». Simons wird oft als der vierte Reformator bezeichnet – in einem Atemzug mit Luther, Zwingli und Calvin.
Ableger weltweit
Mennoniten sind heute auf allen Kontinenten zu Hause. Sie nennen sich «Brüder in Christus», Amische oder «Doopsgezinde» und leben in den Niederlanden, in Deutschland, der Schweiz, aber auch in Paraguay, Mexiko oder auf Honduras, in Indien und Indonesien. Vor allem aber sind sie in Nordamerika beheimatet. Ein beträchtlicher Teil aller Mennoniten lebt zudem auf dem afrikanischen Kontinent.
Tradition als Friedenskirche
Ihnen gemeinsam sind die Taufe von Erwachsenen sowie die antihierarchischen Strukturen ihrer Freikirche, die Wert auf die Trennung von Kirche und Staat legt. Ursprünglich wurden die Mennoniten, vor allem wegen der friedfertigen Täufer im Schweizer Raum, zu den historischen Friedenskirchen gezählt. In dieser Tradition vertreten viele Mennoniten pazifistische Gedanken und lehnen den Wehrdienst ab. Der Charakter einer «Friedenskirche» werde heute versucht wiederzubeleben, urteilt Goertz.
Datum: 31.01.2011
Quelle: eps/Livenet