Ich war ein Flüchtling…

Im Boot und im Kofferraum

Elham mit ihrem Mann
«Ich war ein Flüchtling unter euch» ist das Thema des Flüchtlingssonntags 2023 der SEA. In dem Zusammenhang bringt Livenet eine Serie zu Flüchtlingen in der Schweiz. Heute berichtet die 33-jährige Elham, warum sie und ihr Mann aus dem Iran flohen.

Elham ist 33 und lebt seit einigen Jahren mit ihrem Mann in der Schweiz. Sie kommt aus dem Iran und musste nicht wegen einem Krieg fliehen, sondern wegen ihres Glaubens. Seit einiger Zeit leben sie in Uster und schon bald werden Elham und ihr Mann eine Lehre beginnen können. Bis es dazu kam, war es aber ein langer Weg, wie Elham gegenüber Livenet erzählte.

Flucht aus dem Iran

Als Elham und ihr Mann Christen wurden, begannen die Probleme, sie wurden sogar mit dem Gefängnis bedroht und sahen daher keine andere Alternative als die Flucht ins Ausland. Eigentlich wollten sie nicht so weit weg von Zuhause gehen, so war ihr erstes Ziel die Türkei. Die Schwiegermutter konnte einen Schlepper organisieren, der sie dorthin brachte. Mit dem Auto, zu Fuss und mit einem Boot ging es dann nach Griechenland. Diese Tage der Flucht waren sehr anstrengend, nicht nur waren sie viel zu Fuss unterwegs, sie legten auch eine Strecke mit einem Auto zurück, wo sie im Kofferraum versteckt waren.

In der Nacht schliefen sie ohne Wasser, Essen oder die nötigen warmen Kleider im Wald. Eigentlich war das Endziel Grossbritannien, aber zuerst mal flogen Elham und ihr Mann in die Schweiz, wo sie in Zürich am Flughafen abgeholt werden sollten. Da aber die erwartete Person nicht erschien, meldeten sie sich bei der Polizei. Sie wollten nun in der Schweiz bleiben, wollten einfach an einem sicheren Ort wohnen. Ihr Geld war aufgebraucht, vor allem um Schlepper zu bezahlen. Nach einigen Monaten in Zürich und Kreuzlingen im Flüchtlingslager, wurde ihnen dann in Uster eine Wohnung zugewiesen.

Ankommen in der Schweiz

Elham und ihr Mann leben noch immer in der Schweiz, nun in einer Wohnung, die sie sich selber gesucht haben. Beide sprachen bei der Ankunft kein Deutsch, nur Englisch, und haben schnell begonnen, den freiwilligen Deutschkurs einer Kirche zu besuchen. Elham sagt: «Ohne Sprache fühle ich mich alleine, die Sprache ist sehr wichtig, um sich zu integrieren.» Nun versteht Elham sogar schon etwas Schweizerdeutsch und hofft sehr, dass sie während ihrer Ausbildung in einer Kita von den Kindern noch mehr Schweizerdeutsch lernen wird.

Da sie in die Kirche Arche in Winterthur gehen, haben sie auch da viele Möglichkeiten, mit den Gemeindemitgliedern ihr Deutsch zu üben. Beide begannen auch bald nach ihrer Ankunft, sich als freiwillige Mitarbeiter an vielen Orten zu engagieren, im Kinderdienst der Gemeinde, dem Deutschkurs und ihr Mann als Hilfslehrer und in einer Bibliothek. Sie haben auch erlebt, wie es immer wieder hilfreich war, Teil einer Gemeinde zu sein, wenn es um die Beschaffung von Papieren ging, wenn sie einen Anwalt brauchten und sie erlebten auch, wie immer wieder für sie gebetet wurde. Nun, nach über sechs Jahren in der Schweiz, haben beide eine Bewilligung zu arbeiten oder zu studieren und beide werden bald eine Lehre beginnen.

«Der Glaube hat uns getragen»

Da die Flucht aus dem Iran sehr schnell gehen musst, konnte sich Elham nicht einmal von ihrer Familie verabschieden, was sehr schwierig war. Auch die Erfahrungen unterwegs waren schlimm, mehrmals dachten sie, dass sie sterben würden, so zum Beispiel im Kofferraum des Autos, als sie kaum atmen konnten, oder im Boot auf dem Meer. Immer wieder sagte Elham zu Gott: «Wir fliehen wegen dir und ich bin sicher, dass du uns hilfst und mit uns bist!» Genau das durften sie dann erleben. Gott war immer mit ihnen. Er war wie ein Vater zu ihnen, auch als sie dann in der Schweiz ankamen, sechs Jahre ohne Papiere waren, nichts machen konnten, depressiv waren, kein Geld hatten und die Familie im Iran vermissten. Er war mit ihnen.

Eine Bitte an die Gemeinden

Zum Schluss hat Elham noch eine Bitte an die Gemeinden: Wenn man in einer schwierigen Situation ist, sucht man nach Gott. Sie sagt, dass Christen mit ihrem Verhalten und kleinen guten Taten zeigen sollten, dass sie für solche suchenden Menschen da sind. Sie sollten auf sie zu gehen, für sie beten oder sie an ihrem Wohnort besuchen. So können sie das Interesse dieser Menschen wecken und ihnen zeigen, dass Gott für sie da ist.

Die Serie zu Flüchtlingen in der Schweiz entstand im Zusammenhang vom Flüchtlingssonntag 2023, der von der Schweizerischen Evangelischen Allianz SEA organisiert und am 18. Juni 2023 begangen wird. Weitere Informationen dazu finden sich hier.

Zum Thema:
Ich war ein Flüchtling…: Mit der Schwester auf der Flucht
Hilfe in Russland: Christen kümmern sich um ukrainische Flüchtlinge
GAiN in Griechenland: Flüchtlingen mit Würde und Menschlichkeit begegnen

Datum: 20.05.2023
Autor: Barbara Rüegger
Quelle: Livenet

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