Véronique Brice, 39, Erzieherin, Seebach: Ich arbeite in einem Heim, das mehrfach behinderte Kinder und Erwachsene aufnimmt. Jeden Morgen entscheiden wir zusammen, wer sich in der Lebensgruppe um wen kümmert. So auch am 21. Dezember 1995. Zu meiner Gruppe gehörte Carole. Eine 25-jährige Frau, die schon länger mit einer chronischen Bronchitis zu kämpfen und in dieser Nacht enorme Atembeschwerden hatte. Die Nachtwache hatte mich informiert, dass sie Carole in eine halb liegende Position gebracht habe, um ihr das Atmen zu erleichtern. Carole wurde mit einer Magensonde ernährt. Als ich ihr die Medikamente mittels einer Spritze gab, kreuzte mich ein Blick, der totale Erschöpfung zum Ausdruck brachte. Da überkam mich der Gedanke, dass sie sterben könnte, und ich sagte zu Gott: "Nein, Herr! Nicht mit mir!" Aber ich erhielt die Antwort: "Doch, es ist jetzt, Véronique!" Ich musste einwilligen und bat Gott um sein Begleiten. Darauf informierte ich die Krankenschwester und rief eine ungläubige Pflegerin herbei, um mich zu unterstützen. Ich nahm Caroles Hand und streichelte ihre Haare. Ich erklärte ihr, was in meinem Herzen vorging und dass der Herr sie zu sich nehmen würde, dahin, wo er einen Ort für sie vorbereitet habe. Sie könne im Frieden gehen und im Wissen, dass sie ihren von Leid gequälten Körper nicht mehr spüren würde. Ich fügte bei, dass ich eines Tages zu ihr stossen würde und wir dann gleich seien, ohne Behinderung. Carole schaute mich lange an, ihre Atmung erleichterte sich. Wir umarmten sie, und ich sagte ihr: "Geh im Frieden des Herrn!" Noch einmal schaute mich Carole an mit einem grossen Seufzer der Erleichterung. Sie starb mit einem Lächeln. Der herbeigerufene Arzt stürzte sich auf sie, um sie zu reanimieren. Ich erwiderte ihm nur: "Es ist fertig, Doktor, Carole ist schon beim Herrn!" Robert Bächtold, 51, Pastor der Action Biblique, Grosshöchstetten: Ich wusste nicht, wie mir geschah. Da stand ich nun in einem Labor des Inselspitals, unseren dreieinhalbjährigen Sohn Patrick auf den Armen, umringt von mehreren Ärzten, und starrte auf dieses hässliche Röntgenbild am Leuchtkasten. Neuroblastom heisse dieser bösartige Tumor, der da bananenförmig neben dem oberen Teil der Wirbelsäule zu sehen sei, hörte ich die Ärzte sagen. Ich müsse Patrick im Spital lassen, denn die Behandlung werde so bald als möglich beginnen. Spät am Abend fuhr ich wie benommen nach Hause. Allein. Patrick hatte ich im Spital zurückgelassen. In dem Spital, das für die nächsten 18 Monate unseren Lebensrhythmus bestimmen sollte. Paulus kennt das wahre Ziel des Lebens, das er durch Christus empfangen hat. Für ihn erschöpft sich das Dasein nicht im Irdischen. Er glaubt und kennt Grösseres: Jesus kann mehr geben als dieses Leben auf Erden (das er allerdings keineswegs gering schätzt!). Darum ist sein Wirken von dieser sieghaften Hoffnung durchglüht: "Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn." Er weiss, an wen er glaubt und wohin er geht. Paulus ist der Letzte, der den Tod verharmlost. Er nennt ihn den "letzten Feind" (1. Korinther 15,26). Ihm ist auch bekannt, wie schmerzlich es ist, wenn der Tod mit kalter Hand und unnachgiebiger Gewalt nach einem Menschenleben greift. Wenn Paulus aber vom Sterben schreibt, dann weiss er, dass sein Herr dem Tod die Macht genommen hat (2. Timotheus 1,9f) und dass er durchs Sterben zu seinem Herrn gehen wird (23). Paulus sehnt sich nicht nach dem Sterben, weil er genug hat, sondern weil sein Herr ihm genügt! Er will nicht einfach tot, sondern bei seinem Herrn sein. Das ist mehr als Sterbesehnsucht! Das ist tiefes Wissen um das Leben, das Jesus in Vollendung geben wird. Wir wissen als Christen um das Ziel unseres Lebens: Wir werden bei Christus sein! Ob diese Tatsache wirklich unseren Alltag begleitet und das Schöne und Schwere unseres Lebens überglänzt? Das ist nur dann möglich, wenn wir's ins Herz fassen: Was ich Leben nenne, ist für mich Christus. Und dann kann in unserem Leben sorgfältig buchstabiert werden, was Paulus mit Überzeugung geschrieben hat: "...und Sterben ist mein Gewinn." Autoren: Veronique Brice, Robert Bächtold und Klaus Haag, Alt-Inspektor des deutschen Gemeinschaftswerkes
Wir wissen als Christen um das Ziel unseres Lebens: Wir werden bei Christus sein!
In Frieden gehen
Ein schmerzhafter, aber zugleich wundervoller Moment, wenn man wissen darf, dass der Glaube rettet!Gott führte uns Tag für Tag
In dieser Nacht weinten meine Frau und ich lange über der Frage, wie lange wir unser Kind wohl noch bei uns haben dürften. Hätten wir alles gewusst, was auf uns zukommt, wären wir verzweifelt. Doch Gott führte uns Tag für Tag, Schritt um Schritt und gab die Kraft dazu - auf sehr verschiedene und oft wundersame Weise, oft durch Patrick selbst und seine unerschütterliche Liebe zu Jesus, die mich in dieser Prüfung oft beschämte.
Nie haben wir unserem Kind verheimlicht, dass es sterben werde. Ihm aus tiefer Überzeugung sagen zu können, dass es schön sei, bei Jesus zu sein, war uns in all dem Schweren eine grosse Hilfe. Dank dem wunderbaren Plan unseres himmlischen Vaters mit uns, seinen Kindern, mussten wir unserem Kind nichts vormachen. Patrick freute sich darauf, zu Jesus zu gehen! Der Tod hatte alles Bedrohliche verloren. Uns Zurückgebliebenen tut es noch heute weh, sicher. Doch die lebendige Hoffnung auf das ewige Leben ist weit grösser als der Schmerz über den zeitlichen Verlust.Das Dasein erschöpft sich nicht im Irdischen
Datum: 01.05.2003
Quelle: Chrischona Magazin