Virtuelle Gemeinschaft

Netzkloster mit eigenem Bier

Der Netz-Abt Simon Weinreich
Im «Netzkloster» können Meditation und Spiritualität bequem von zu Hause aus praktiziert werden. In der alten Tradition christlicher Mystik verbirgt sich ein Schatz, der im 21. Jahrhundert neu entdeckt werden will.

«Man kann sich wie in eine Klosterzelle zuschalten. Einer macht dies sogar aus Thailand. Wir sind geografisch nicht begrenzt, auch nicht in den Ferien», erklärt Netzabt Simon Weinreich. Der reformierte Pfarrer betreut das virtuelle Kloster seit Januar 2023 in einer Teilzeitanstellung für die Evangelisch-methodistische Kirche (EMK). Das Netzkloster ist als überkonfessionelles Angebot während der Pandemie entstanden und bietet regemässige Meditationspraxis sowie einen kontemplativen Lebensstil. Das Angebot ist digital, jeden Tag im Jahr mit verschiedenen Tagzeiten-Angeboten offen und ermöglicht die Integration in den Alltag. Der Vorteil des Digitalen liegt eindeutig in der Flexibilität – es ist viel einfacher, am Sonntagabend oder Mittwochmorgen den Laptop einzuschalten, als irgendwo hinzufahren, um einen Gottesdienst zu erleben oder zu meditieren. «Das Netzkloster bringt spirituelle Praxis in die eigenen vier Wände», berichtet SRF. Das Netzkloster war von Anfang an digital konzipiert und bildet nicht das Analoge im Digitalen ab, wie es beim Streaming von Gottesdiensten der Fall war. 

Stille, Meditation und Mystik sind wichtig

Es gibt einen Bedarf für Spiritualität im digitalen Raum, wie die unzähligen Meditationsapps zeigen. Das Netzkloster ist die christliche Antwort darauf, verbunden mit der Tradition der Wüstenväter. Im Netzkloster hat sich inzwischen eine kleine Gemeinschaft gebildet, die regelmässig gemeinsam meditiert: Etwa 50 Personen haben das Jahresabo für einen Zoomlink von 140 Franken bezahlt. Dann sind 300 Leute in der App und 700 auf Instagram registriert. «Wir merken, wie hilfreich es ist, mit anderen verbunden zu sein und nicht allein zu meditieren», sagt der Netz-Abt Simon Weinreich. 

Für ihn ist die Mischung aus Tradition und Innovation spannend. Deshalb habe er sich um diese Stelle beworben: «Mir sind Stille, Meditation und Mystik immer wichtiger geworden.» Vor zehn Jahren sei seine Spiritualität «viel extrovertierter» gewesen, sagte er zu SRF: «Da habe ich viel gesungen und beim Beten immer geredet. Jetzt merke ich: Ich kann einfach still sein und warten, ob ich Gott höre.» Die Sehnsucht nach Stille teilt Simon Weinreich mit den Teilnehmenden. Davon erzählen sie im «Netzcafé». So heisst der Plausch nach der rund 45-minütigen Schweige-Meditation. 

Kein Kloster ohne eigenes Bier

Das «Netzkloster Klosterbräu» wurde von der «Wirth & Sons Brewery» exklusiv für das Schweizer Netzkloster nach einem alten britischen Klosterbräu-Rezept gebraut. Das Bier kann an drei Verkaufsstellen für CHF 4,50 pro Flasche in Zürich, Bern und Effretikon bezogen werden. 

Die Ruhr-Universität Bochum findet: Das Netzkloster ist eine ausgezeichnete Sache. Es wurde letztes Jahr vom «Zentrum für angewandte Pastoralforschung» als «gelungenes Beispiel für Glaubens- und Kirchenkommunikation im digitalen Raum» ausgezeichnet. Das Netzkloster kann auch eine Idee für leerstehende Kapellen sein – als Pop-up Kloster. 

Dieser Artikel erschien bei Dienstagsmail.

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Netzkloster

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Datum: 30.04.2025
Autor: Markus Baumgartner
Quelle: Dienstagsmail

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