Paulus: Von der Blutspur zur Segensspur

Vom Saulus zum Paulus von Tarsus

Sehr nachdenklich kam ich raus aus dem umstrittenen Film "The Passion". Was ich gesehen hatte, war sehr eindrücklich. Nie zuvor wurde mir so bewusst gezeigt, wie fanatisch Leute sein können. In den Bildern der Kreuzigung spiegelte sich der Hass des Menschen gegen Gott...

Als Pilatus den bereits gegeisselten Jesus vor der rasenden Volksmenge aufstellte und sie fragte, was er mit ihm tun solle, gab es nur eine Antwort: "Kreuzigung!". Da halfen keine Facts, auch keine Beschwichtigungen. Fanatisch schrien alle nach dem Tod dessen, der behauptete, der Messias zu sein. Es war, als würde der Teufel selbst dazu anstiften. Das Verrückte daran: Man wollte damit Gott dienen.

Blinder Fanatismus

Jahre später steht ein Mann auf mit dem genau gleichen Anliegen. Saulus von Tarsus, der Verfolger. Dieser Mann war ein Schüler des berühmten Gamaliel und wurde ein Eiferer für das jüdische Gesetz. Dieser Gesetzeseifer wirkte sich bei dem jungen Saulus in einem glühenden Hass gegen die Anhänger Jesu aus. Bei der Steinigung des Stephanus war er dabei. Er hat dort zwar nicht selbst Hand angelegt, aber auf die Kleider derer aufgepasst, die ihn steinigten. Saulus ist dann weitergegangen und hat eine regelrechte Christenverfolgung in die Wege geleitet, nicht nur in Jerusalem und im jüdischen Land, sondern darüber hinaus. So war er mit der Vollmacht des Hohen Rates ausgestattet, um die Anhänger dieses Jesus aufzuspüren und dem Inquisitionsgericht zu überantworten. In grossem Eifer wollte er Gott dienen. Er sah nicht, dass er falsch lag. Fanatismus macht blind. Und nur das Erscheinen von Jesus dem Erhöhten und die eigene körperliche Blindheit konnten das stoppen. "Saulus, Saulus, warum verfolgst du mich?"


Rasende Begeisterung

Fanatismus kommt aus dem Lateinischen: Fanaticus, was bedeutet: von der Gottheit ergriffen und in rasende Begeisterung versetzt. Man eifert blind.


Der Unterschied

Der fanatische Saulus macht eine Kehrtwende. Von Christus zum Einhalt gebracht, sieht er seinen falschen Weg ein und beginnt um Vergebung zu bitten. Er wird wieder sehend, körperlich und geistlich. Er eifert weiter, aber nicht mehr blind und diesmal für die richtige Sache. Der grosse Unterschied: Nun hinterlässt er keine Blutspur mehr, sondern eine Segensspur. Anstatt Angst und Schrecken zu verbreiten, fördert er versöhnte Menschen und geheilte Beziehungen.

Paulus wird das lehrende Vorzeigebeispiel schlechthin:
- in der Liebe (1. Korinther 13)
- in der Hingabe (2. Korinther 11,16f)
- in der Vergebung (Epheser 4,32).

Er müht sich mehr als alle anderen um seine Gemeinde (1. Thessalonicher 2,1-12). In seinem Eifer passt er sich den verschiedensten Kulturen an, damit er aus jeder einige für Jesus gewinnen kann. Er tut es Jesus gleich und fordert uns dazu auf, es genauso zu machen (1. Korinther 11,1).

Umkleidet mit Eifer

Von Jesus heisst es in Jesaja 59,17: "Er kleidet sich mit Eifer wie mit einem Mantel." Jesus eiferte für Gott. Handgreiflich sichtbar wurde dies bei der Tempelreinigung, als er die Tische der Händler umwarf und sie mit ihren Schafen und Ochsen aus dem Tempel jagte. Das Haus Gottes sei doch kein Warenhaus! Bei dieser Gelegenheit wird zitiert: "Der Eifer um mein Haus wird mich verzehren" (Psalm 69,10). Jesus ging aufs Ganze. Kurze Zeit später liess er sich verhaften. Er bezahlte mit seinem Leben für unsere Erlösung und zeigte so unbestreitbar den Eifer, den Gott für uns Menschen hat.


Frieden und Hoffnung

Eifer und Fanatismus sind nahe beisammen. Der Unterschied ist, dass Fanatismus blind macht, gefühllos und unbarmherzig. Geführt durch den Heiligen Geist sollte kein Christ fanatisch sein. Der Heilige Geist erlaubt Raum zum Denken - von Blindheit keine Spur. Im Gegenteil: Wir erkennen alles (1. Korinther 2,14f), weil der Geist uns die Augen öffnet. Er macht barmherzig, schenkt Friede und Freude (Galater 5,22). Wir sollen eifrig sein, was heisst, unsere ganze Energie auf das eine setzen, nämlich für Gott und andere Menschen da sein. Das hat nichts mit Fanatismus zu tun, sondern mit Weitherzigkeit. Die Auswirkungen sind nicht Hass und Blut, sondern Versöhnung, Frieden und Hoffnung. Es hinterlässt eine Segensspur.

Aus der Praxis

Ein paar Monate nach meiner Hinwendung zu Christus und einer radikalen Lebensänderung wurde ich bei einer längeren Autofahrt plötzlich sehr unruhig. Gerade kam ich von einem Streitgespräch. Man warf mir vor, dass von meiner Liebe andern gegenüber wenig übrig geblieben sei. Mir schwirrten die verschiedensten Gedanken durch den Kopf. Hatte ich nicht Recht...? Aber es stimmte: Wo waren die Liebe, Nachsicht und Vergebungsbereitschaft geblieben? Stur hatte ich auf dem beharrt, was ich als Wahrheit definiert hatte - und darauf gepocht. Kalt und unbarmherzig. Wie von der Seite sah ich mich: Ich war kein Vorbild für andere, sondern konnte ihnen nur als fanatisch erscheinen. Blind ihren Beweggründen gegenüber, stur mein Recht vertretend. An diesem Tag ging ich innerlich auf die Knie und bat um Vergebung. Blinder Fanatismus kann nie andere gewinnen, aber Liebe deckt eine Menge Sünden (1. Petrus 4,8). Was bringt es, zu meinen, überall im Recht zu sein, aber keinen Menschen zu überzeugen?

Die Welt gewinnen

Jesus zog eifrig seine Linie durch, ohne Kompromisse, aber auch ohne Sturheit. Er hatte es einfach nicht nötig, überall sein Recht durchzusetzen. Und er gewann eine ganze Welt.

Deshalb: Seid eifrig, aber nie fanatisch!

Biblische Grundlage: Galater 1,13/14; 2. Korinther 11,2

Autor: Peter Braun

Datum: 23.06.2004
Quelle: Chrischona Magazin

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