Talkerin "Arabella": Werte- und Sittenverfall im Fernsehen

Arabella Kiesbauer

(KEP) - Die Sendung "Arabella", der älteste "Daily Talk" im deutschen Fernsehen, wurde Anfang Juni eingestellt. Für die Moderatorin, Arabella Kiesbauer, war ihre Sendung "journalistisches Format" - im Gegensatz zum restlichen "Werte- und Sittenverfall" in der deutschen Fernsehlandschaft, wie sie jüngst in einem Interview sagte.

"Arabella" gilt bis heute als die Urversion des täglichen Nachmittagstalks, die Österreicherin Kiesbauer als die "Queen des Dailytalk" im deutschen Fernsehen. In "Informationen und kritischen Streitgesprächen" sieht Pro7 den Schwerpunkt der Sendung.

Seit genau zehn Jahren "informiert" Kiesbauer das nachmittägliche Publikum - Schüler, Studenten und Hausfrauen - über Körperbehaarung, Schönheitsoperationen oder die sexuellen Vorlieben ihrer Gäste. "Wir haben alle Themen durchgekaut, wir haben alle Tabus gebrochen", sagte die 35-jährige Moderatorin in einem Interview der "Rheinischen Post". Nach dem Amok-Lauf von Erfurt machte Arabella eine Live-Sendung mit den betroffenen Schülern.

In einem Interview mit dem österreichischen Magazin "News" prangerte Kiesbauer diese Woche den "Werte- und Sittenverfall in Deutschland an". Es werde "einfach weniger auf Niveau geachtet", sagte sie. Sie habe das Gefühl, "da wird Fernsehen gemacht nach dem Motto: Produziert Scheiße, eine Milliarde Fliegen können nicht irren."

Dabei waren sie und ihre Sendung selbst Anlass zahlreicher Debatten um moralische Grundsätze für das deutsche Fernsehen. Neben Bärbel Schäfer, Oliver Geissen, Andreas Türck und anderen gehörte sie zu denen, die die deutsche Fernsehlandschaft der 90er Jahre maßgeblich beeinflussten. Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber verlangte den Stopp der "minderwertigen und primitiven" Sendung, und die Medienaufsicht drohte mit Lizenzentzug. "Wer Tabus brechen will, muss an die Grenzen gehen. Das war das Konzept der Sendung", so Kiesbauer. Ihre plötzliche Kritik an ähnlichen Formaten sehen viele Beobachter als Reaktion darauf, dass nun ihre eigene Sendung eingestellt wird.

Im vergangenen Jahr hatte Kiesbauer sich kritisch zu den engagierten Schauspielern geäußert, die etwa in Gerichtssendungen Szenen lebensecht nachspielten. In ihrer Sendung sollten nur echte Gäste auftreten, "alles andere wäre Betrug am Zuschauer", so die Moderatorin. Im selben Jahr wurde die Dokusoap "Die Abschlussklasse“ wichtiger Bestandteil ihrer eigenen Sendung, in der Schauspieler vorgaben, Schüler eines Abitur-Jahrganges zu sein.

Kiesbauers Sendung über Eifersuchtsdramen, Vater- oder Mutterschaftstests und Sex-Problemchen, durch die sie laut "Bild"-Zeitung 2,5 Millionen Euro verdiente, interessierte immer weniger Zuschauer. Die Einschaltquoten sanken unter 13 Prozent.

Nichtsdestotrotz plant Arabella Kiesbauer laut "Rheinischer Post" bereits die nächste Sendung für Pro7: In "Arabella - Das Geständnis" teilen Menschen einander Fehltritte mit - etwa einen Seitensprung. Die Teilnehmer agieren nach einem vorher festgelegten Drehbuch - und alle sind Laienschauspieler.

KEP meint: Bei Kritik an anderen über "Werte- und Sittenverfall" sollte man nach der Wurzel des Übels fragen. Und wer da mit einem Finger auf andere zeigt, richtet automatisch drei Finger auf sich. Denn mit Arabella und anderen fing das Übel an.

Datum: 18.06.2004
Quelle: KEP

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