Mit viel Herzblut realisiert

Inuit bekommen ihre Bibel

33 Jahre lang wurde an dieser Bibelübersetzung gearbeitet. Wie der kanadische Sender Radio Ville-Marie berichtet, erscheint Anfang Juni zum ersten Mal eine Bibel in der Sprache der Inuit.
Ein Inuit-Mädchen – geschützt vor der Kälte

Die Erstauflage umfasst demnach 5000 Exemplare und soll für umgerechnet 20 Franken auf den Markt kommen. Inuktitut ist in Teilen Nordkanadas Amtssprache und wird dort von rund 30’000 Menschen gesprochen. Als Inuit bezeichnen sich die indigenen Volksgruppen, die im arktischen Zentral- und Nordostkanada sowie auf Grönland leben. Die Bezeichnung «Eskimo» wird als Oberbegriff benutzt.

33 Jahre Arbeit

Die Übersetzung und Verbreitung der Bibel ist bis heute eine grosse Herausforderung. Immer noch gibt es über 4300 Sprachen ohne Bibelübersetzung. Die Wycliffe-Bibelübersetzer arbeiten mit einem Team von 5600 Mitarbeitern daran, diese Sprachen zu erforschen. Wenn es noch keine Schriftsprache gibt, müssen die speziell ausgebildeten Übersetzer erst ein Alphabet sowie eine Grammatik erstellen und den Menschen Lesen und Schreiben beibringen. Jahre vergehen so mit diesen wichtigen Vorarbeiten. Nach 33 Jahren Arbeit können die Ureinwohner im Norden Kanadas jetzt auf eine eigene Bibelübersetzung zurückgreifen.

Ein langer Weg

Im späten 19. Jahrhundert wurden Schriftzeichen für Inuktitut erfunden, und zwar nicht von einem Inuk. Tatsächlich wollte ein Missionar namens James Evans es den Inuit schon damals ermöglichen, die Bibel zu lesen. Man erzählt, dass ein Geistlicher namens Edmund Pick später Evans Silbenalphabet übernahm und bei den Inuit in der Hudson Bay einführte, die es schnell annahmen und sich rasch verbreitete. 

Weil Englisch die Sprachen der Ureinwohner zu verdrängen droht, überlegt man sich, ob man per Gesetz diese Sprachen schützen soll, damit die Kinder künftig weiterhin Inuktitut neben Englisch sprechen.

Besonderheiten

Die Sprache Inuit ist reich an Umschreibungen. Um die Sprache der Eskimos in Kanada an moderne Gegebenheiten anzupassen, mussten neue Wörter erfunden werden. In Inuit soll es 10 verschiedene Wörter für «Schnee» geben. Probleme gab es zum Beispiel beim Wort «Feigenbaum», weil viele Inuit noch nie einen solchen Baum gesehen haben. Ein Kamel wurde zu «Ein Tier mit einem Buckel auf dem Rücken». Die Sprache kannte auch keine Wörter für Schaf oder Acker – und keines für Liebe.

Iglu-Kathedale

Die Inuktitut-Bibel soll am 3. Juni zu einem Stückpreis von umgerechnet rund 20 Franken auf den Markt kommen. Dann ist auch die Einweihung der wiedererrichteten anglikanischen Sankt Judas-Kathedrale in Iqualit geplant. Der Vorgängerbau in Form eines Iglu fiel 2005 einem Brand zum Opfer.

Leben mit den Inuit

John Sperry war Jäger, Schlittenführer, Pastor und später Bischof der Arktis. Er lebt mit seiner Familie seit 19 Jahren unter den Inuit nördlich des Polarkreises. Er teilt ihre Not, ihren Hunger und Temperaturen bis minus 60 Grad. Und er übersetzte die Bibel in ihre Sprache. Die Biografie des Missionars Sperry, der alles zurückliess, was er kannte, wurde von seiner Nichte, der Autorin und Lehrerin Nicola Vollkommer, niedergeschrieben.

Entbehrung

Viele hielten ihn und seine Frau für verrückt, weil sie all die Strapazen und Entbehrungen der Polarwelt auf sich nahmen, statt sich ein bequemes Leben einzurichten. Nicola Vollkommer, die Nichte des Bischofs, hat in akribischer Arbeit die Erzählungen und Erinnerungen ihres Onkels aufgezeichnet. Und in ihrem Buch eine Welt nachgezeichnet, die es so schon lange nicht mehr gibt. Die Lebensgeschichte von John Sperry ist auch die Geschichte und Tragik der Inuit in den gefrorenen Weiten Kanadas.

Am Ende seines Dienstes hat John Sperry die von ihm nie angestrebte Ehre erhalten: Er wurde von der anglikanischen Kirche zum Bischof der Arktis ernannt.


Buch zum Thema:
Am Rande der gefrorenen Welt

Datum: 25.04.2012
Autor: Bruno Graber
Quelle: Livenet / Wycliff / Deutschlandradio / Kipa

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